Elfriede Hammerl: Sparprogramm?

Vorsorgeuntersuchungen müssen barrierefrei zugänglich sein. Und wer sich mit der Menopause auskennt.

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Es wurde ja doch zu Recht geunkt: Das neue Brustkrebs-Vorsorgeprogramm hat, wie sich herausstellt, bewirkt, dass im vergangenen Jahr weniger Frauen zur Mammografie gegangen sind als im Jahr davor. Schlecht für die Frauen, gut für die Kassen, denn Röntgenuntersuchungen kosten Geld. Ein durchaus beabsichtigter Einsparungseffekt? Das wird von den Verantwortlichen bestritten. Man habe, im Gegenteil, mehr Frauen als bisher zur Vorsorgeuntersuchung bringen wollen, vor allem jene, die noch nie bei einer Mammografie waren.

Hat aber nicht funktioniert. Warum?

Darum: Bisher konnten Frauen von ihrem Allgemeinmediziner oder ihrer Gynäkologin zur Mammografie überwiesen werden. Jetzt müssen sie auf einen Einladungsbrief des Hauptverbandes der Sozialversicherung warten. Oder eine Hotline anrufen. Oder sich auf einem Webportal einloggen. Das werde, so die Argumentation bei der Einführung des neuen Systems, endlich alle jene motivieren, die sich noch nie haben überweisen lassen. Aber leider, Irrtum – wer nicht zu ÄrztInnen geht, reagiert offenbar schon gar nicht auf Briefe irgendeiner Körperschaft. Und eine Frau, die sich bisher von ihrer Ärztin oder ihrem Arzt überweisen ließ, erwartet, dass das weiterhin so funktioniert, und lässt die Einladung deshalb vermutlich außer Acht.

Es fällt schwer, an ausschließlich lautere Absichten zu glauben, wenn der Zugang zu einer medizinischen Leistung, sagen wir: schwieriger gestaltet wird. Nur die 45- bis 69-Jährigen werden ja überhaupt zur Mammografie eingeladen, alle anderen müssen bei der Hotline oder via Internet vorstellig werden, was gerade für alte Menschen oft eine Hürde darstellt. Nach 70 sei Brustkrebs eh äußerst selten, heißt es. Aber erstens wird das keine Frau über 70 trösten, die daran erkrankt, und zweitens sind die Statistiken dazu keineswegs eindeutig.

Zudem geben auch die Verantwortlichen zu, das neue System solle zu häufige Mammografien verhindern, deswegen werde im Zwei-Jahres-Abstand eingeladen. Das ist insofern verblüffend, als ja lange Zeit verkündet wurde, die verantwortungsvolle Patientin lasse sich womöglich jedes Jahr untersuchen. Aber in Zeiten des Sparens tauchen plötzlich wieder Bedenken wegen der Strahlenbelastung auf, die zuvor als Hirngespinste abgetan wurden.

Bestimmt wird es bald auch eine App geben, die Gedanken an fette Mayonnaise ablesbar macht.

Ja, wir Krankenversicherten kommen uns zunehmend ein bisserl gepflanzt vor. Wenn wir uns als Gesunde untersuchen lassen, kosten wir zu viel Geld, aber sobald wir krank sind, haben wir uns nicht früh genug durchchecken lassen und sollen uns schon wieder schämen, weil wir Geld kosten. Dazu die penetrant propagierte Verpflichtung zu einem gesunden Lebensstil, womöglich elektronisch überwacht und nachgewiesen. Was die technischen Möglichkeiten dazu betrifft, so hat die Realität die Satire bereits überholt. Es gibt mittlerweile Pflaster, die neben Puls und Atmung auch Haltung und Aktivität des Trägers oder der Trägerin aufzeichnen, und Fitness-Tracker, die unter anderem den Körperfettanteil und die Muskelmasse der betreffenden Person berechnen. Bestimmt wird es bald auch eine App geben, die verwerfliche Gedanken an Mayonnaise, Mousse au Chocolat und ein bequemes Sofa ablesbar macht.

Im Ernst, halten wir doch einmal fest: Die Hightech-Medizin ist teuer, keine Frage, und die Krankenkassen sollen verantwortungsvoll wirtschaften. Aber sie sind keine gewinnorientierten Privatversicherungen, mit dem Auftrag, für viel Prämie möglichst wenig Leistung herauszurücken. Deswegen ist es unangebracht und ärgerlich, wenn Versicherten das Gefühl gegeben wird, die Inanspruchnahne von Leistungen sei eine kecke Begehrlichkeit, die es – schon aus erzieherischen Gründen – einzuschränken gilt.

Und es ist doppelt ärgerlich, wenn die Einschränkung auch noch als Reform im Interesse der Eingeschränkten daherkommt.

Zum Schluss drei Mal Themenwechsel:

Eins: Die Österreichische Menopause Gesellschaft lud für den 4. März zu einem Pressefrühstück, um Therapien gegen das Menopausen-Syndrom vorzustellen. Auf dem Podium drei männliche Kapazunder und eine Ärztin. Eh klar: Wer kennt sich am besten mit der weiblichen Menopause aus, wenn nicht Männer? Die Ärztin referierte übrigens zum Thema „Sexy durch den Wechsel“. Da ist doch eine Hitzewallung unvermeidbar.

Zwei: Ö1 strahlte am 7. März, frauentagsbewegt, ein Hörbild über die mühevolle Geschichte studierender Frauen aus. Darin wurde eine Pionierin, die österreichische Ärztin Gabriele Possanner, beharrlich Gabriele PROssanner genannt. So stellen wir uns den ehrenden Umgang mit verdienstvollen Frauen vor.

Drei: Ebenfalls zum Frauentag veröffentlichte „Der Standard“ eine in seinem Auftrag durchgeführte Umfrage des Linzer Market-Instituts. Derzufolge stimmten 69 Prozent der Befragten der Aussage zu, dass Frauen benachteiligt seien (29 Prozent voll und ganz, 40 Prozent weitgehend). Aber 40 Prozent der Männer und 14 Prozent der Frauen fanden, dass die Frauenförderung in Österreich bereits zu weit gegangen ist. Gutes Stimmungsbild. Frauen benachteiligt? Ja, eh. Und? Wurscht.