Neue Alben: Ariel Pink, Thurston Moore, Olympique, The Jazz June

Neue Alben: Ariel Pink, Thurston Moore, Olympique und The Jazz June

profil unerhört. Die wichtigsten CDs der Woche

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Von Philip Dulle und Stephan Wabl

Ariel Pink: Pom Pom (4AD)

Ein gewisser Hang zu unkonventioneller Popphantasterei ist dem sympathischen Schwachkopf Ariel Pink nicht abzusprechen. Spätestens seit seinem reichlich gefeierten „Mature Themes“ (2012) ist dem Hipster-Liebling aus L.A. aber ohnehin nichts mehr heilig. Freimütig legt er sich auf Twitter mit Madonna an, gibt zweifelhafte Interviews und geriert sich mit seinem amateurhaft bis völlig durchgeknallten Stilmix als gefeierter Unruhestifter der Indiepop-Gemeinde. Dass sich Ariel Pink, der eigentlich Ariel Marcus Rosenberg heißt, sich dabei von Album zu Album weiter im Kreis dreht, dürfte weder den Künstler noch seine treue Anhängerschaft stören. Ariel Pink macht Musik, die sich nicht festlegen will, die einen wilden Mix aus psychedelischen Gitarrenrock, New-Wave-Versatzstücken, Kindermelodien und kruden elektronischen Soundeffekten zu einem Potpourri der Uneindeutigkeit formt, das am Ende, mit sichtlicher Freude durch den Synthie-Fleischwolf gejagt wird. „Pom Pom“ ist das vielleicht erfolgreichste Schelmenstück der letzten Jahre. (6.8/10) Ph. D.

Thurston Moore: The Best Day (Matador Records)

Die besten Tage verbringt man mit Freunden, den besten, will man dem Coverbild der neuen Thurston-Moore-Platte glauben, mit Hund und Badezeug am einsamen See. Doch das Sonic-Youth-Urgestein hat nicht nur ein Gespür für schöne Artworks, sondern vor allem für die schier grenzenlose Vielfalt dahinwabernder Rockmusik. Auf „The Best Day“ klingt das nach unendlich lang ausgedehntem Geschrammel, das sich ins Gehirn brennende Gequietsche der Gitarren und die donnernden Elegien zwischen Sinn und Unsinn. Zum Schluss liefert Moore mit „Grace Lake“ und „Germs Burn“ noch einen beruhigt schönen Songzyklus ab, der, man würde es sich zumindest wünschen, niemals enden sollte. Nur selten ist Rockmusik heute noch so treffend. (8.5/10) Ph. D.

Olympique: Crystal Palace (Acoda/Sony)

Wer heute als Band hoch hinaus will, braucht mehr als einen Radiohit und ein solides Album. Punkt eins: Die Band muss zur Marke werden; es braucht eine perfekte PR und schöne Frisuren, ein Alleinstellungsmerkmal und wenn möglich einen sinnstiftender Spruch – am besten einen wie diesen hier: „Erst mit der Zeit erschließt sich die wahre Bedeutung einer Reise.“ Das Leitmotiv des Debüt-Albums der neuen österreichischen Indiepop-Posterboys Olympique passt also schon gut ins Erfolgskonzept, lässt viele Fragen offen und beantwortet noch weniger. Der Pressetext wird da schon konkreter: Immer einen Schritt nach vorne, einen zurück, zeitgemäß und zeitlos sei die Musik der drei Salzburger. Obwohl das im Falle von Olympique ja auch nicht falsch ist. Ein Leitmotiv ist eben auch nur ein Kalenderspruch, die Musik changiert folgerichtig zwischen großer Popdramatik, polierter Rockmusik (inklusive sehnsuchtsvoller Klavierbegleitung) und einem pathosreichen Gesang, der gerne von Bands eingesetzt wird, deren Songs bei besonders tränenreichen TV-Szenen zum Einsatz kommen. Das soll jetzt wirklich nicht böse klingen, „Crystal Palace“ ist ein wirklich gutes, schönes und dramatisches Album geworden. Vielleicht nur ein bisschen zu vorhersehbar gut, schön und dramatisch. (5.5/10) Ph. D.

The Jazz June: After the Earthquake (Topshelf Records)

Aufwärmen, so sagt man, tut man nur ein Gulasch. Aber auch in der Welt der 90er-Jahre Emo-Bands werden dieser Tage wieder ordentlich Reste aus vergangenen Festtagen serviert. Mit lauwarm hat diese Angelegenheit aber nichts zu tun. Denn seit einigen Monaten dreht eine Reunion nach der nächsten die Anzeige am Emo-Ofen Grad um Grad weiter Richtung Anschlag. Nach neuen Alben bzw. Shows von Braid, Rainer Maria, American Football und Mineral melden sich nun auch die Herren von The Jazz June nach zwölf Jahren mit einer neuen Platte zurück - und zeigen, warum die erste Emo-Welle die mittlerweile dritte (oder vierte oder fünfte oder...) immer noch mühelos vor sich hertreibt. Knappe, direkte, feingeistige, beinahe leichte zehn Lieder sind auf After the Earthquake zu finden. Zu Beginn stellt man noch die Frage, was The Jazz June eigentlich das letzte Jahrzehnt so getrieben haben. Doch am Ende will man mit gemütlichem Grinsen nur mehr wissen, wohin die Reise noch gehen wird.Reunion quasi als Aufwärmprogramm. (7.5/10) S. W.

profil-Wertung:
Von "0" (absolute Niederlage) bis "10" (Klassiker)

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Philip Dulle

Philip Dulle

1983 in Kärnten geboren. Studium der Politikwissenschaft in Wien. Seit 2009 Redakteur bei profil. Hat ein Herz für Podcasts, Popkultur und Basketball.