Leitartikel: Christian Rainer

Christian Rainer: Der Hypo-Bock als Gärtner

Der Hypo-Bock als Gärtner

Drucken

Schriftgröße

Hypo-Ausschuss, ja oder nein? Parallel zu einer Untersuchungskommission oder anstatt? Gemäß den ­geltenden Gesetzen oder auf Basis neuer parlamentarischer Spielregeln? Seit Wochen beherrscht die Debatte die ­Medien. Kaum eine Nachrichtensendung des ORF, die nicht so beginnt, keine Zeitung, die das Thema nicht tagaus, tagein auf die Titelseite hebt.
Und kaum eine innenpolitische Debatte der vergangenen Jahrzehnte, die sich derart verrannt hat, die vom ­relevanten Sachverhalt so weit abgekommen ist, die in eine glatte Themenverfehlung mündete.

Und zwar deshalb.

Die aktuelle Diskussion dreht sich immer wieder um zwei Angelpunkte. Einerseits: Die Oppositionsparteien wollen in einem Untersuchungsausschuss öffentlichkeitswirksam erörtert wissen, was seit der Notverstaatlichung der Hypo Alpe-Adria schiefgelaufen ist. Andererseits: SPÖ und ÖVP vermuten nicht ohne Grund, dass der Regierung damit möglichst großer Schaden zugefügt werden soll. Beide Standpunkte: verständlich.

Unter normalen Umständen könnte man die Angelegenheit unter jene politischen Rituale subsumieren, die ein der ­Demokratie dienendes Ziel verfolgen, gelegentlich überschießen und daher zum Missbrauch verleiten. Aber konkret haben wir es nicht mit normalen Umständen zu tun, konkret würde (und wird wohl) ein Untersuchungsausschuss vor allem Vorgänge untersuchen, die in den Verantwortungsbereich der ­Regierung fallen, während wesentlich wichtigere Vorgänge an einem ganz anderen Ort Platz gegriffen haben und von ganz anderen Personen zu verantworten sind.
Und das Missverhältnis zwischen diesen beiden unterschiedlichen Vorgängen ist gigantisch: SPÖ und ÖVP müssen für potenziell schlechte Verhandlungsführung mit der Bayerischen Landesbank im Jahr 2009 und für zögerliche Entscheidungen seither geradestehen. Die Nachfolger von Jörg Haider hingegen hätten kriminelle und viele Milliarden teure Machenschaften zu verantworten, die der damalige Landeshauptmann initiierte, förderte, forderte und beaufsichtigte. In dem einen Fall sprechen wir von einigen hundert Millionen Euro Schaden, meinetwegen auch von einer Milliarde, im anderen Fall vom Vielfachen dieses ­Betrages. In einem Fall geht es darum, dass Josef Pröll als Finanzminister bei den Bayern wahrscheinlich nicht das Letzte herausgeholt hat. Im anderen Fall geht es darum, dass das Land Kärnten eine de facto unbegrenzte Haftung übernommen hatte, welche die Bayern später in jene vergleichsweise komfortable Verhandlungsposition brachte. In einem Fall kann man der nach Pröll verantwortlichen Maria Fekter Unentschlossenheit vorwerfen, im anderen dem von Haider berufenen Hypo-Management Vorsatz. In einem Fall sprechen wir von Ungeschicklichkeit, im anderen von politischem Wahnsinn.

So sehr Kritik an Pröll, Fekter, Michael Spindelegger, ­Andreas Schieder, Werner Faymann, der Notenbank, der Bankenaufsicht berechtigt ist, so sehr eine Analyse der Geschehnisse ab 2009 durch Journalisten notwendig scheint: In diesem Zusammenhang muss man diese Personen und Institutionen geradezu in Schutz nehmen, in Relation dazu nämlich, was Jörg Haider und sein Umfeld angerichtet haben.

Der Treppenwitz, und da wird die ­Sache schmutzig: An vorderster Front kämpft Heinz-Christian Strache für einen Untersuchungsausschuss. Er sitzt fett in der ORF-Sendung „Im Zentrum“, greift Seite an Seite mit den anderen ­Oppositionsparteien die hilflosen Vertreter der ­Regierung an, macht sich wortgewaltig zum Anwalt der Steuerzahler, die für den Schaden der Hypo-Pleite aufkommen werden, macht Wind für die ­Europawahlen.
Er weiß, das Gedächtnis der Wähler ist kurz.

Wahr ist nämlich: Strache ist der Hauptverantwortliche für die Milliardenverluste. Er ist Haiders Rechtsnachfolger. Er ist der Chef jener Partei, welche die Bank in Richtung Desaster lenkte. Die FPÖ ist der Nachlassverwalter des ­bösen Erbes. Zumal das BZÖ nicht mehr im Parlament vertreten ist; zumal die Hypo schon auf Crashkurs war, als das BZÖ noch gar nicht existierte; zumal Strache schon damals Parteikarriere machte.

Der Bock Strache macht sich zum Gärtner. Und die ­Grünen, NEOS, das Team Stronach ackern mit.

[email protected]