Rainer Nikowitz: Der Wiedergänger

HC Strache gibt diese Woche seine Rückkehr in die Politik bekannt – in seiner traditionellen Aschermittwochsrede.

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Liebä Froindä, ich bin sehr glücklich, dass ich hier und heute zu euch sprechen darf. Und ja, ich weiß: Ihr erst! Weil, wenn dieses Land auf etwas gewartet hat, dann ja wohl darauf, dass ich mich ihm endlich wieder in gewohnter Selbstlosigkeit zur Verfügung stelle. Ich habe den Ruf vernommen, liebä Froindä, er schallt so mächtig zwischen Alberner Hafen und Hauptkläranlage Simmering, dass ich mich ihm nicht weiter verschließen kann und will. Und darum stehe ich euch heute hier und sage voller Stolz: Er ist wieder da!

Ihr wisst, die vergangenen Monate waren nicht einfach für mich. Ich war zwar immer schon hauptberuflich Opfer – darauf war ja schließlich meine gesamte politische Karriere aufgebaut –, aber so was von Jude von heute war ich vorher noch nie. Ich musste die größte Rufmord- und Sudelkampagne der Zweiten Republik über mich ergehen lassen – wenn nicht sogar des Dritten Reichs! Ein vollkommen Unbescholtener wurde mit Tonnen von Dreck beworfen. Und dabei war doch früher in ähnlichen Konstellationen immer ich der aktive Teil! Ich habe das gelebt, liebä Froindä! Und ihr habt mich dafür geliebt – natürlich völlig zu Recht, wie ich jetzt trotz all meiner natürlichen Bescheidenheit schon einmal anmerken darf. Oder vielleicht auch zwei, drei Mal, denn ich weiß ja, ihr könnt davon genauso wenig genug bekommen wie ich.

Lasst uns noch einmal kurz über dieses illegale, mit einem extrem hohen, an Al Capone oder Herbert Kickl erinnernden Maß an krimineller Energie hergestellte, aber nichtsdestotrotz völlig harmlose Urlaubsvideo sprechen. Das von dieser Insel, ihr wisst schon, die, deren Name uns allen mittlerweile schon längst wieder glücklich entfallen ist. Was bitte hab ich da getan?

Ein vollkommen Unbescholtener wurde mit Tonnen von Dreck beworfen.

Gesoffen, getschickt und eine Blondine angebraten, von der ich selbst nach reiflichster Überlegung einfach annehmen musste, dass sie voll auf meine Schweißflecken abfährt. Und sonst? Hab ich unser Wasser verkauft? Nein. Die Donau rinnt immer noch. Hab ich die Medienlandschaft orbanisiert? Nein. Ich hab nur den Kurz auf Ideen gebracht. Hab ich freundliche Zuwendungen von Industriellen an meine Partei über nur auf dem Papier existierende Vereine am Rechnungshof und an der Öffentlichkeit vorbeigeschleust? Ups! Streicht’s bitte den letzten Satz, der ist irgendwie noch von der Rohfassung dieser Rede durchgerutscht … Also jedenfalls: Rein gar nichts hab ich gemacht! Mich lächerlich, meinen manche mir übelmeinende Kommentatoren. Aber selbst wenn – na und? Da bin ich nun wirklich völlig schmerzbefreit. Weil, was hab ich denn bitte die 20 Jahre vorher getan? Und auf einmal soll das falsch sein? Verstehe einer die Welt.

Am schmerzhaftesten war aber natürlich, dass sich nach der sattsam bekannten Jagdgesellschaft auch meine eigene Partei gegen mich gewandt hat. Dabei war ich doch diese Partei! Was erlaubt sich dieser Kickl? Nur, weil ich angeblich zu viele Spesen verrechnet habe? Das ist doch wohl ein Witz! Einmal Taxi fahren da, eine Einladung zum Kaffee dort. Da sind in nullkommanix 10.000 Euro beinander. Wer kennt das nicht? Und ich lebe wirklich bescheiden, ich bin ja schließlich einer von euch. Erinnert ihr euch noch an das Leiberl, das ich in diesem illegal angefertigten, aber nichtsdestotrotz völlig harmlosen Urlaubsvideo angehabt hab? Das trag ich immer noch! Obwohl es mir in der Zwischenzeit noch weniger passt. Ich mein, ich war ja in den letzten Monaten viel zu Haus und manchmal durchaus ein wenig deprimiert. Da greift man schon einmal zu Chips und Schoki, wenn man sich die Nachmittagstalkshows reinzieht. Man ist ja – auch wenn viele Indizien auf etwas anderes hindeuten – schließlich auch nur ein Mensch. Gerade das macht mich ja auch so ungeheuer sympathisch.

Aber der sogenannten FPÖ ist es ja ohnehin nicht gut bekommen, dass sie mir das Messer in den Rücken gerammt hat. Da braucht man sich nur das Wahlergebnis anschauen, das diese Schneebrunzer eingefahren haben. Kaum bin ich weg, folgt auch schon der Absturz! Weder der Dackelblick vom Hofer Lumpi hat was genützt noch das Rottweiler-Knurren vom Kickl Rambo. Da kann man nur sagen: Hunde, wollt ihr ewig leben? Noch dazu mit einem Kandidaten in Wien, bei dem schon sein Name zeigt, wofür er steht? Das war jetzt ein ziemlich eleganter Wortwitz, oder? Ich kann das nämlich auch ohne den Kickl, keine Sorge.

Liebä Froindä, dieses Land braucht einen Neuanfang! Und ich stehe dafür, dass der auch gelebt wird. Noch mehr Schamlosigkeit, noch mehr Hirnlosigkeit, noch mehr völlig offen zur Schau getragene Unanständigkeit. All das kriegt ihr von mir – weil ihr wollt es ja nicht anders! Und am Wahlabend wird eines klar sein: Heute gehört mir Wien – und morgen die ganze Welt! So und jetzt muss ich leider aufhören, es ist Zeit für meine Medikamente. Weil, wenn ich die nicht nehm, red ich manchmal ein bissel einen Blödsinn. Prost!

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort