Robert Treichler

Robert Treichler Daddy Cool

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Es ist kein Wunschkind. Als Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek vergangene Woche gemeinsam mit Justizministerin Beatrix Karl das neue Familienrechtspaket präsentierte, sprach sie zwar tapfer von einem „Meilenstein“, doch es ist einer, den sie selbst nie wollte. Heinisch-Hosek hat einen jahrelangen Abwehrkampf gegen das geführt, was man mit der Chiffre „mehr Väterrechte“ bezeichnet – und schließlich verloren.

Die Ausgangslage in einem – besonders umstrittenen – Punkt war simpel: Unverheiratete Väter konnten bisher die Obsorge für ihr Kind nicht beantragen, wenn die Kindesmutter dagegen war. Das bedeutete, ein Vater konnte seinen Wunsch nicht einmal vorbringen, um etwa einen Richter entscheiden zu lassen, ob dies gut oder schlecht für das Kind sei. Keine Zustimmung der Mutter, kein Antrag. Es musste jedem einleuchten, dass eine solche Regelung dem Diskriminierungsverbot und dem Menschenrecht auf Familienleben widerspricht.

Dennoch sah Heinisch-Hosek im August 2010 „keinen Reformbedarf“ im Obsorgerecht. Etwas später machte sie einen „Partnerschaftsvertrag“, der zwischen Unverheirateten unter anderem Unterhaltspflichten begründen sollte, zur Voraussetzung für eine Gesetzesänderung. Im März 2011 sprach sie sich dafür aus, ledigen Vätern erst nach zwei Jahren ab Geburt des Kindes ein Antragsrecht auf Obsorge einzuräumen.

Zu diesem Zeitpunkt hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bereits festgestellt, dass unverheiratete Väter durch österreichisches Recht diskriminiert werden. Auch in Österreich lief ein Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof, um die Obsorgeregelung zu kippen. Heinisch-Hosek ließ im Namen der Bundesregierung beantragen, die Klage abzuweisen.

Interessant daran war die Argumentation der Frauenministerin, wiedergegeben – und abgelehnt – im Urteil des Gerichts: Zwischen Vätern ehelicher und Vätern unehelicher ­Kinder bestünden „rechtliche und faktische Unterschiede“, die eine „gesetzliche Differenzierung rechtfertigen“ würden. Ein unverheirateter Vater gebe nämlich durch die Anerkennung der Vaterschaft „noch keine Erklärung darüber ab, ob er auch zur Übernahme der Obsorge bereit sei“. Im Ehevertrag hingegen werde der Wille der Eheleute festgehalten, „Kinder zu zeugen und sie zu erziehen“.

Ein verheirateter Vater ist ein besserer Vater? Wenn das eine feministische Position sein soll, dann hat nicht Simone de Beauvoir die Patenschaft für die Frauenbewegung, sondern doch eher Prälat Ignaz Seipel.

Wie konnte angesichts dieser ideologischen Verwechslungskomödie ein vernünftiger Gesetzesvorschlag entstehen?

Die ökonomisch, politisch, gesellschaftlich mächtigste Gruppierung – jene der Männer – musste um ihre Rechte als Väter kämpfen und fand sich plötzlich in einer ungewohnten Position wieder: unverstanden und alleingelassen. Nicht einmal die Grünen, deren Engagement für Menschenrechte üblicherweise untadelig ist, wollten sich für Rechte starkmachen, die Männern eingeräumt werden sollten.

So landeten viele hilfesuchende Väter unter Aufbietung enormer eigener Blödheit bei rechten Gruppierungen, denen das Thema gut in ihr antifeministisches Weltbild passte. Das wiederum gab Frauenpolitikerinnen die Gelegenheit, den Begriff „Väterrechte“ listig mit dem Siegel „rechtsradikal“ zu versehen, ohne erklären zu müssen, was an dem Wunsch nach Gleichstellung vor dem Familiengericht nun tatsächlich rechtsradikal sein soll.

Letztlich gab es für die Väter nur eine Rettung: die Anti-Diskriminierungs-Paragrafen europäischer und nationaler Gesetzgebung, die historisch dem Kampf der Frauen für Gleichberechtigung zu verdanken sind. Ein Treppenwitz, dass auch die Männer einmal erfahren mussten, wie es sich anfühlt, rechtlos im Abseits zu stehen.

Aber was sagt die jahrelange Schlacht gegen Väterrechte über die aktuelle Frauenbewegung aus? Letztlich musste die Frauenministerin zwar einsehen, dass all die kniffligen Kriterien, die sie sich für Väter ausgedacht hatte, vor dem Verfassungsgericht nicht halten würden, doch als Ministerin, deren Agenden „Frauenangelegenheiten und Gleichstellung“ umfassen, scheint sie ein prinzipielles ideologisches Problem zu haben: Sie pfeift im Zweifelsfall auf Gleichstellung und betreibt lieber Klientelpolitik für Frauen. Das mag angesichts faktischer Benachteiligungen von Frauen nicht unsympathisch wirken, dennoch ist es Unfug. Man darf nicht Väter benachteiligen, weil in den Aufsichtsräten fast nur Männer sitzen.

Einen Vorteil wenigstens hat das Familienrechtspaket als jüngstes Baby der Regierungskoalition aus Sicht der Frauenbewegung: Es hat zwei Mütter und keinen Vater.

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