Robert Buchacher

Robert Buchacher Wir müssen Südkorea werden!

Wir müssen Südkorea werden!

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Längst müssten in Österreich alle Alarmglocken läuten: Das Land liegt in seiner Wohlstandsentwicklung weit hinter der Schweiz, der weltweiten Nummer eins als Wirtschaftsstandort. Österreich ist auf Platz 18 zurückgefallen. Es gibt kaum noch einen Parameter, in dem sich unser Land mit dem kleineren Nachbarn messen kann (schon gar nicht im Fußball): Nachdem uns jahrelang die PISA-Studien auf den Kopf gefallen sind, ohne dass sich an der Qualität unserer Schulen etwas geändert hätte, sind jetzt die heimischen Universitäten laut internationalen Bewertungen weiter abgerutscht, die Universität Wien von Platz 132 auf Platz 195. Die Uni Innsbruck verdankt ihren Platz 187 als beste österreichische Universität wohl in erster Linie ihren herausragenden Physikern. Aber davon abgesehen, wird man Österreich in der Rangliste der 200 besten Universitäten der Welt vergeblich suchen – wir liegen hinter der Türkei. Beschämend für das siebtreichste Land der Erde, das einst große Erfinder, Wissenschafter und Nobelpreisträger hervorgebracht hat.

Wir geben für unsere Schulen mehr aus als vergleichbare Länder, aber die Lehrer haben keinen Arbeitsplatz, um ihren Computer abzustellen. Unterrichtet wird vielfach noch wie vor 50 Jahren – es hat sich praktisch nichts geändert. Manches hat sich noch verschlimmert: Unsere Studenten arbeiten unter teils prekäreren Zuständen als ihre Väter in den fünfziger und sechziger Jahren. Weil die Studentenzahlen stetig steigen, aber das den Universitäten zugestandene Budget nicht gleichermaßen wächst, verschlechtert sich das Betreuungsverhältnis immer mehr. Merkt jemand, dass wir mit der Dauermisere im Bildungswesen dabei sind, die Zukunft des Landes zu verspielen?

Wer noch nicht begriffen hat, dass der Wohlstand eines Landes direkt von seinen Investitionen in Bildung und Forschung abhängt, sollte sich bei Wolfgang Lutz erkundigen, einem Forscher des Internationalen Instituts für angewandte Systemanalysen (IIASA) in Laxenburg, Chef des Instituts für Demografie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften sowie Wittgenstein-Preisträger 2010. Laut Lutz ist jeder in Bildung investierte Euro besser angelegt als irgendeine ­andere Investition.

Beispiele gefällig? Finnland war einst das Armenhaus ­Europas, das Land besaß außer Holz keine Rohstoffe. Heute ist es eines der reichsten (Hightech-)Länder der EU. „Newsweek“ sieht Finnland in den Bereichen Wirtschaft, Bildung, Politik und Lebensqualität auf Platz eins der Weltrangliste. Das Geheimnis: massive Investitionen in Bildung. Südkorea war das Armenhaus Asiens, ehe es massiv in Bildung investierte. Heute ist Südkorea eine wohlhabende Industrienation mit 50 Prozent Maturanten (Österreich: 33 Prozent). Und, wenig überraschend: Sowohl Finnland wie auch Südkorea – im Übrigen auch die Türkei und das einst bettelarme Irland – verfügen über Universitäten unter den Top 100.

Aber wie lässt sich Österreichs Bildungssituation ändern? Gefordert sind Österreichs Eliten, die ein deutlicheres Commitment für mehr Forschung und Bildung zeigen müssten. Gefordert ist ein neuer Typus von Politiker ohne die übliche todlangweilige Leier, die leicht durchschaubar darauf abzielt, nur Erwartungshaltungen zu bedienen. Ein Typus mit spür­barem Engagement für die Sache und für das Land, der sich auch nicht scheut, unbequeme Wahrheiten zu sagen.

Die Unterhauswahlen in Großbritannien und die Parlamentswahlen in den Niederlanden haben gezeigt, dass dieser Politikertypus selbst mit Sparprogrammen Wahlen ­gewinnen kann. Die Menschen müssen nur spüren, dass er es ehrlich meint und den besseren Weg für das Land zeigt. ­Gefordert ist ein Politikertypus, der imstande ist, den Menschen anhand einfacher alltäglicher Beispiele zu erklären, warum Bildung und Forschung für alle gewinnbringend sind.

Am ehesten verkörpern diesen Politikertyp noch ÖVP-Wissenschaftsministerin Beatrix Karl und SPÖ-Unterrichtsministerin Claudia Schmied. Sie wollen in diesem Land etwas zum Positiven verändern, aber dazu benötigen sie engagierte Mitstreiter – auch über Parteigrenzen hinweg. Der Politologe Anton Pelinka, bekanntermaßen kein ÖVP-Parteigänger, kritisierte kürzlich in der Österreich-Ausgabe des Hamburger Wochenblatts „Die Zeit“ die Haltung der SPÖ, die durch ihre Nichtunterstützung für Karl auch Nichtunterstützung für Schmied provoziere.

Gefordert sind Rektoren, die für Exzellenz kämpfen und nicht für Hausberufungen von Professoren aus der zweiten Reihe. Gefordert ist auch mehr Kreativität bei der Finanzierung der Universitäten. So könnte die Regierung besondere Anreize für Spenden an Universitäten schaffen: beispielsweise durch die Verdoppelung des jeweiligen Betrags durch den Finanz­minister oder die Benennung von Instituten nach Spendern. Und ein deutlich verbessertes Stipendiensystem würde alle „Argumente“ gegen Studiengebühren als das entlarven, was sie sind: nämlich hohle Ideologie, die irgendwann auf dem Misthaufen der Geschichte landen wird.