Christian Rainer Schützt die Lehrer vor den Ländern!
In meiner Heimat und in meiner Jugend war das so: Der Direktor des Gymnasiums in Gmunden musste ein Schwarzer sein, denn Gmunden ist eine ÖVP-Gemeinde. Der Direktor des Gymnasiums in Bad Ischl musste ein Roter sein, denn Bad Ischl ist eine SPÖ-Gemeinde. Ich wohnte in Ebensee, auf halber Distanz zwischen den beiden Provinzmetropolen. Als zu Anfang der siebziger Jahre der für einen Direktorsposten bestqualifizierte Professor in Gmunden, ein Sozialist, endlich auch Direktor werden wollte, half sich die Landesschulbehörde mit einem Kunstgriff: Professor B., wohnhaft in Gmunden, wurde nach Bad Ischl versetzt und dort Direktor. Das war vor 40 Jahren so, und heute ist es nicht anders.
Der niederösterreichische Landeshauptmann hat leichtfüßig eine Schuldiskussion losgetreten. Das Recht dazu hat er. Zwei Dinge bleiben aber unklar. Einerseits gab es gewisse Differenzen darüber, ob Erwin Prölls Pläne mit der Bundesregierung und mit den anderen Landeshauptleuten abgestimmt waren wie er das zu verstehen gegeben hatte, wie es aber von den genannten Personenkreisen und im besonderen von der Unterrichtsministerin nicht bestätigt wurde.
Nehmen wir einmal an, dass es sich dabei schlicht um ein Missverständnis gehandelt hat, dass also von der Öffentlichkeit eine Art abgestimmt gehört worden war, während bloß ein diskutiert gemeint war.
Stellt sich die zweite Frage: Warum will Pröll, was er will? Folgendes will er: Die organisatorischen Fragen inklusive der Anstellung der Lehrer sollen in die Kompetenz der Länder kommen. Dabei geht es um die Bundeslehrer, die Pflichtschullehrer etwa fallen ohnehin in die Länderverwaltung. Nach Prölls Wunsch bliebe dem Bund dann nur noch die Zuständigkeit für Universitäten und Fachhochschulen, für Lehrpläne und Bildungsstandards.
Heißt unter dem Strich: Die Bundesländer könnten autonom Lehrer und Schulleiter bestimmen und auch über die Errichtung und Schließung von Schulen befinden. Macht das Sinn?
Laut den Empfehlungen des Rechnungshofs nicht. Dieser sagt: Es macht keinen Sinn, dass das intransparente und vom Rechnungshof und vom Finanzministerium oftmals kritisierte System der Landeslehrerverwaltung, das über den Finanzausgleich erfolgt, über die effiziente Bundesverwaltung gelegt wird. Der Rechnungshof will also das Gegenteil von dem, was der Landeshauptmann in Niederösterreich wünscht: eine Zentralisierung der Kompetenzen weg von den Ländern und hin zum Bund.
Mit dem Argument der Effizienz, also der Kosten. Da bleiben die Prüfer allerdings höflich und damit innerhalb der ihnen zugewiesenen Prüfungskompetenzen: Zu ihren Kompetenzen gehört nicht die Kontrolle von Macht und deren Missbrauch.
Um Macht geht es aber den Landeshauptleuten, wenn sie über Schulkompetenzen sprechen. Nicht um Kosteneffizienz, dem würde der Rechnungshof widersprechen; nicht um Unterrichtsinhalte, deren Festlegung ja beim Bund bleibt.
Insofern ist es ein Wunder, dass nicht alle Länderchefs sekundenschnell an die Seite des Niederösterreichers getreten sind. Der Beschluss der Landeshauptleute-Konferenz vom November 2009 ist freilich deutlich: Die Vollziehung des Dienstrechts für alle Lehrer soll Landessache sein.
Macht ist nicht per se schlecht. Aber was heißt Macht in diesem Zusammenhang?
Es darf als bekannt vorausgesetzt werden, dass die Landeshauptleute in allen Bundesländern da kann man den Niederösterreicher getrost in Schutz nehmen ihre Möglichkeiten recht unbekümmert einzusetzen wissen. Das funktioniert deshalb: wegen des seltenen Machtwechsels, wegen der Landesverfassungen, wegen der fehlenden unabhängigen und mit Sanktionspotenzial ausgestatteten Kontrolle, wegen der gekauften, erpressten oder gegängelten lokalen Medien. Die Möglichkeiten: willkürliche Verwaltungsakte, feudale Finanzgestion, Postenschacher. Das Ergebnis: im besten Fall ein gutmütiger Landesfürst, im schlechtesten die Pleite der Kärntner Hypobank. Macht in den Bundesländern heißt also schwarzer Direktor in Gmunden, roter Direktor in Ischl. Und das heißt nichts Gutes.