Peter Michael Lingens

Peter Michael Lingens Mit „Mietpreisbremsen“ zu weniger Wohnraum

Mit „Mietpreisbremsen“ zu weniger Wohnraum

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Die Mieten steigen. Keineswegs überall in Österreich, wohl aber in den Großstädten, voran Wien. Der Anstieg ist in keiner Weise auf Österreich beschränkt: Die soziologischen Veränderungen erhöhen weiterhin den Sog des „großstädtischen Lebens“; die Mieter, darunter immer mehr Singles, beanspruchen mehr Quadratmeter pro Person; und die hohe „Zuwanderung“ bedingt einen aktuellen Wohnraum-Mehrbedarf. Die Bereitstellung von Wohnungen, voran deren Neubau, hat mit dieser Entwicklung nicht Schritt gehalten – also sind die Mieten gestiegen.
Es handelt sich um einen der vielen Fälle, in denen der „Markt“ nicht rasch genug reagiert hat. Also wird man – wenn man nicht gerade ein Manchester-Liberaler ist – politisches Handeln einfordern. Das geschieht derzeit allenthalben, nachdem Maria Vassilakou schon vor Monaten eine Mietpreisobergrenze von 7 Euro pro Quadratmeter gefordert hat.

Ich will begründen, warum ich diese verständliche und populäre Forderung dennoch für kontraproduktiv halte, und stütze mich dabei auf die jüngste Studie des angesehenen Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), das nicht vielleicht der CDU oder der FDP nahesteht, sondern derzeit mit dem Vorwurf konfrontiert ist, der SPD zu nahe zu stehen: „Kurzfristig“, so heißt es dort, „können Regulierungsmaßnahmen zu einer aus Sicht der Mieter verbesserten Lage beitragen – langfristig bringen Wohnungsmarktregulierungen jedoch mehr Schaden als Nutzen.“
Das wird in der Folge eingehend begründet, wobei der zentrale Schluss simple wirtschaftliche Logik darstellt: Wenn Vermietung in Zukunft wenig einbringt, sinkt der Anreiz, Mietwohnungen zu errichten und anzubieten.
Es kommt zu einer Verlagerung der Bautätigkeit in Richtung Eigentumswohnungen, an deren Verkauf sich weiterhin verdienen lässt. Zugleich werden auch bisher zur Vermietung angebotene Altbauwohnungen vermehrt verkauft. Gerade den „Sozial Schwachen“, denen geholfen werden soll, wird Wohnungskauf aber noch viel schwerer als Wohnungsmiete fallen. Tendenziell sinkt sogar ihre Chance, eine der „gedeckelten“ Mietwohnungen tatsächlich zu ergattern. Denn je geringer die monatliche Miete, desto mehr werden Vermieter Wohnungen nur an die solventesten Mieter abgeben, weil die wenigstens sicher zahlen. Zugleich kehrt ein Mega-Problem zurück: das Ablöse-Unwesen.

Der historische „Friedenszins/Mieterschutz“ ist das wahrscheinlich beste Beispiel für nachteilige Spätfolgen einer bestens gemeinten, zu ihrer Zeit auch sinnvollen Initiative: In der extremen Notlage nach dem Ersten Weltkrieg setzte die SPÖ in Wien einen maximalen Mietpreis von einem Schilling pro Quadratmeter durch. Das ergab 100 Schilling für eine familientaugliche Wohnung – aber bei Monatsverdiensten von damals durchschnittlich 300 Schilling.

Die SPÖ blieb bei diesem Ein-Schilling-Mietpreis, als die Monatsverdienste um die 3000 Schilling lagen.

Der langfristige Effekt: Auch in Wien boomten Eigentumswohnungen. Für Friedenszins-Wohnungen entstand ein krimineller grauer „Ablöse“-Markt. Vor allem aber verfielen die Häuser, weil sie die Hauseigentümer aus den Mini-Mieten nicht erhalten konnten. Es entstand ein Zig-Milliarden-Schaden an Wiens Haussubstanz.
Nach der Lockerung der Mietgesetze 1967/82 schlugen sich die Sanierungskosten in erhöhten Mieten nieder.

Die Autoren der DIW-Studie suchen angesichts so vieler so offenkundiger Nachteile von Mietpreisbremsen nach dem Motiv politischer Parteien, sie dennoch immer wieder einzuführen und kommen zu folgendem Schluss: „Aus Sicht der Politik haben Mietpreisregulierungen einen großen Vorteil: Sie lassen sich schnell und ohne größere Kosten für die öffentlichen Haushalte einführen und demonstrieren Handlungsfähigkeit gegenüber wichtigen Wählergruppen. Die langfristigen Auswirkungen einer solchen Regulierung können jedoch immens und negativ sein ... “

So muss es aus wirtschaftlicher Logik letztlich zu höheren Mieten kommen: Denn es werden sowohl weniger Wohnungen gebaut wie zur Miete angeboten, weil der Verkauf günstiger ist.

Linke Linke schließen daraus, dass eigentlich auch das Eigentum an Wohnbauten „viel stärker reguliert“ werden sollte. Damit das nicht kommunistisch klingt, führen sie ins Treffen, dass „Grund und Boden“ schließlich „nicht vermehrbar“ sind. Das ist angesichts der Größe des Wiener Beckens reine Demagogie – die Gemeinde selbst zeigt mit der „Seestadt Aspern“ vorbildlich, wie problemlos sich städtischer Wiener Wohnraum schaffen lässt.

Wenn man sämtliche nicht historischen ein- bis zweistöckigen Wiener Häuser aufstockte, ließe sich Wiens Bevölkerung aber selbst auf der vorhandenen Fläche ein zweites Mal unterbringen.
Rechte Linke kehren daher zur Wohnbauförderung zurück: denn nur vermehrter Wohnraum kann Mieten nachhaltig senken.

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