Trump & Putin im Pop

Pop im Zeitalter von WikiLeaks: Warum Randy Newman Wladimir Putins Brustkorb besingt und Death Cab for Cutie Donald Trump eher kein Geld leihen würden.

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Was früher das rote Telefon war, heißt heute Wikileaks. Die Enthüllungsplattform offenbarte zuletzt eine erstaunliche Achse zwischen Washington und Moskau - beziehungsweise deren jeweiligen (Möchtegern-)Machthabern. Das kommt nur teilweise überraschend. Immerhin verbindet den republikanischen US-Präsidentschaftsanwärter Donald Trump und den russischen Staatschef Wladimir Putin schon länger ein gewisser Hang zur Enthüllung, und sei es jene des eigenen Oberkörpers. Randy Newman hat sich für seinen herrlichen neuen Song "Putin“ denn auch ganz in diesem Sinn von ein paar knackigen Präsidenten-Fotos inspirieren lassen. Dass die Inspiration keinen allzu hagiographischen Hintergrund hatte, deutet schon das offensiv freudianische Cover zur Single an, das eine kokette Kombi aus Kanonenrohr und -kugeln zeigt. Auch das üppige Dreigroschenmusical-Arrangement des Stücks (inklusive Putin-Mädchen-Chor) nährt den Satireverdacht, und wenn Newman Kurden auf Topfen (englisch: curds) reimt, ist das wahrscheinlich auch witzig gemeint.

"Niemand würde Trump in seiner Kegelmannschaft haben wollen"

Aber was sagt der große Schwerenöter des US-Pop eigentlich über Donald Trump? "Niemand würde diesen Typen in seiner Kegelmannschaft haben wollen.“ Wobei: vielleicht für eine Million Dollar? Andererseits: alles nur Kleingeld. Behauptete zumindest der Kandidat kürzlich im Wahlkampf. Seinen wahnwitzigen ökonomischen Erfolg habe Trump nämlich, so Trump, aus eigener Kraft erreicht - sein Vater habe ihm bloß mit der Kleinigkeit von einer Million Dollar auf die Sprünge geholfen.

Die US-Indieband Death Cab for Cutie nahm diese entzückende Episode zum Anlass für das Stück "Million Dollar Loan“, in dem es natürlich um Hybris geht, um Verblendung und verschobene Perspektiven, aber auch um die ewige Hilmar-Kabas-Frage: Was reimt sich eigentlich auf Trump? Ewige Musikkritiker-Frage: Was lernen wir daraus? Vorschlag zur Güte: Der Schlaf der Vernunft gebiert tolle Popsongs.

Sebastian Hofer

Sebastian Hofer

schreibt seit 2002 im profil über Gesellschaft und Popkultur, ist seit 2020 Textchef dieses Magazins und zählt zum Kernteam von faktiv.