Herzgebirge: Madonnas neues Album "Rebel Heart"

Madonna fällt zehn Jahre nach der Erfindung von YouTube nicht mehr viel ein. Ihr neues Album funktioniert trotzdem ganz gut.

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Rückblickend betrachtet war das Aufregendste an Madonnas Album "MDNA“ (2012), dass die zugehörige Welttournee allen Ernstes für Aufregung sorgte. Madonna hatte mit "politischen“ Botschaften (Pussy Riot, Terror, Heiligemariamuttergottes) provoziert und auf diese Weise recht effektiv davon abgelenkt, dass Madonna heutzutage nun wirklich niemand mehr ist, den man zur Lage der Popkultur noch genauer befragen möchte. Das erledigen seit Jahren hochbezahlte Fachkräfte, im Fall von "Rebel Heart“ die international beliebten Party-DJs Avicii und Diplo, die vor allem damit überraschen, dass sie sich für Madonnas 13. Album ausnahmsweise keinen einheitlichen Sound ausgedacht haben. Mussten sie auch nicht, so etwas macht zehn Jahre nach Erfindung von YouTube niemand mehr. Entsprechend mutwillig werden da Stile und Schlüsselreize verwurstet, in "Devil Pray“ die Country- und Western-Großraumdisco beschallt (inklusive "Sing Hallelujah!“), bei "Unapologetic Bitch“ die vor allem aus tiefer gelegten Autos am Stadtrand bekannte Rave-Sirene angeworfen, zwei-, dreimal kurz Jamaica und Südlondon besucht, und am Ende darf sogar Mike Tyson aushelfen. Der Skandal: Manches davon funktioniert sogar ganz gut. Ja, was glaubt die denn, wer sie ist? Genau: "Bitch, I’m Madonna.“

Sebastian Hofer

Sebastian Hofer

schreibt seit 2002 im profil über Gesellschaft und Popkultur, ist seit 2020 Textchef dieses Magazins und zählt zum Kernteam von faktiv.