Elfriede Hammerl

Elfriede Hammerl Den Herrn zeigen

Den Herrn zeigen

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In letzter Zeit häuften sich bizarre Interviews in Radio und Fernsehen. Denn die FPÖ-Politiker und Herrn Stronach eint unter anderem auch der gleiche Ton im Umgang mit halbwegs kritisch fragenden JournalistInnen: Sie fahren ihnen übers Maul. Sie behandeln sie mit verächtlicher ­Herablassung. Sie kommen ihnen autoritär. Sie haben keinen Respekt vor den Fragenden, verlangen ihn für sich aber im Übermaß.

Jetzt rede ich. Lassen Sie mich ausreden! (Nach ausuferndem Geschwafel.) Sie haben sich nicht gut vorbereitet, sonst wüssten Sie, dass ich … Das sind schlechte Manieren. So fragt man nicht. Ich habe Ihnen schon gesagt, dass ich dazu nichts sagen werde. Wenn ich sage, das ist so, dann ist es so. Warten S’ a bissl! Sie sind zu stürmisch. Ich werde Ihnen das gleich ­erklären. (Als wäre die fragende Journalistin ein Tepperl, das spezielle Erklärungen braucht. Erklärt wird dann im Übrigen nix.)

Frauen gegenüber sind die Herren dabei immer noch ein Stück respektloser als zu Männern. (Ein gutes Beispiel war die „Pressestunde“ in ORF 2 am 30. September, in der der Kärntner Landeshauptmann Dörfler die ORF-Journalistin Susanne Schnabl permanent abkanzelte wie ein Oberlehrer alter Schule eine vorlaute Schülerin.)

Hinter diesem Benehmen steht eine deutliche Geringschätzung der Medien, die die selbst ernannten Anführernaturen nur in der Rolle serviler Handlanger sehen wollen. Vierte Macht im Staat? Nur, wenn sie uns dient. Aufklärung? Was Aufklärung ist, bestimmen wir. Die Medien haben in ihren Augen die Aufgabe, ihnen Gelegenheit zur „Aufklärung“ in ihrem Sinn und nach ihrem Geschmack zu geben.

Kusch. Platz. Aus. Bring ’s Apportl! Redaktionsstuben ­auf­­räumen. Meinungsfreiheit ausmisten. Dahinter steht wiederum eine tiefe Missachtung demokratischer Prozesse. Anschaffen statt nachdenken. Machen (lassen) statt nachfragen. Drüberfahren. Niederbügeln. Das Recht des Stärkeren.

Alle sind sie für die direkte Demokratie. Das Volk soll abstimmen. Allerdings erst, nachdem sie es manipuliert haben. Manipuliert werden kann es nur mit willfährigen Medien. Nicht willfährige Medien sind daher unerwünscht. Nicht willfährige MedienvertreterInnen sollen eingeschüchtert, lächerlich gemacht, mundtot gemacht werden. Man zeigt ihnen den Herrn, und man zeigt, dass man ihnen den Herrn zeigt. Das ist die Strategie. Es ist zu hoffen, dass sie nicht aufgeht. Allerdings trifft die Geringschätzung, die diese rechten Populisten den Medien entgegenbringen, auf bereitwillige Zustimmung in der Bevölkerung. JournalistInnen werden ja gern unterschiedslos Journaille genannt und gelten als Gelichter und Gesindel, dem man nicht trauen und nicht glauben kann. Diese Haltung findet man auch unter ansonsten differenzierenden, gebildeten Menschen. Verächtlich tun sie so, als existierten weltweit ausschließlich Skandalmedien, deren skrupellose MitarbeiterInnen ihre Seelen an das jeweilige zwielichtige Unternehmen verkauft haben.

Nun gibt es tatsächlich bedauerlich viele Schmierblätter sowie Fernehsender, die Trash am Fließband produzieren, und wer dafür arbeitet, darf moralisch nicht zimperlich sein. Und dass die so genannten Qualitätsmedien immerzu hochkompetent und absolut seriös unterwegs sind, kann man durchaus in Abrede stellen.

Aber trotzdem: Tagtäglich setzen auch Journalistinnen und Journalisten in aller Welt ihr Leben aufs Spiel, um ihrer Informationspflicht nachzukommen und anzukämpfen gegen Korruption, Heuchelei, Desinformation, Manipulation. Sie in einen Topf zu werfen mit den VertreterInnen der Yellow Press, indem man den Sammelbegriff Journaille anwendet, wenn man von den Medien spricht, ist ungerecht, verletzend und gefährlich. Gefährlich, weil es denen in die Hände arbeitet, die tatsächlich auf eine – ihnen nützliche – Journaille setzen möchten und ehrenwertes journalistisches Arbeiten am liebsten verbieten würden.

Nein, das ist kein Appell, dass Sie als LeserInnen unser empfindliches Ego hätscheln sollen. Vielmehr geht es darum, unser aller Recht auf umfassende Information zu verteidigen und darauf, dass uns Menschen, die sich um öffentlichen Einfluss bewerben, Rede und Antwort stehen.

Themawechsel: Der Einführung eines Berufsheers kann man eine Reihe von Bedenken entgegenhalten. Mich beispielsweise beunruhigt die Gefahr, dass potenzielle BewerberInnen mehrheitlich aus dem Rambo-Eck kommen könnten. Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller allerdings hat Anfang Oktober die untauglichste aller Begründungen für die Beibehaltung der Wehrpflicht aus dem Hut gezogen: Den jungen Männern würden ein paar Monate Bundesheer oder Zivildienst sicher gut tun. Ärgerlicherweise wurde das als feministischer Standpunkt gesehen und gegeißelt. Ist aber keiner.

Militärischer Drill mag von manchen als Erkenntnisgewinn betrachtet werden, grundsätzlich gut tut er jedenfalls nicht, und schon gar nicht ist seine Wirksamkeit unter geschlechtsspezifischen Gesichtspunkten zu bewerten. Den Zivildienst könnte man als Ausgleich dafür sehen, dass soziale Dienstleistungen im weiteren Leben meist an den Frauen hängen bleiben. Aber gerade wenn das nicht so bleiben soll, muss uns mehr einfallen, als junge Männer zu ein paar Monaten Dienst an anderen zu verdonnern.

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