Abschiebung für Kinder: „Hab keine Angst, Neues zu entdecken!“
In den USA spitzt sich der Konflikt um die massenhaften Abschiebungen von mutmaßlich illegal Zugewanderten immer weiter zu, in Los Angeles brachte Präsident Trump deshalb sogar die Armee gegen die eigene Bevölkerung in Stellung.
In Europa ist die Migrationsdebatte derzeit weniger akut, was nicht bedeutet, dass gerade weniger Menschen abgeschoben würden. Laut der Jahresbilanz des Innenministeriums wurden im Vorjahr insgesamt 13.307 Personen aus Österreich abgeschoben – ein Höchstwert seit Bestehen des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA). Bei etwas mehr als der Hälfte dieser Abschiebungen handelte es sich um sogenannte freiwillige Ausreisen, wobei die Freiwilligkeit wohl im deutlich überwiegenden Teil der Fälle zumindest strittig ist.
Und hier kommt nun die EU-Grenzschutzagentur Frontex ins Spiel, die unter anderem auch für Abschiebungen, Rückführungen und freiwillige Ausreisen aus Europa zuständig ist – und die zu dem Zweck auch einen „Leitfaden zur Rückkehr“ für von Abschiebung Betroffene zusammengestellt hat (auf den die Plattform "Netzpolitik" kürzlich hingewiesen hat).
Die einigermaßen atemberaubende Broschüre liegt in mehreren Sprachen und jeweils auch in einer „Fassung für Kinder“ vor, die einer Zielgruppe von 6- bis 11-Jährigen das Abschiebeprocedere in Form eines Heile-Welt-Comics näherbringt: „Für Dich und Deine Familie ist es im Moment nicht möglich, in diesem Land zu bleiben und hier zu leben. Auch wenn Du lieber hierbleiben möchtest, geht das im Moment leider nicht.“
In der Broschüre wird auch Verständnis gezeigt für möglicherweise auftretende Sorgen und Ängste („Alle diese Gefühle sind normal“); die Kinder werden auch auf eventuelle Unannehmlichkeiten vorbereitet: „Bevor Du mit Deiner Familie in Dein Heimatland zurückkehrst, bleibst Du möglicherweise zusammen mit anderen Familien, die auf ihre Abreise warten, in einer Einrichtung. (…) Möglicherweise darfst Du die Einrichtung verlassen, vielleicht aber auch nicht.“
Selbst der Abschiebe-Flug wird als kindgerechtes Abenteuer inszeniert: „Ein kleiner Bus bringt Dich und Deine Familie zum Flughafen. (…) Möglicherweise fahren eine oder mehrere Begleitpersonen im Bus mit. Diese Begleitpersonen tragen vielleicht eine besondere Weste. (…) Welche Farbe wird die Weste wohl haben?“
Auch schwierige Themen werden angesprochen („Möglicherweise siehst Du jemanden mit Handschellen. So sind er und die anderen sicher.“), gute Tipps mitgegeben: „Du solltest Spielzeug, ein Buch oder Spiele im Handgepäck mitnehmen, damit Dir auf dem Flug nicht langweilig wird.“
Zum Schluss gibt es noch wohlwollende Worte mit ins neue Leben: „Im Land Deiner Familie wirst Du viel erleben und kennenlernen, das neu und ganz anders ist (…) Neues kennenzulernen ist immer aufregend, darum hab keine Angst, Neues zu entdecken – vielleicht nette neue Lehrer, nette neue Freundinnen und Freunde oder leckere neue Süßigkeiten.“
Fragt sich eigentlich nur, warum die EU-Agentur nicht auch noch ein aufmunterndes Motto dazugestellt hat, vielleicht in der Art von: „Frontex – Abschiebung with a smile.“
Wobei, hat sie eh: „Niemand weiß, was die Zukunft bringt, aber eines ist sicher: Du selbst gestaltest Deine Zukunft.“