Diese Konstruktion (siehe Grafik) wurde von Signa für die Projekte in Deutschland geschaffen und sparte der Gruppe über die Jahre Hunderte Millionen Euro an Abgaben. Vorweg: So wie Signa machen das viele Unternehmen, und das hat vor allem mit der deutschen Rechtslage zu tun.
Ein konkretes Beispiel aus dem Signa-Reich: Signa besitzt eine Immobilie am Berliner Hermannplatz, sie gehört ihr aber nicht ganz. Der Laura Holding GmbH gehören 50,2 Prozent an der luxemburgischen „Berlin, Hermannplatz 5–10 Beteiligung B S.á.r.J.“, die wiederum 10,2 Prozent an der „Berlin, Hermannplatz 6–10 Invest S.á.r.I.“ hält – der Projektgesellschaft der Immobilie. Das geht aus einem Firmen-Organigramm der Signa Holding aus dem Insolvenzverfahren hervor, das profil vorliegt. Ähnliche Konstruktionen tauchen hier immer wieder auf – und immer wieder sind die Laura Holding GmbH oder deren 100-prozentige Tochter Laura Finance Holding GmbH mit Anteilen von 5,1 beziehungsweise 10,1 Prozent als Miteigentümer im Boot.
Wem gehört was?
„Es ist branchenüblich, solche Konstruktionen zu wählen“, erklärt der Unternehmensberater Florian Nowotny vom US-Sanierungsberater Alvarez & Marsal. Das sei rechtlich gedeckt, und solange nichts passiert, ist das üblicherweise alles auch kein Problem.
Bei der Signa ist aber viel passiert – nämlich eine zig Milliarden Euro schwere Pleite. Nun müssen in Bausch und Bogen Grundstücke und Gebäude verkauft werden, um den Gläubigern zumindest einen Teil ihrer Forderungen zurückzahlen zu können. Knapp über die 30 Prozent wurden bei den wichtigsten Immobilien-Holdings – der Signa Prime und der Signa Development – in Aussicht gestellt. Vorausgesetzt, es kommt genug rein.
Die komplexen Firmenkonstruktionen und vor allem die dahinterliegenden Eigentumsverhältnisse sorgen bei einigen potenziellen Investoren und Gläubigern, aber auch bei Kaufinteressenten nun jedoch für Unsicherheit. Löst man womöglich Millionen Euro schwere Grunderwerbsteuerforderungen in Deutschland aus, wenn man ein Signa-Haus kauft und sich dabei die Eigentumsverhältnisse verschieben? Kauft man nur die Signa-Anteile oder auch jene der Laura-Gesellschaften? Hat man dann gar – über Ecken – doch wieder René Benko als Miteigentümer? Oder kassieren er beziehungsweise seine Stiftung am Ende sogar an einem allfälligen Veräußerungsgewinn mit?
Die Sorgen sind nicht ganz von der Hand zu weisen: 42 Prozent der Laura Holding GmbH gehören laut Firmenbuch der Laura Privatstiftung, deren Stifter René Benko und seine Mutter sind. Benko zählt nicht zum Kreis der Begünstigten, wohl aber mehrere nahe Familienmitglieder. Weitere 34,9 Prozent gehören der Ameria Invest AG, die wiederum der brasilianischen Unternehmer-Familie Koranyi-Arduini zugerechnet wird, die auch in die Signa Holding investiert hatte. Jeweils zehn Prozent halten die AE Familienholding AG und die Fressnapf Luxembourg GmbH, die Signa-Investor Torsten Toeller zuzurechnen ist. Weitere drei Prozent entfallen auf Ernst Tanner, ebenfalls Signa-Investor, der jetzt sehr viel Geld verliert. Laut Firmenbuch (Wirtschafts-Compass) wies die Laura Holding GmbH per Ende 2022 einen Bilanzverlust von 12,3 Millionen Euro aus, die Bilanzsumme belief sich auf 360 Millionen Euro.
Was passiert jetzt bei der Verwertung von Immobilien, die zumindest zu einem kleinen Teil über die extra eingezogene Grunderwerbsteuer-Strukturen dem Wirkungsbereich der Benko-Stiftung und der Signa-Investoren zugerechnet werden können? Wer bekommt die Erlöse, und was passiert mit dem Geld? Wenn eine Laura-Gesellschaft mit 5,1 oder 10,1 Prozent an einer Immobilie beteiligt ist, stehen ihr streng genommen auch Anteile am Reinerlös in diesem Umfang zu.
Dass hier viel Geld zusammenkommt, ist angesichts der Höhe der Verbindlichkeiten, mit denen die Liegenschaften belastet sind, zwar nicht zu erwarten. Da es alles in allem bei der Signa-Verwertung um Milliarden geht, können aber auch verhältnismäßig kleine Anteile zu ordentlichen Geldbeträgen führen. Aus der Signa ist jedenfalls zu hören, dass im Rahmen der jetzigen Verwertung immer die gesamte Immobilie verkauft wird, also auch die kleinen Anteile der Laura-Gesellschaften. Da diese ihre Anteile an den Immobilien mithilfe von Darlehen der Signa Prime und der Signa Development erworben haben, müssen allerdings aus den Verkaufserlösen zunächst einmal diese Kredite abbezahlt werden. Das Geld soll über die Rückzahlung der Darlehen also letztlich wieder an die Signa-Gläubiger fließen. Was passiert aber, wenn der Verkaufserlös höher ausfällt? Wenn beim Verkauf mehr Geld hereinkommt, als für die Darlehensrückzahlung nötig ist? Rein rechtlich steht in solchen Fällen das Geld den Miteigentümern der Laura Holding zu. Also auch der Benko-Stiftung und jenen Signa-Investoren, die selbst zig Millionen Euro in der Signa versenkt haben. Ob es eine Sondervereinbarung mit den Laura-Eigentümern gibt, etwaige Erlöse der Masse, also den Gläubigern zuzuführen, konnte auf Nachfrage bei Signa nicht beantwortet werden. Da bei der Laura Holding wiederum nur die Benko-Stiftung Anteile hält und nicht der Signa-Gründer selbst, dürften dessen direkte Gläubiger jedenfalls durch die Finger schauen.