Leitartikel: Christian Rainer

Christian Rainer: Ist Strache Rassist?

Ist Strache Rassist?

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1. Andreas Mölzer. Neben dem Dauergeldverbrenner Hypo war sein Rücktritt das meistbesprochene Thema der vergangenen Woche. Zu Recht? Sicherlich. Hier geht es um die moralischen Begrenzungen des Landes, und hier scheint es ja auch um die Zukunft einer der drei Großparteien zu gehen. Die Moral des Landes ist tangiert, weil einerseits die schwerste Bürde der Republik – ihre Vergangenheit – zur Diskussion steht. Wenn nicht zur Disposition: Herr Mölzer hatte „das Dritte Reich als wahrscheinlich harmlos und liberal“ im Vergleich zur Europäischen Union qualifiziert, also einen global geführten Angriffskrieg und den Holocaust gegen die EU in die Waagschale geworfen. Da erübrigt sich die Erklärung, warum das eine Frage der Moral ist. Andererseits sprach Mölzer von der EU als einem „Negerkonglomerat“ mit „totalem Chaos“. Moralisch verwerflich? Eindeutig. Wer dieser Aussage nicht entgegentritt, ist ein Rassist wie Mölzer. Denn Mölzer insinuiert mit seinem Satz, dass sich Menschen mit genetisch bedingter dunkler Hautfarbe genetisch bedingt in „totalem Chaos konglomerieren“.

Spannend der Umgang mit dem bisherigen EU-Spitzenkandidaten: Heinz-Christian Strache erklärte bei einer Pressekonferenz, „Mölzers Aussagen haben in der Öffentlichkeit den Eindruck entstehen lassen, dass …“. Damit lässt der FPÖ-Chef offen, ob man sagen darf, dass die EU-Kommission schlimmer agiert als das Nazi-Regime, die Brüsseler Bürokratie also verwerflicher ist als die Vernichtung von Millionen Menschen in Konzentrationslagern. Damit lässt Strache auch ungeklärt, ob man dunkle Pigmentierung der menschlichen Haut als Hinweis darauf werten kann, dass die Person ein durch darwinistische Selektion (oder Nichtselektion) vorgezeichneter Chaosstifter und Aufwiegler ist.

In diesem Sinne weiß Herr Strache also nicht, ob er selbst ein Ewiggestriger ist oder ein Rassist. Er überlässt das „der Öffentlichkeit“ und dem „Eindruck“, den er dort „entstehen lässt“. Da hilft es eher wenig, wenn Strache quasi in einer Parallelaktion erklärt, dass er mit Nazis nichts zu tun haben will und Neger eh okay findet. Und auch sein Endorsement für David Alaba lässt uns etwas ratlos zurück.

2. Alkohol am Schulbus-Steuer. Alkoholische Getränke in Schulbussen würde man gemeinhin für einen Normalfall halten. Dass sich diese allerdings im Körper der Fahrer befinden dürfen, verwundert doch. Daher ist die Beschlusslage bezüglich der Fahrer von Schulbussen, die sich in den vergangenen Tagen entwickelt hat, nicht fortschrittlich, sondern in hohem Maße eigenartig. Dass es diese aktuelle „Entwicklung“ überhaupt geben durfte, ist absurd. Kann es denn wirklich sein: Menschen, die jeden Tag hunderttausende Kinder zur Schule bringen und von dort wieder abholen, ist es erlaubt – wie jedem anderen Autofahrer auch – 0,49 Promille Alkohol im Blut zu haben? Wo bleibt der Aufschrei über den offensichtlichen Wahnsinn, dass Buben und Mädchen völlig legal von Halbbetrunkenen durch die Gegend chauffiert werden dürfen? Dass dies generell gestattet war, ist für sich ein Verbrechen.
So ist es auch völlig unakzeptabel, dass diese rechtskonforme Praxis nicht augenblicklich verboten wird, sondern erst per Gesetzesnovelle in ein paar Monaten. So täte es not herauszufinden, wer in der Vergangenheit verabsäumt hat, die entsprechenden Vorschriften zu ändern. So ist verwunderlich, wie die Wirtschaftskammer die Angelegenheit kommentiert: Die WKÖ verweist auf die „schwierige Erlössituation der Schülertransportunternehmer“. Deshalb sei man zurückhaltend mit Kommentaren zu den diskutierten Maßnahmen, „solange nicht klar ist, wer das finanziert“. Eine Chuzpe – selbst wenn sich die Kämmerer nicht auf die Alkoholgrenze beziehen und nur gegen eine Ausbildung der Schulbusfahrer wehren: Eine Ausbildung über den B-Führerschein hinaus ist bisher nämlich nicht vorgesehen.

3. Und dann war da noch Michael Spindelegger. Die Zukunft des ÖVP-Chefs wird nicht sonderlich emotional diskutiert. Gemessen an der Zahl der Gespräche, liegt das Thema mittelfristig aber im guten Mittelfeld. Die Einschätzung ist folgende: Ob Spindelegger bleibt, hängt vom Ergebnis der EU-Wahl ab. Falls die ÖVP an dritter Stelle zu liegen kommt, geht er sicher (als Kommissar nach Brüssel), mit dem zweiten Platz vielleicht. Gewinnt die ÖVP, dann ändert sich nichts an der Spitze der Partei.
Zusatzdiskurs: Wer kommt, wenn er geht? Da rechnet eine große Mehrheit mit Reinhold Mitterlehner. Tonalität: Er ist bei den Funktionären und Mitarbeitern zwar nicht beliebt, hat als Oberösterreicher keine starke Hausmacht, gilt jedoch als geschmeidiger Formulierer und als telegen. Wer genau hinhört, kann aktuell eine leichte Verschiebung feststellen: Mehr und mehr rückt Sebastian Kurz als unmittelbarer Nachfolger von Spindelegger in den Fokus, nicht nur als sicherer übernächster Parteiobmann.
Unter dem Strich interessant: Der Wert des Vizekanzlers wird nur noch am relativen Kriterium einer Rangreihe bei einer recht unwichtigen Wahl gemessen, nicht aber an Inhalten, taktischem Geschick oder gar Persönlichkeit. Das ist Innenpolitik vom Feinsten.

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