Rote Rosen forever: Der Mythos Hildegard Knef wird im Kino neu beleuchtet
Wenn es so etwas wie Gerechtigkeit gäbe, müsste es für diese Künstlerin, ihrem eigenen Wunsch entsprechend, ohne Unterlass rote Rosen regnen: Als Trümmerfrau (in „Die Mörder sind unter uns“, 1946) und It-Girl der deutschen Nachkriegsjahre wurde Hildegard Knef bekannt, als Willi Forsts Skandal-„Sünderin“ 1950 berüchtigt. Ihr Kinodebüt feierte sie, als 18-Jährige, in einem noch besseren Film, in Helmut Käutners bereits 1944 gedrehtem Alltagsdrama "Unter den Brücken", geschaffen schon für eine Zeit nach dem Untergang der Nationalsozialisten.
Die deutsche Schauspielerin und Sängerin Hildegard Frieda Albertine Knef (1925–2002) konnte differenzierte Frauenfiguren darstellen, und sie intonierte, mit erstaunlichem Erfolg vor allem in den 1960er- und 1970er-Jahren, mit unverwechselbarem Timbre exzentrische Chansons. Wobei sie, auch darin eine Anomalie, ihre Texte meist eher rezitierte, zur Musik temperamentvoll erzählte (und weniger wirklich sang).
Ein neuer Kino-Dokumentarfilm taucht nun, gerüstet mit viel reizvollem Archivmaterial, in Leben und Werk jener Frau ein, die sich als US-Bürgerin, die sie 1950 - mit Blick auf eine ersehnte, aber nie wirklich materialisierte internationale Kinokarriere – wurde, Hildegarde Neff nannte. Als Titel gab Regisseurin Luzia Schmid ihrem Film die zwar ein wenig unbescheidene, aber nachvollziehbare Zeile des Knef-Songs "Für mich soll’s rote Rosen regnen": Dem Motto „Ich will alles“ folgt in dem erwähnten Song allerdings der Zusatz "oder nichts".
Ein Talent zu Kompromissloskeit und Unberechenbarkeit hatte die Künstlerin, wie der Film nahelegt, tatsächlich. Die dicke Haut, die Knef sich früh zugelegt hatte, war bitter nötig, um allein schon den penetranten Fragen übergriffiger Talkshow-Moderatoren zu begegnen. Aus heutiger Sicht erscheint interessant, dass sie diese öffentlichen Verhöre überhaupt mitgemacht, diese nicht rundheraus verweigert hat. Die Filmemacherin interessiert sich insbesondere für die private Hildegard Knef, für ihre drei Ehen, vor allem für die dauerhaften letzten beiden (mit dem Schauspieler David Cameron und dem Adeligen Paul von Schell) sowie für ihre Krebserkrankung. Knefs Tochter, Christina Palastanga, genannt Tinta, erzählt plastisch vom Wesen ihrer Mutter. Die künstlerischen Wege aber, die Hildegard Knef einschlug, sind hier nur das Hintergrundrauschen zu den detailreich vorgeführten Manövern einer öffentlichen Frau, die Popularität und Selbsterhaltungstrieb auszubalancieren versuchte. Insofern ist "Ich will alles" eher anekdotisch als reflexiv angelegt. Aber Knefs Charisma trägt locker auch über die Illustriertenlogik vieler Szenen.