Leitartikel: Christian Rainer

Christian Rainer So gefährlich ist der Islam

So gefährlich ist der Islam

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Dieser Leitartikel und der rechts davon stehende entspringen einer Diskussion, die ich mit Außenpolitik-Ressortleiter Georg Hoffmann-Ostenhof führte. Ich hatte vor zwei Wochen in meinem profil-Blog geschrieben, dass es lächerlich sei, sich über die Ankündigung der Koranverbrennung durch Pastor Terry Jones mit derart „geballter Empörung zu alterieren“, und beiläufig erklärt: „Islamexperten weisen regelmäßig darauf hin, dass Osama Bin Laden jederzeit eine Mehrheit der Moslems in der Welt hinter sich hätte, würde man sie fragen. Vielleicht sollte sich der Westen eher um diese wenig erbauliche Einschätzung kümmern als um die Aktion eines versprengten amerikanischen Predigers.“

Hoffmann-Ostenhof und Außenpolitik-Redakteur Robert Treichler meinten einerseits, dass die Gefahr bestehe, diese Argumentation könnte den zu diesem Zeitpunkt eben publizierten Cover „Mohammed und seine Feinde“ konterkarieren, der sich gegen die krausen Ideen des früheren deutschen Bundesbankers Thilo Sarrazin wendete. Diese Gefahr besteht meiner Meinung nicht. Denn Sarrazin und der von ihm entfachte Feuersturm richten sich gegen die Ansiedelung moslemischer Immigranten im Westen und daraus angeblich resultierende Gefahren durch eine Art „Umvolkung“ (Copyright: nationalsozialistische Volkstumspolitik und Andreas Mölzer) des christlichen Abendlands. Ich hingegen habe auf Gefahren hingewiesen, die vom Islam in seinen ureigenen Verbreitungsgebieten ausgehen könnten.
Diesen Hinweis wiederum hält Hoffmann-Ostenhof für „Alarmismus“, den behaupteten Rückhalt Osama Bin Ladens für nicht existent. Eine einschlägige Studie belege das Gegenteil. Ich halte Vorsicht für angebracht, sehe den Rückhalt als erwiesen – und berufe mich dabei auf dieselbe Studie wie Hoffmann-Ostenhof.

Die Studie stammt aus dem US-amerikanischen Pew Research Center, wurde im September 2009 publiziert und trägt den kalmierenden Titel „Declining Support for Bin Laden and Suicide Bombing“. Die Headline ist freilich auch das Einzige an der Arbeit, das zu einer Entwarnung beitragen sollte. Wer den Inhalt analysiert – und dabei die Versuche durchschaut, mit denen das Bild eines friedlichen Islam gezeichnet werden soll –, wird etwa so beruhigt sein wie ein Teilnehmer an der verschärften Form des russischen Roulettes, dem man versichert, dass ohnehin bloß jede zweite Kammer des Revolvers geladen ist.

Der Arbeit liegt eine Umfrage unter Moslems in verschiedenen Ländern der islamischen Welt zugrunde. Die Fragestellung: „Wie viel Vertrauen haben Sie in Osama Bin Laden, die richtigen Dinge für die Weltpolitik zu tun?“ Das Ergebnis – „Declining Support“ –, wie es von der Autorin präsentiert wird: Während bei einer ähnlichen Erhebung im Jahr 2003 noch in vielen Ländern eine satte Mehrheit mit Ja geantwortet hat, sieht die Situation sechs Jahre später ganz anders aus. So etwa sei der Anteil der Ja-Stimmen in Jordanien auf 28 Prozent gefallen, in Indonesien auf 25 Prozent, in Ägypten auf 23.
Das erscheint der Verfasserin der Studie erfreulich. Ich hingegen erlaube mir, es als bedenklich zu bezeichnen, wenn jeder vierte Jordanier, Indonesier und Ägypter das Planieren des New Yorker World Trade Center als der Weltpolitik zuträglich findet – und wenn 54 Prozent von 140 Millionen Nigerianern und 52 Prozent der Bewohner der Palästinensischen Autonomiegebiete das ganz ähnlich sehen.

Alles halb so schlimm, weil es in Indonesien 2003 noch 59 Prozent (aber in Nigeria 44 Prozent) gewesen waren? Leider nein. Alles doppelt so schlimm: Bei näherer Analyse des Zahlenwerks finden sich nämlich dessen versteckte Tücken. So hat zwar tatsächlich nur ein Viertel von 240 Millionen Indonesiern (immerhin 60 Millionen) Bin Laden für gut befunden, allerdings fanden ihn nicht drei Viertel schlecht, sondern bloß 61 Prozent. Der Rest wollte gar nicht antworten.

Noch nicht eindeutig genug? Dann vielleicht mit dem Folgenden: Wer die Fragestellung feiner seziert, findet Erstaunliches: „No confidence combines ,not too much confidence‘ and ,no confidence at all‘“ ist da in einer verschämten Anmerkung zu lesen. Soll doch tatsächlich heißen: Alle Befragten, die unentschlossen „nicht allzu viel Vertrauen“ in Bin Laden bekundet hatten, wurden ohne viel Federlesens in Gegner des Terrormasters umfunktioniert.

Warum? Weil diese Umfrage offensichtlich ein weich gezeichnetes Bild der Terrorgefahr hervorbringen sollte, die in vielen moslemischen Staaten lauert. Die Studie ist tendenziös. Sie widerlegt nicht, dass die Hälfte der moslemischen Weltbevölkerung den Al-Kaida-Terror unterstützt, vielmehr legt diese Untersuchung genau das nahe.

Ist das Alarmismus? Was bedeutet die Glorifizierung Bin Ladens durch Hunderte Millionen Menschen?

Georg Hoffmann-Ostenhof meinte in einem Gespräch mit mir, man dürfe diese Unterstützung nicht überbewerten; es handle sich eher um eine Verklärung wie jene von Che Guevara. Statt auf den Vergleich dieser beiden Figuren einzugehen, will ich Hoffmann-Ostenhof eine zweite Statistik entgegenhalten. Auch sie ist in der von ihm wie von mir als Argumentationsgrundlage verwendeten Arbeit des Pew Research Center zu finden. „Sind Selbstmordanschläge auf zivile Ziele gerechtfertigt, um den Islam gegen seine Feinde zu verteidigen?“, ließen die Autoren in derselben Befragungswelle erheben. Das Ergebnis: Nur jeder dritte Nigerianer antwortete mit Nein, jeder zweite Ägypter, zwei von drei Indonesiern, nur drei von vier Türken. Noch Fragen?

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