Rainer Nikowitz: Prinzenrollen

HC Strache will nicht mehr. Also muss jemand anderer versuchen, den Sessel des Wiener Bürgermeisters für die FPÖ zu erobern.

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Zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit wird HC Strache bei der nächsten Wiener Wahl nicht eisern das Ziel verfolgen, Bürgermeister zu werden. Möglicherweise hängt das damit zusammen, dass er die – sich aufgrund der Wiedererstarkung der Wiener ÖVP abzeichnende – blaue Niederlage ganz gerne jemand anderem in seiner Partei überlassen möchte. Wer aber nun aus den Reihen der FPÖ zum Sturm auf Wien ansetzt, ist noch offen. Als Favoriten gelten Johann Gudenus und Vizebürgermeister Dominik Nepp.

Während sich Erstgenannter bemüht, turnusmäßig mit ganz besonders blauen Wortmeldungen an seinem Ruhm zu feilen, hat Letztgenannter noch nicht allzu tiefe Spuren im kollektiven Gedächtnis hinterlassen. Dem Vernehmen nach engagierte er sich bisher vor allem in der Selbsthilfegruppe zur Ächtung von Namenswitzen. Der Volksmund kann grausam sein. Also hat man das besser erledigt, bevor man zum Beispiel Finanzstadtrat wird.

Aber nachdem gerade die FPÖ eine Partei ist, die sich der direkten Demokratie verschrieben hat, wäre es eigentlich naheliegend, den Auswahlprozess etwas offener zu gestalten, ähnlich wie vor Kurzem die Wiener Grünen. An qualifizierten und engagierten Kandidaten wird es keinesfalls mangeln; einige scharren dem Vernehmen nach schon jetzt in den Startlöchern. An der Gerüchtebörse hoch gehandelt wird etwa Wolf-Hagen Vymyslyckopil, ein 34-jähriger, nach eigenen Angaben aus einem bis ins 12. Jahrhundert zurückreichenden deutschen Adelsgeschlecht stammender Waffenstudent. Er sieht in der Bildungspolitik und hier vor allem in der Sprache den Schlüssel zu besserer Integration. Er fordert Deutschpflicht nicht nur in Schulpausen, sondern auch in Sandkisten, Brutkästen, Schweigeorden und Hundezonen.

Den Finger in eine der größten Wunden, die Rot-Grün in Wien geschlagen hat, möchte René Unterrummler legen: die Verkehrspolitik. Die Forderungen des dynamischen SUV-Fahrers konzentrieren sich vorerst auf die zentralen Versäumnisse: Inländerspur auf der Tangente; Neugestaltung der Parkraumbewirtschaftung nach dem nun wirklich logischen Prinzip, dass immer ein Parkplatz vor der Tür frei ist. Und schließlich: Begegnungszonen ja – aber ein 70er ist dort locker drin.

Gudenus und Nepp können sich warm anziehen.

Weiters hat sich mit „LongDong Donald ein Mann ins Spiel gebracht, der sich mit seinen Kommentaren zum Politgeschehen auf Facebook eine große Zahl von Likes im kritischen FPÖ-Milieu erarbeitete. Wie schon sein Web-Name andeutet, möchte er das Amt ähnlich wie Donald Trump anlegen, also via Twitter regieren – allerdings im Unterschied zu seinem Vorbild anonym. Er will dies keinesfalls als Feigheit verstanden wissen, sondern vielmehr als Ausdruck seiner Bescheidenheit. Donald würde auch auf eine Dienstwohnung verzichten. Mehr noch: Dem Steuerzahler entstünden überhaupt keine Kosten, weil die Mama nach seiner Scheidung nicht auch noch Miete für das Kabinett verlangen wollte.

Im freiheitlichen Wirtschaftsverband macht gerade ein Mann Furore, dem darob durchaus höhere Weihen zugetraut werden. Adolf Brimsenberger hat sich zum Vertreter der kleinen Gewerbetreibenden aufgeschwungen, seit er selbst mit seinem Schnitzelsemmelstand vor der Moschee bei der Donauinsel schuldlos in die Pleite getrieben wurde. Sein Wahlslogan wird mit „Kauft nicht bei …“ anfangen. Den Rest überprüft gerade die FPÖ-interne Historikerkommission daraufhin, ob sich eventuell wieder irgendwer künstlich darüber aufregen könnte.

Die öffentliche Sicherheit ist das Fachgebiet von Ewald Resnicek, der aufgrund seiner steilen Karriere im Unterhaltungsgastronomietürenschutzbusiness weiß, was es bedeutet, als gesetzestreuer Bürger in diesem Dschungel überleben zu müssen. „Zero Tolerance“ hat bei ihm eindeutig ein Minus zu wenig vorne. Aber Resnicek verweist auch auf seine sanfte Seite. So tollt er in der kargen Freizeit am liebsten mit seinen beiden Bullmastiff-Rüden „Harald & Herbert“ auf Kinderspielplätzen herum – oder kuschelt gemütlich mit seiner Python „Thor“.

Als Vertreter der älteren Generation tritt schließlich Heinz Schweißrandler an. Er will dafür sorgen, dass die Diskriminierung von Pensionisten wie ihm, der kürzlich nach einem arbeitsreichen Leben als Vertreter für Schrebergarten-Selbstschussanlagen 57-jährig in den wohlverdienten Ruhestand getreten ist, endlich ein Ende hat – auch wenn sie vielleicht einmal mit dem Luftdruckgewehr aus dem Fenster schießen, weil der Nachbar wieder so laut ist. Er fordert freien Eintritt für Pensionisten in Kleintiermessen, Foltermuseen und Saunaclubs. Sein Kabinett stünde auch schon fest: seine Tennisrunde – weil die hat für jedes Problem der Welt immer sofort eine einfache Lösung.

Wer sich am Ende auch immer von den Genannten als wirklich aussichtsreich herauskristallisieren mag – eines kann jedenfalls jetzt schon mit Sicherheit gesagt werden: Angesichts dieser Konkurrenz können sich selbst Kapazunder wie Gudenus und Nepp warm anziehen.

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort