Peter Michael Lingens

Peter Michael Lingens Prölls Moneyka

Prölls Moneyka

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Die jüngsten Ereignisse runden ihr Bild ab: Der ORF untersucht, wie sie ihrem Lebensgefährten Günter Lebisch freihändig zu ORF-Millionenaufträgen verhelfen konnte; das St. Anna Kinderspital trennt sich von ihr, seit seine Leitung weiß, dass sie als ehrenamtliches Vorstandsmitglied der „Kinderkrebsforschung“ Groß- und Daueraufträge an Lebisch vergeben hat.

Das Parlament kann sich nicht von ihr trennen. Der Mann, der täglich ein Taferl „Moneyka go!“ davor hochhält, wird erfrieren. Denn einen lukrativen Job lässt Monika ­Lindner nicht fahren.

Den Boulevard erregt, dass sie zu ihrer horrenden ORF-Pension auch noch ein Abgeordnetengehalt kassiert. Politisch denkende Menschen erregt, dass sie als „wilde Abgeordnete“ im Parlament sitzt, obwohl sie ihre Kandidatur für das Team Stronach zurückgezogen hatte, weil man sie als „Speerspitze“ gegen den ORF, Raiffeisen und das System Pröll einsetzen wollte. Nur weil sie aus technischen Gründen nicht mehr von der Liste gestrichen werden konnte, wurde sie doch gewählt, sagte aber zu, das Mandat zurückzulegen – um es jetzt doch auszuüben: Geld ist Geld.

Mich erregt bloß, dass eine Person dieses Zuschnitts Generaldirektorin des ORF werden konnte. Wie wenig Rückgrat mussten Stiftungsräte haben, die für Lindner stimmten, obwohl jeder wusste, dass sie schon das NÖ-Landesstudio zum Pröll-TV gemacht hatte?

Lindners horrende ORF-Pension passt bloß ins Schema. Als besonders kleiner Staat leisten wir uns in allen wichtigen Funktionen besonders hohe Einkommen: Unser Bundespräsident verdient mehr als Barack Obama; der Kanzler mehr als Angela Merkel; der Gouverneur der Nationalbank das Doppelte des Chefs der FED; und der Chef des ORF eben auch mehr als die Chefs von ZDF oder ARD.

Seine fulminante Pensionsregelung hat Gerd Bacher damit begründet, dass sie für besondere Resistenz gegenüber Parteieneinfluss sorgen würde. De facto hat nach ihm kein einziger ORF-General seine Wiederwahl durch kompromisslose Unabhängigkeit aufs Spiel gesetzt.

Rückgrat ist Charaktersache – es ist eine Illusion, zu glauben, dass man es durch horrende Gehälter und Pensionen stärken kann, man zieht nur Menschen an, denen Geld über alles geht.

Monika Lindner brachte für ihren Aufstieg dazu auch noch Ehrgeiz und RTL-fähigen Geschmack mit: Für die von ihr entwickelte Vorabend-Sendung „Willkommen Österreich“ erhielt sie eine „Romy“. Dass sie bis an die Spitze des ORF gelangte, dankt sie freilich typischer Politik: Wie Bruno ­Kreisky das ORF-Gesetz seinerzeit zu Gunsten einer sicheren roten Mehrheit änderte, änderte es Wolfgang Schüssel 2001 zu Gunsten einer sicheren schwarz-blauen Mehrheit, die Monika Lindner 2002 zur Generaldirektorin kürte.
Dass sie dabei ihrem gemäßigt schwarzen Vorgänger ­Gerhard Weis vorgezogen wurde, dankte sie unter anderem ihrer politischen Einstellung zwischen ÖVP und apolitisch rechts (von FPÖ bis Stronach). Vor allem aber dankt sie es einer Grundhaltung Erwin Prölls: Ihm bedingungslos zu huldigen, hält er für höchste fachliche wie menschliche Qualifikation.

Das hat durchaus auch Meriten: Wie weiland die Fürsten des Landes holt er hervorragende Künstler an seinen Hof. Die Förderung, die er Niederösterreichs Theatern angedeihen lässt, sucht ihresgleichen. Das Musikfestival Grafenegg subventionierte er in wenigen Jahren bis in die Weltspitze. Aber es hat auch Schattenseiten: Unabhängige Männer haben keinen Platz neben Fürsten. Eher schon Hofdamen: Ihnen anderswo zu höchsten Würden zu verhelfen, mehrt des Fürsten Ansehen. So bedachte Pröll bekanntlich auch ­Maria Fekter und Johanna Mikl-Leitner mit hohen Ämtern. Der ÖVP überließ er den farblosen Michael Spindelegger, der sich „Persönlichkeit“ (etwa die eines dynamischen Wahlkämpfers) allenfalls kurzfristig anschminken kann.

Doch aus Prölls Stall kam auch Ernst Strasser, der – wie Lindner – durchaus Eigenpersönlichkeit besitzt: die eines gnadenlosen Karrieristen, dem (der) völlig egal ist, wer ihm (ihr) Schützenhilfe beim Weg nach oben leistet. Wobei oben unzweifelhaft dort ist, wo sich das meiste Geld verdienen lässt.

Bei Monika Lindner paarte sich dieses Streben nach oben idealerweise mit der Fähigkeit zur Huldigung des Fürsten und dessen Bereitschaft, sich huldigen zu lassen: Dass ihr NÖ-Landesstudio ihn als besten Landeshauptmann ­aller Zeiten feierte, schien Pröll nicht Schmeichelei, sondern journalistische Objektivität.

Die bewies unter Lindner bald das gesamte Unternehmen: Ein von ihr eingesetzter Über-Chefredakteur erfasste sofort, dass Schwarz-Blau auch die beste Regierung aller Zeiten stellt. Zwar stand der ORF der führenden Regierungspartei zu allen Zeiten etwas näher – aber so nah wie unter Lindner stand er ihr nie.

Dass Armin Wolf das unter Standing Ovations seiner Kollegen öffentlich kritisierte, leitete 2006 unerwartet ihren Sturz ein: Diesmal kürte eine Koalition aus SPÖ, Grünen und BZÖ Alexander Wrabetz.

Und dem ist immerhin zugute zu halten: So relativ fern wie unter seiner Führung ist der ORF der Regierung allenfalls in der Ära Bacher gestanden.

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