Elfriede Hammerl

Elfriede Hammerl Familien(ge)recht

Familien(ge)recht

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Also: Die gemeinsame Obsorge wird es nicht automatisch geben. Aber uneheliche Väter können sie künftig auch gegen den Willen der Mütter beantragen. So sieht es der neue Entwurf zum Familienrecht bekanntlich vor. (Bisher waren solche Anträge an die Zustimmung der Mutter gebunden.) Auch bei strittigen Scheidungen soll es in Zukunft möglich sein, dass die gemeinsame Obsorge gegen den Wunsch ­eines Elternteils beantragt und vom Gericht angeordnet wird. Bedeutet: Die Gerichte müssen entscheiden. Sie sollen, so heißt es, jeden einzelnen Fall gründlich untersuchen, um dann zu maßgeschneiderten Beschlüssen zu kommen.

Das kann man einerseits positiv sehen, weil es die Hoffnung zulässt, dass eine sachliche Prüfung der Verhältnisse zu vernünftigen Entscheidungen führt. Gleichzeitig ist es beunruhigend, weil sich in der Praxis erst zeigen muss, ob die Gerichte dieser Aufgabe wirklich gewachsen sind. Zweifel daran nähren sich aus der Tatsache, dass unsere Rechtsprechung schon jetzt unter einem gravierenden Personalmangel leidet, und auch daraus, dass Richterinnen und Richter keine Fachleute in Fragen der Familiendynamik sein können. Wer Alltag nur aus einer bestimmten Perspektive kennt – aus der eines Richters beispielsweise, der die Kinderbetreuung an seine Frau delegiert hat, oder aus der einer jungen, kinderlosen Richterin –, kann sich möglicherweise nicht vorstellen, wie es im täglichen Leben mit Kindern zugeht und was das Familienleben erleichtern oder noch mehr belasten würde. Das ist nicht verwerflich.

JuristInnen sind eben keine FamilientherapeutInnen, sie müssen sich nicht auskennen. Allerdings liegt die abschließende Bewertung dessen, was PädagogInnen, PsychologInnen und SozialarbeiterInnen zu einem Fall zu sagen haben, bei ihnen. Das ist, wenn schon keine Über-, so doch zumindest eine große Herausforderung. So gut maßgeschneidert sich also anhört – leicht ist die Aufgabe nicht, die auf die Familiengerichte zukommt.

Dass die militanten Väterrechtler mit dem neuen Entwurf höchst unzufrieden sind, spricht dafür, dass er einigermaßen ausgewogen ist. Und es zeigt einmal mehr, wor­um es diesen Gruppierungen wirklich geht: um Machtausübung und um die Schonung ihrer Finanzen.

Besondere Empörung herrscht auf den einschlägigen Websites nämlich darüber, dass Väter, die den Kontakt mit ihren Kindern vernachlässigen, in Zukunft zu einer Geldstrafe verurteilt werden sollen. Das macht böses Blut. Und auf einmal liest man: Man könne doch Väter nicht zwingen, ihre Kinder zu besuchen! Was, wenn der Vater weit weg wohne? Solle der Vater jedes zweite Wochenende viele Kilometer fahren müssen? Und warum zahlen sollen, nur weil einer keinen/nicht so oft Kontakt mit seinen Kindern will? Auch das Kindeswohl kriegt plötzlich eine andere Bedeutung. Es diene doch dem Kind ganz und gar nicht, postet einer, wenn es einen Vater treffen müsse, der nur widerwillig mit ihm zusammen sei.

Und immer wieder: die Kosten. Warum könne man der Mutter die Fahrtkosten zum Kind nicht in Rechnung stellen? Warum der Mutter nicht das Geld abziehen, das man für das Kind ausgibt, wenn man mit ihm beisammen ist?

Nein, es ist nicht die Mehrheit der Väter, die so argumentiert, keineswegs. Aber die militanten Männerrechtler, die sich ständig als Opfer machtgeiler Weiber gerieren und immerzu das Wohl ihrer Kinder ins Treffen führen, wenn sie mehr Rechte für Väter fordern, offenbaren in solchen Foren einen derart brutalen Egoismus, dass verständlich wird, warum ihre Ex-Partnerinnen Bedenken haben, ihnen die Kinder auszuliefern. Leider sind gerade sie es, die ein Übermaß an öffentlicher Aufmerksamkeit bekommen.

Unterstützt werden sie in der Regel von ihren aktuellen Gefährtinnen, die ihrerseits mit Eifer und Geifer Mütter-­Bashing betreiben. Wer liest, wie sie die Kinder ihrer Männer oder Freunde wütend als lästigen Kostenfaktor und Faustpfand hinterhältiger Frauenzimmer beschreiben, fragt sich besorgt, wie es wohl den Kindern ergehen mag, wenn sie das Wochenende mit Papis Neuer verbringen sollen.

Auch das ist kein Generalvorwurf. Es gibt gut funktionierende Patchworkfamilien und viele Zweitfrauen, die den Kindern ihrer Männer herzlich zugetan sind. Aber diejenigen, die auf Barrikaden klettern, um ihr Schatzi vor der bösen Ex zu retten, spielen – bei allem Verständnis für Loyalität in Partnerschaften – eine ebenso unrühmliche wie überflüssige Rolle.

Ich kann verstehen, dass engagierte Väter sich dagegen wehren, wegen ihres Engagements gleich in die Nähe der Frauenhass-Fraktion gerückt zu werden. Verwirrenderweise gibt aber die Frauenhass-Fraktion vor, ebenfalls aus Engagement für die Kinder zu handeln, und nicht immer sind die Motive dahinter auf den ersten Blick erkennbar. Das Diagnostizieren der wahren Beweggründe, das Differenzieren zwischen Interesse am Kind und bloßem Machtstreben (gilt für beide Geschlechter, oh ja), die Beurteilung der bisher geleisteten Betreuungsarbeit – all das wird künftig noch mehr als schon jetzt Aufgabe der Familiengerichte sein. Eines steht dabei fest: Sie werden ihr nur nachkommen können, wenn man ihnen die nötigen Ressourcen zur Verfügung stellt.

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