Elfriede Hammerl

Elfriede Hammerl Guter Cop, böser Cop

Guter Cop, böser Cop

Drucken

Schriftgröße

Also. Noch einmal: Obsorge. Viel empörte Post auf meine Kolumne in profil 27/2012. Tenor: Ich würde Vätern generell die Fähigkeit und den Willen zu einem liebevollen, engagierten Umgang mit ihren Kindern absprechen. Tu ich aber nicht. Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass eine vom Gericht verordnete gemeinsame Obsorge möglicherweise auch jenen Vätern Entscheidungsbefugnisse zugesteht, denen es weniger um liebevolles Engagement als um Machtausübung und/oder darum geht, Entscheidungsbefugnisse gegen einen Verzicht auf Unterhaltsleistungen zu tauschen. Sie sind nicht die Mehrzahl, das stimmt, und auch das habe ich geschrieben. Aber es gibt sie. Und weil Gesetze grundsätzlich für alle gelten, muss darauf geachtet werden, dass eine Reform Väterrechte nicht zulasten von Müttern durchsetzt.

Diese Bedenken zu äußern genügt, um der pauschalen Männerverunglimpfung beschuldigt zu werden. Denn den militanten Väterrechtlern gelingt es zunehmend, sich als Opfer im öffentlichen Bewusstsein zu etablieren. Sie sind es, die generalisieren: Alle Väter entrechtet, alle Mütter böse.

Aber weder so noch mit der Umkehr dieses Satzes kommen wir weiter. Wie dann? Vielleicht, indem wir uns anschauen, wie sich was in der Praxis auswirkt?

Ein Leser gibt mir zu bedenken, Mitsprache heiße auch Gestaltungsmöglichkeiten. Vielleicht hätte er zum Beispiel eine bessere Schulwahl für seinen Sohn getroffen als dessen Mutter. Der Sohn sehe das inzwischen genauso.

Ich greife das Stichwort Schulwahl auf und stelle folgendes Szenario zur Diskussion: Mutter plädiert für Schule mit Nachmittagsbetreuung, weil sie berufstätig ist. Kind möchte lieber in eine Halbtagsschule und ruft den Vater zu Hilfe. Was jetzt? Wie nimmt der Vater sein Mitspracherecht wahr? Bietet er an, das Kind nachmittags zu betreuen? Oder gibt er bloß Anweisung, die Mutter möge ihre Berufstätigkeit darauf abstimmen, dass das Kind mittags heimkommt?

Der Leser antwortet: Anständigerweise müsste der Vater anbieten, die Nachmittagsbetreuung des Kindes zu übernehmen. Aber bestimmt lehne die Mutter das ab und wolle das Kind trotzdem in die andere Schule geben.
Tja. Kann sein. Kann aber auch sein, dass der Vater am Nachmittag ausfällt, denn vermutlich geht er ebenfalls ­einem Beruf nach. Was dann?
Kooperierende Eltern würden gemeinsam nach einer ­Lösung suchen und dem Kind erklären, was möglich ist und was nicht, ohne einander in den Rücken zu fallen.

Zerstrittene Eltern machen daraus höchstwahrscheinlich einen neuen Streitfall, schon gar, wenn sie gleiche Entscheidungsbefugnisse haben. Dabei macht es einen Unterschied, bei wem das Kind lebt. Der Elternteil, der sein Leben nicht tagtäglich auf das Kind einstellen muss, wird es leichter haben, die Rolle des guten Cops zu spielen und Verständnis für Wünsche zu zeigen, deren Realisierung er nicht ausbaden muss. Um beim Schulbeispiel zu bleiben: Das Kind in der Schule seiner Wahl anzumelden ist leicht. Die Folgen der Schulwahl zu tragen, ist was anderes. Die gemeinsame Obsorge erlaubt beiden Elternteilen die Anmeldung. Sie regelt jedoch nicht, wer nachmittags zur Verfügung stehen muss.

Umgekehrt tendiert der unterhaltspflichtige Elternteil dazu, materielle Wünsche des Kindes mit eingeschränkter Empathie zu sehen. Wozu schon wieder neue Eislaufschuhe? Muss es der teure Reitstall sein? Was, Nachhilfestunden?

Auch hier finden vernünftige Eltern, denen es um das Wohl ihrer Kinder geht, tragbare Lösungen. Eltern im Dauerclinch hingegen schieben das Kind vor, um ihre Machtkämpfe auszutragen. Dann sind die Reitstunden für die eine Seite eine therapeutische Maßnahme, während die andere unterstellt, dem Kind sollte lediglich ein verschwenderischer ­Lebensstil anerzogen werden.

Verfahrene Karren? Schaut so aus. Und es ist fraglich, ob eine gerichtliche Aufforderung, die Eltern mögen ihn gefälligst in dieselbe Richtung ziehen, als Lösung genügt.

Was die unehelichen Väter betrifft, so ist völlig klar, dass nicht der Eheschluss den guten vom schlechten Vater unterscheidet. Harmonisches Familienleben ohne Trauschein ist möglich und keine Seltenheit. Im Fall einer Trennung sollten Kindern aus diesen Verbindungen selbstverständlich beide Elternteile erhalten bleiben. Glücklicherweise ist das oft Realität. Allerdings zeugt Heirat zumindest von der Absicht, eine Familie zu gründen, soll heißen, der eheliche Vater hat offiziell den Willen bekundet, seinen Kindern ein solcher zu sein.

Keine Heirat sagt hingegen gar nichts aus. Uneheliche Väter können engagierte sein, aber auch solche, die mit Familiengründung nicht das Geringste am Hut haben. Trotzdem wollen sie vielleicht Macht ausüben, wenn man ihnen Gelegenheit dazu gibt. Oder mit der Kindesmutter eine alte Rechnung begleichen. Oder, wie schon geschrieben, mit einem Obsorgeantrag drohen, um einen Verzicht auf Alimente zu erwirken. Noch einmal: Nein, das heißt nicht, dass alle so sind. Aber leider gibt es sie, und ihnen mehr Möglichkeiten zur Einmischung zu offerieren ist problematisch.
Ansonsten: Ja, Väter, bringt euch ein, aber bitte schon bei aufrechter Partnerschaft!

[email protected]

www.elfriedehammerl.com