Morgenpost

Kann die SPÖ womöglich doch Wahlen organisieren?

Die steirische SPÖ legt einen genauen Fahrplan für die Direktwahl ihrer Spitze vor. Im Bund beginnt man gerade mit den Vorbereitungen für eine Statutenänderung - trotz Skepsis aus Wien.

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Es ist eine gewagte These, aber stellen wir sie einmal in den Raum: Die SPÖ kann es also doch - eine Direktwahl ihrer Parteispitze organisieren. In den kommenden Monaten wird sich die Annahme bestätigen oder widerlegen lassen. Der steirische Landesparteichef, Anton Lang, stellt sich nämlich der Wiederwahl - unter allen Mitgliedern, womöglich auch mit Konkurrenz und einer Stichwahl. Landesgeschäftsführer Florian Seifter teilte bei der Präsentation des Wahlmodus noch eine kleine Spitze gegen seinen früheren Amtskollegen im Bund, Christian Deutsch, aus: „Bei uns ist das nicht nur ein Stimmungsbild.“

Tatsächlich fragt man sich, warum die steirische SPÖ Anfang Juli einen klaren Fahrplan für die Vorsitzwahl hat, die Bundespartei aber ihren Kurs ab März aber mehrmals änderte. Dabei klingt die steirische Vorgangsweise nicht so kompliziert: Bis Ende des Monats können sich alle Interessierte bewerben. Dann haben sie viereinhalb Wochen Zeit, um Unterstützungserklärungen zu sammeln. Die Unterschriften müssen von mindestens fünf Prozent der wahlberechtigten Mitglieder und jeweils zu 15 Prozent aus drei unterschiedlichen steirischen Regionen stammen. Nur wer vom Landesparteivorstand nominiert wird - wie in dem Fall Parteichef Lang - muss das Prozedere nicht durchmachen. Wenn im September alle Kandidatinnen und Kandidaten feststehen, können sie sich auf neun Veranstaltungen präsentieren. Gibt es mehr als drei Bewerbungen, findet eine Stichwahl unter allen Mitgliedern statt. Gewählt wird übrigens nur online - nicht technikaffine Mitglieder können einen mobilen Wahlservice nutzen oder in SPÖ-Zentralen kommen. Spätestens am Landesparteitag im Jänner wird das Ergebnis präsentiert. Damit ist die Personalfrage vor der Landtagswahl geklärt, die vermutlich im Herbst 2024 stattfindet.

Anton Lang, steirischer SPÖ-Chef

Wenn es nach dem neuen SPÖ-Chef Andreas Babler geht, soll auch im Bund künftig eine Direktwahl stattfinden. Das Problem ist nur: Schon jetzt gibt es erste Zwischenrufe. Bürgermeister Michael Ludwig sagte zuletzt zur „Presse“: „Wir haben mehrfach in der Wiener Landespartei über diesen Punkt diskutiert, und wir sind mehrheitlich der Meinung, dass es Sinn macht, dass man das repräsentative System beibehält.“

Dabei soll schon beim nächsten Parteitag im Herbst die Direktwahl beschlossen werden. Bundesgeschäftsführerin Sandra Breiteneder hofft trotzdem auf eine offene Diskussion“, bei der man sich am Ende auf mehr Mitbestimmung einigen kann. Der Parteivorstand soll in den nächsten Wochen in einer Sitzung die Vorgangsweise beschließen. Wir schauen uns gerade Best-Practice-Modelle in den Bundesländern an“, sagt sie zu profil. Neben der Steiermark wählen auch in Oberösterreich die Mitglieder ihre Parteispitze. Danach könnte eine Statuten-Reformkommission die schwierige Aufgabe bekommen, alle Bundesländer mit einem neuen Statut zufriedenzustellen.

Die steirische SPÖ wollte übrigens schon am Bundesparteitag im Jahr 2021 eine Statutenänderung durchsetzen, damit die Parteispitze direkt gewählt wird. Über den Antrag konnte allerdings nicht mehr abgestimmt werden - es waren zu wenig Delegierte anwesend. Mehr als die Hälfte hatte den Parteitag schon verlassen, bevor er offiziell vorbei war.

Iris Bonavida

Iris Bonavida

ist seit September 2022 als Innenpolitik-Redakteurin bei profil. Davor war sie bei der Tageszeitung "Die Presse" tätig.