Budgetrede

Markus Marterbauer: Geschicktes Sparen und gezieltes Investieren

Am Mittwoch stellt der Finanzminister sein Budget für 2024 vor. Er muss Abschwung und Teuerung genauso wie Ungleichheit und Klimakrise bekämpfen.

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Finanzminister Magnus Brunner steht in seiner Budgetrede am 18. Oktober vor der schwierigen Aufgabe, das düstere Bild aufzuhellen, das Österreichs Wirtschaft und Wirtschaftspolitik derzeit abgeben. Wir gehören bei der Inflation wie beim Wirtschaftsabschwung zu den schlechtesten Ländern der EU. Eine „reine Hilflosigkeitserklärung“ der Wirtschaftspolitik nannte Amtsvorgänger Ferdinand Lacina dies jüngst. Die Budgetrede muss erklären, wie kurzfristig Teuerung und Abschwung zu bekämpfen sind, und das mit konkreten Maßnahmen gegen Ungleichheits- und Klimakrise verbinden.

Geschicktes Sparen und gezieltes Investieren machen den Erfolg jeder vernünftigen Budgetpolitik aus. In den letzten Jahren wurden immer neue Subventionsmilliarden und kostspielige Steuerbegünstigungen erfunden, die zu einem guten Teil an jene gingen, die am schnellsten „hier“ gerufen haben: Großbetriebe, Großbauern und obere Einkommensgruppen. Man denke nur an die unnötige Senkung der Körperschaftssteuer, die unverständlichen zusätzlichen Energiehilfen an die Landwirtschaft, abhängig von der Betriebsgröße, oder die eigenartige Form des Ausgleichs der kalten Progression. Damit muss Schluss sein. Der Finanzminister muss das Budget in den Griff bekommen.

Mehr Kontrolle beim Finanzausgleich

Gleichzeitig gilt es, gegen Abschwung und Klimakrise zu investieren. Jetzt, mitten in der Baurezession, ist der richtige Zeitpunkt für ein großes grünes Investitionspaket. Thermische Sanierung, Photovoltaik auf allen öffentlichen Gebäuden, Austausch fossiler Heizsysteme, Rad- und Fußwege, Bahn-, Bus- und Energienetze. Vor allem bei Städten und Gemeinden schlummert ein zig Milliarden schweres grünes Investitionspotenzial, doch es fehlt die gesicherte Finanzierung, die mittelfristige Planung ermöglicht. Gleiches gilt für den sozialen Wohnbau kommunaler und gemeinnütziger Bauträger. Der Bedarf an leistbarem und ökologischem Wohnraum ist vor allem in den Ballungszentren riesig, die Instrumente sind vorhanden, die Finanzierung ist offen. Wo sind die Antworten von Finanz- und Wirtschaftsminister?

Der neue Finanzausgleich sagt Ländern und Gemeinden zusätzlich mehr als zwei Milliarden Euro pro Jahr zu, doch verbindliche Ziele wurden nicht fixiert. Der Finanzminister muss auf ihnen beharren, etwa beim Ausbau sozialer Dienste: Die Menschen brauchen konkret mehr und bessere Kindergärten, Ganztagsschulen, Primärversorgungszentren und mobile Pflegedienste. Unverbindliche Ziele ohne nachweisbare Mittelflüsse in die gesellschaftlich vorrangigen Bereiche sind der Traum mancher Landeshauptleute, die das Geld lieber in Straßenausbau und Blasmusikkapellen stecken.

Für 2023/24 sagt das WIFO einen Anstieg der Zahl der Arbeitslosen um 18.000 auf 281.000 vorher. Gleichzeitig klagen viele Unternehmen über Fachkräftemangel. Das verlangt nach Ausbau, nicht Rückbau der aktiven Arbeitsmarktpolitik: Fachkräfteintensivausbildung für technische und Klimaberufe, für Pflege, Gesundheit und Bildung; Mittel für Qualifizierung und Vermittlung von Beschäftigten mit niedrigen Löhnen auf gute Arbeitsplätze; keine AMS-Vermittlung auf Jobs unter 2000 Euro; Abschaffung manifester Armut unter Arbeitslosen; mehr Personal beim AMS. Der Arbeitsminister hätte so viel zu tun.

Dem Finanzminister obliegt die Finanzierung von besseren Leistungen in Pflege und Gesundheit, Bildung und Qualifizierung, der Bekämpfung der Armut. Er muss sich auf EU-Ebene für gemeinsame Finanzierung einer großen grünen Investitionsoffensive starkmachen, statt die Reform der überholten Fiskalregeln zu blockieren. Zu Hause sollten im Budget 2024 wenigstens drei erste Schritte hin zu einem gerechteren Steuersystem sichtbar werden: Rücknahme der Senkung der Körperschaftssteuer, Einführung einer progressiven Steuer auf große Erbschaften, beherzte Maßnahmen gegen Steuerhinterziehung. Das würde auch Spielraum für die Senkung der Abgaben auf Arbeitseinkommen schaffen. Oder müssen wir ein weiteres Jahr und auf eine neue Regierung warten, um eine Budgetpolitik zu bekommen, die die ökonomischen, sozialen und ökologischen Aufgaben löst?

Zur Person

Markus Marterbauer (58) ist Chefökonom der Arbeiterkammer, Vizepräsident des Fiskalrates und Experte im Budgetausschuss des Nationalrats.