Die zerstörte Hafenstadt Darna in Libyen
Morgenpost

Die Toten von Libyen und der Klimawandel: Nach uns die Sintflut?

Was passiert, wenn die Klimakatastrophe auf zerrüttete politische Strukturen trifft.

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Die Meldungen und Bilder aus Libyen lassen einen sprachlos zurück. „Wir erwarten eine sehr hohe Zahl von Opfern. Ausgehend von den zerstörten Bezirken in der Stadt Darna können es 18.000 bis 20.000 Tote sein“, sagte der Bürgermeister der zerstörten Hafenstadt. Der Sturm „Daniel“ hatte am Sonntag das vom Bürgerkrieg gebeutelte Land erfasst. Nahe der Küstenstadt brachen zwei Dämme, ganze Viertel wurden ins Meer gespült.

Erschwert wird die humanitäre Situation von der politischen Pattsituation in dem Land: In Libyen, das von Flüchtlingen und Migranten oft als Ausgangsort für die Überfahrt nach Europa genutzt wird, kämpfen zwei verfeindete Regierungen um die Macht; zahlreiche Konfliktparteien ringen um Einfluss, seit Diktator Muammar al-Gaddafi 2011 gestürzt wurde. Ob die aktuelle Katastrophe für eine Befriedung sorgen wird? Man sollte nicht darauf wetten.

„Wir waren viel, viel zu sorglos“

Der deutsche Klimaforscher und Meteorologe Mojib Latif sieht eine Verbindung zwischen den schweren Unwettern im Mittelmeerraum (die auch in Griechenland, Bulgarien und der Türkei gewütet haben) und dem Klimawandel. Dafür würden die “extremen Niederschläge in ganz, ganz kurzer Zeit” sprechen. Und: "Ich glaube, wir waren viel zu sorglos, was den Klimawandel angeht. Ich denke, das ändert sich gerade, dass wir erkennen, Klimawandel bedeutet nicht einfach nur höhere Temperaturen, sondern bedeutet vor allem extremeres Wetter, mehr Schadenspotenzial und vor allen Dingen auch eine gigantische Herausforderung für die Menschen im Sinne der Gesundheit", sagte der 68-Jährige kürzlich dem Bayerischen Rundfunk.

„Meine Zukunft geht in Flammen auf“

Wenn es einem in Tagen wie diesen die Sprache verschlägt, dann sollte man zumindest zuhören. Kaum ein Podcast-Format bringt die aktuelle Weltlage so gut auf den Punkt wie “Tauwetter”, der Klima-Podcast von Christina Hiptmayr und Franziska Dzugan. Meine Kolleginnen aus Wirtschafts- und Wissenschaftsressort sprechen diese Woche mit dem Berliner Journalisten Raphael Thelen, der seinen Job schmiss, um Klimaaktivist bei der Letzten Generation zu werden. Seine Motivation, sich den Klimaklebern anzuschließen, fasst Thelen so zusammen: „Meine Zukunft geht in Flammen auf. Ich hätte gerne Kinder, aber ich habe Angst, welche in diese Welt zu setzen.“

P.S. Diesen Freitag ruft die Klimabewegung Fridays For Future zu einem weiteren internationalen Klimastreik auf. Auch in Österreich rechnen die Organisator:innen wieder mit regem Zuspruch (die Termine finden Sie hier) und fordern ÖVP-Kanzler Karl Nehammer dazu auf, einen „nationalen Klimakatastrophengipfel“ einzuberufen: „Der Klimakatastrophen-Sommer verlangt einen Herbst, auf den ernsthaftes klimapolitisches Anpacken folgen muss“, so Organisatorin Klara König. 

 

Einen schönen Freitag wünscht Ihnen

Philip Dulle

 

Philip Dulle

Philip Dulle

1983 in Kärnten geboren. Studium der Politikwissenschaft in Wien. Seit 2009 Redakteur bei profil. Hat ein Herz für Podcasts, Popkultur und Basketball.