Elfriede Hammerl

Elfriede Hammerl Männerpartei

Männerpartei

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Eine Männerpartei ist im Werden. Warum? Weil unsere Gesellschaft zutiefst männerfeindlich und der Feminismus eine menschenfeindliche Ideologie ist. So lauten jedenfalls die Begründungen, die Kollegin Eva Linsinger – wie in profil zu lesen war – von den Proponenten zu hören bekam. Was an den Behauptungen verblüfft, ist nicht so sehr ihre Haltlosigkeit – denn die Diffamierung von Gleichstellungsforderungen als einseitiger Herrschaftsanspruch ist ein alter Hut – als vielmehr die beängstigende Aggressivität, mit der die Feminismusgegner sie vorbringen. Womit soll man die Wut und die Gehässigkeit erklären, mit der sie (inklusive ihrer weiblichen Gefolgschaft) gegen Frauen ins Feld ziehen, und wie kommt es, dass sie in der Öffentlichkeit so bereitwillig Gehör finden? Denn wenn der Männerpartei bei den Wahlen auch keine großen Chancen eingeräumt werden – im öffentlichen Diskurs nehmen die Verschwörungstheorien der Antifeministen inzwischen breiten Raum ein. In Gastkommentaren und Fernsehauftritten dürfen angeblich entrechtete Väter unwidersprochen ihren Expartnerinnen alles Schlechte nachsagen, auf einschlägigen Homepages und in Internetforen werden Alleinerzieherinnen als geldgierige Schlampen hingestellt, die Kinder nur in die Welt gesetzt haben, um von arglosen Männern Unterhalt abzuzocken, und auch moderate Beobachterinnen des Zeitgeschehens neigen dazu, ihre Empathie lieber für etwaige männliche Opfer zu reservieren als für ihre Geschlechtsgenossinnen, die ihrer Ansicht nach eh schon genug Aufmerksamkeit abbekommen haben.

Wer sich all das reinzieht, ohne einen Blick auf die Realität zu verschwenden, könnte tatsächlich zu dem Schluss kommen, dass brutale Weiber die Weltherrschaft an sich gerissen haben. Wer allerdings die realen Verhältnisse nicht aus den Augen verliert, weiß, es ist nicht so.

Ja, die Frauen haben Rechte und Möglichkeiten dazugewonnen. Sie nützen ihren Zugang zu höherer Bildung. Sie gehen qualifizierten Berufen nach. Sie müssen ihre Ehemänner nicht um Erlaubnis fragen, wenn sie außer Haus erwerbstätig sein wollen. Sie dürfen die Passanträge für ihre Kinder unterschreiben. Sie haben das Recht auf ihrer Seite, wenn sie sich gegen einen gewalttätigen Partner zur Wehr setzen.

All das ist noch gar nicht lange selbstverständlich. Erst in den Jahren 1975 bis 1978 bekam das österreichische Familienrecht seine heutige Form. Bis dahin waren Ehefrauen von Rechts wegen Befehlsempfängerinnen ihrer Männer, und allein die Väter bestimmten, auf welche Schulen die Kinder gingen und ob sie ins Ausland reisen durften. Uneheliche Mütter mussten noch bis in die 1980er-Jahre beim Jugendamt um die Vormundschaft ansuchen. Und das Gewaltschutzgesetz, dem zufolge häusliche Watschen nicht mehr das private (und womöglich verdiente) Unglück der Gewatschten sind, gibt es gar erst seit 1997.

Manches ist bis heute nicht verwirklicht: Halbe-halbe bei der unbezahlten Arbeit. Ein Frauenanteil in Führungspositionen, der den Frauenanteil in der Bevölkerung widerspiegelt. Einkommensgleichheit. (Dass die Frauen den Männern einkommensmäßig hinterherhinken, geben ja sogar diejenigen zu, die die Unterschiede kleinrechnen.) Was macht den Feminismusgegnern also solche Angst, dass sie dermaßen um sich schlagen? Und wohin wollen sie zurück?

Was sie jedenfalls nicht wollen, ist eine Rückkehr zum Rollenbild des Familienernährers. Im Gegenteil: Ihre Selbstdefinition als Opfer maßloser Frauen fußt ja auf der Behauptung, dass Männer finanziell ausgebeutet würden. In einer Expertise über „Die antifeministische Männerrechtsbewegung“ im Auftrag der deutschen Heinrich-Böll-Stiftung schreibt der Soziologe Hinrich Rosenbrock: „Antifeministische Männerrechtler/innen (…) fordern ein stärkeres Engagement von Frauen im Bereich der Lohnarbeit, wobei dies in der Regel mit der Abwertung von unbezahlter Arbeit einhergeht (vgl. die Diffamierung von Hausfrauen als ,faul‘). Die Frauen, die arbeiten, sollten aus dieser Perspektive vor allem in schlecht bezahlten und gefährlichen Bereichen tätig sein.“

Heißt kurz gesagt: Die Männerrechtler wollen keine tradierten Pflichten, aber offenbar die alten Vorrechte zurück.

Ist natürlich ein möglicher Standpunkt. Bloß: Warum stößt er auf so viel Verständnis?

Wirklich populär war der Feminismus nie. Alles, was durchgesetzt wurde, musste mühselig gegen massive Anfeindungen durchgesetzt werden. Hinterher wurde dann so getan, als hätte ein natürlicher Entwicklungsprozess stattgefunden. Postfeminismus hieß das. Blöd genug. Aber jetzt auf einmal dieser heftige Backlash, freundlich begleitet vom Beifall jüngerer (?) Menschen, die das alte Gejammer nimmer hören können. Abwechslung ist angesagt. Wirklich? Und was wird sie bringen? In Amstetten verstieg sich eine FPÖ-Gemeinderätin kürzlich zu der Behauptung, Frauenhäuser würden Familien zerstören. Offenbar schließt ihre Definition von Familie das Erdulden von Gewalt mit ein. Ist das ernsthaft die Abwechslung, die wir haben wollen?

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