Unter Kickl und Kassegger (r.) florierte das Bildungsinstitut.
Identitäre

Die rechtsextremen Referenten des FPÖ-Bildungsinstituts

Das blaue Bildungsinstitut bildet mit breitem Programm den Nachwuchs der Partei aus. Zuletzt auch mit Hilfe von Rechtsextremen.

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Fünf Jahre lang war Herbert Kickl Präsident des Freiheitlichen Bildungsinstitut, Abkürzung: FBI. Als er im Sommer 2021 Parteichef wurde, übergab er den ehrenamtlichen Posten an Axel Kassegger. Der Steirer ist viel beschäftigt, im Nationalrat außenpolitischer- und Wissenschaftssprecher, in Graz Stadtparteiobmann. Fragen von profil wollte er statt in einem Interview lieber schriftlich beantworten.

Aufschwung unter Kickl

Dabei gäbe es viel zu besprechen. Unter der Schirmherrschaft von Kickl und Kassegger hat sich beim FBI viel getan. Wer sich auf der Website des Instituts umsieht, merkt, dass es unter den Bildungsorganisationen aller Parlamentsparteien die mit Abstand aktivste ist. Im Tagesrhythmus trudeln Berichte von Veranstaltungen ein. 42 Vorträge fanden allein zum Thema „Blackout“ statt. Eine Spezialität sind die sechs hauseigenen Akademien. Sie seien Ausdruck der zunehmenden Professionalisierung des FBI, erklärt Kassegger.

2013 wurde die erste gegründet. „Junge Akademie“ heißt sie und richtet sich an Nachwuchsfunktionäre der Partei. Seit 2019 sind fünf weitere dazugekommen. Es geht um Medienpolitik oder Europa. Gespräche mit führenden FPÖ-Politikern wie Salzburgs FPÖ-Chefin Marlene Svazek und dem Welser Bürgermeister Andreas Rabl gehören genauso dazu wie Reisen ins EU-Parlament. Alles nicht verwunderlich. Angesichts der Regierungsambitionen der Freiheitlichen heißt es, qualifiziertes Personal auszubilden. Kassegger lässt wissen, dass Parteichef Kickl besonders die Ausbildung junger Funktionäre ein Anliegen sei.

Kulturkampf von rechts

Brandneu ist die sechste Akademie im FBI: Sie startete Ende März und widmet sich dem Konzept der Metapolitik. Darunter versteht man eine Vorstellung von Politik, die sich nicht nur auf politische Institutionen bezieht, sondern vor allem auf „vorpolitische“ Bereiche wie Kunst, Medien und Alltagskultur. Wolle man politische Macht erlangen, könne man sich nicht nur auf Wahlkämpfe fokussieren, besagt der Begriff. Stattdessen müsse man den Menschen niederschwelligere Angebote machen. Ein Beispiel für Metapolitik stellt der Umstand dar, dass im Umfeld der rechtsextremen „Identitären Bewegung“ ein Kulturzentrum in Oberösterreich entstanden ist. Dort kann man nicht nur Vorträge besuchen, sondern auch an Darts-Turnieren und Kampfsporttrainings teilnehmen. Das Politikverständnis geht auf den Publizisten Alain de Benoist zurück, der ab den 1960er-Jahren versuchte, die radikale Rechte Frankreichs vom Mief der Nazi-Kollaboration zu befreien.

Die Referentenliste der „Metapolitik-Akademie“ hat es in sich: Ein Referent war der Wiener Martin Semlitsch, der als Vordenker der „Identitären Bewegung“ in Erscheinung trat, die Anfang der 2010er- Jahre mit hippem Aktionismus auf sich aufmerksam machte. Für den Verfassungsschutz ist die österreichische „Identitäre Bewegung“ rechtsextrem, mit dem Gründer, Martin Sellner, schrieb Semlitsch im Vorjahr ein Buch unter dem Titel „Bevölkerungsaustausch und Great Reset“. Vorträge in der Akademie hielten außerdem Benedikt Kaiser und Erik Lehnert. Kaiser und Semlitsch treten regelmäßig beim deutschen Institut für Staatspolitik (IfS) auf, Lehnert ist dessen Leiter.

Keine Kollaboration

Das IfS wird vom deutschen Verfassungsschutz seit April als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft, und gilt als Schnittstelle zwischen rechtsrechter Intelligenzija und der Alternative für Deutschland. 2015 erschien im Antaios-Verlag des IfS ein Nachschlagewerk zur Metapolitik. An der Programmerstellung war die Akademie nicht beteiligt, erklärt Kassegger.

Dass die Beziehung zwischen FPÖ und „Identitärer Bewegung“ sogar in deren Bildungsarbeit hineinreicht, ist Merkmal einer neuen Beziehung. 2019 sagte FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker noch, Aktivitäten bei der Partei und den Identitären seien unvereinbar. Der Kurswechsel folgte unter Kickl, der sie als rechte NGO adelte. Auch Kassegger sieht im Refereat von Semlitsch nichts Anstößiges: „Als Autor und Intellektueller konnte er hier einige spannende Aspekte beleuchten.“ Die Rückmeldungen seien sehr gut gewesen. Das dritte Modul der „Metapolitik-Akademie“ findet Mitte September statt. Man darf gespannt sein, wer dort vorträgt.

Moritz Ablinger

Moritz Ablinger

ist seit Mai 2023 Redakteur im Österreich Ressort. Schreibt gerne über Abgründe, spielt gerne Schach und schaut gerne Fußball. Davor beim ballesterer.