Elfriede Hammerl

Elfriede Hammerl Schwule Papis

Schwule Papis

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In einem Punkt hat Familienministerin Karmasin recht: Es gibt weit mehr potenzielle Adoptiveltern, als es adoptierbare Kinder gibt. Das ist schon seit vielen Jahren so und zeugt von keiner schlechten Entwicklung. Zum Glück kommen kaum noch Kinder auf die Welt, deren Mütter sich aus bitterer Not sofort nach der Geburt von ihnen trennen müssen. Was es allerdings gibt, sind Kinder, deren Erziehung und Pflege die Eltern später – aus unterschiedlichen Gründen – überfordert. Für sie werden Pflegestellen gesucht. Weswegen Karmasin meint, schwule Paare sollten sich doch, statt adoptieren zu wollen, als Pflegeeltern zur Verfügung stellen. Abgesehen davon, dass auch das nicht in allen ­österreichischen Bundesländern erlaubt ist: Was für eine Verkennung der Situation!

Pflegekinder sind in der Regel Kinder mit einer belastenden Vorgeschichte und einem besonderen Betreuungs- und Förderungsbedarf. Es ist schön, wenn sich Menschen finden, die solchen Kindern Zuwendung und Geborgenheit schenken, aber sie übernehmen damit eine schwere Aufgabe, und sie müssen damit leben, dass sie die Kinder an die leiblichen Eltern verlieren, sobald diese sich wieder in der Lage sehen, ihren Pflichten nachzukommen. Manchmal funktioniert das dann doch nicht, weshalb die Kinder erneut Betreuungsplätze brauchen. Dass sie durch das Hin und Her nicht pflegeleichter werden, ist absehbar.

Wie Kinder und Jugendliche aus sogenannten Problemfamilien halbwegs vor Verwahrlosung geschützt werden können und wer gegebenenfalls den vorrangigen Anspruch auf sie haben soll, die Pflegefamilie oder die leiblichen Eltern, das ist eine ständige Debatte. Denn auch verwahrloste Kinder und Jugendliche fühlen sich oft an ihre Herkunftsfamilie gebunden, und auch unfähige Eltern sind nicht unbedingt herzlose Eltern, denen ihre Kinder egal sind. Fest steht jedenfalls: Pflegekinder aufzunehmen, erfordert enormen Einsatz und unter Umständen ein gerüttelt Maß an Verzichtbereitschaft.

Zugegeben, das Großziehen eigener Kinder ist ebenfalls eine Herausforderung, und man sollte dabei gleichfalls bereit sein, seine Interessen denen der geliebten Brut unterzuordnen. Trotzdem: Es ist was anderes. Die Probleme, die man sich mit eigenen Kindern einhandelt, sind nicht von anderen vorprogrammiert. Und man muss nicht damit rechnen, dass einem die Kinder wieder weggenommen werden.

Menschen, die ein Kind adoptieren wollen, wollen ein eigenes Kind. Sie möchten es in der Regel von klein auf (am besten von der Geburt weg) betreuen und sein Heranwachsen kontinuierlich begleiten. Sie wollen ihre Bindung an das Kind – und die des Kindes an sie – nicht ständig ­gefährdet sehen. Sie wünschen sich ein Familienleben, ­wären aber froh, wenn ihnen dabei außerordentliche Belastungen erspart blieben. Das scheint mir legitim. Hut ab vor allen, die nicht davor zurückschrecken, traumatisierten Kindern ein Zuhause bieten zu wollen, aber auch Verständnis für jene, die sich so was nicht zutrauen. So viel zur Nicht-Vergleichbarkeit von Adoptiv- und Pflegeelternschaft.

Und jetzt zum Faktum, dass adoptierbare Kinder selten geworden sind. Wie also die Kinderwünsche derer erfüllen, die auf natürlichem Weg nicht zu Nachwuchs kommen? Man könnte sich auf den Standpunkt stellen, dass der Wunsch nach einem Kind, so verständlich er sein mag, keinen Rechtsanspruch auf Erfüllung inkludiert, aber diejenigen, die den Wunsch hegen, werden trotzdem Mittel und Wege suchen, um ihn sich zu erfüllen. Darin liegt durchaus ein Gefahrenpotenzial. Leihmutterschaft zum Beispiel degradiert Frauen zu Gefäßen für das heranwachsende Leben, sie ist ihnen mental und körperlich abträglich. Und die Idee fanatischer Fristenlösungsgegner, Frauen sollten mehr oder weniger gezwungen werden, ungewollte Schwangerschaften auszutragen und die Kinder danach zur Adoption freizugeben, ist exzessiv menschenverachtend. Dennoch wird sie immer wieder ins Spiel gebracht.

Diese Gefahren werden allerdings nicht größer, wenn schwule oder lesbische Paare grundsätzlich das Recht bekommen, Kinder zu adoptieren. Leihmutterschaft wird mindestens so sehr von heterosexuellen Kinderlosen in Betracht gezogen wie von homosexuellen, und die Anschläge auf die Fristenlösung kommen aus einem alles andere als schwulenfreundlichen Eck. Es ist also ziemlich unverständlich, dass die Katholische Aktion befürchtet, ausgerechnet ein Adoptionsrecht für Homosexuelle würde der Leihmutterschaft die Tür öffnen.

Bleibt: das Kindeswohl. Ja, das liegt uns allen am Herzen! Trotzdem wird es immer wieder mit Füßen getreten. In, siehe oben, Problemfamilien; bei Sorgerechtstreitigkeiten; von Vätern (oder auch Müttern), die ihre Erstkinder quasi entsorgen, sobald sie eine Zweitfamilie gründen; oder dadurch, dass Menschen mit ihrer Arbeit nicht genug verdienen, um sich und ihre Kinder halbwegs gut über die Runden zu bringen. Warum es vor allem dann gefährdet sein soll, wenn zwei Mütter oder zwei Väter sich liebevoll um ein Kind kümmern statt eines heterosexuellen Paares, erscheint doch etwas merkwürdig.

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