"Bundesheer ist nicht reformierbar"

Friedhelm Frischenschlager: "Bundesheer ist nicht reformierbar"

Interview. Friedhelm Frischenschlager über die Sparpläne Gerald Klugs und das Beamten-Heer

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Interview: Otmar Lahodynsky

profil: Rund 70 Prozent des Heeresbudgets fressen Personalkosten auf. Wie kam es dazu?
Frischenschlager: Das ist ein altes Leiden. Seit Jahrzehnten hat keine Reform des Dienstrechtes stattgefunden. Das führte dazu, dass die Leute immer älter im Dienst werden.

profil: Das Durchschnittsalter liegt bei 45 Jahren.
Frischenschlager: Es gibt eine unglaublich starke Stellung der Personalvertretung und der Gewerkschaft beim Dienstbetrieb und bei der Personaleinstellung. Die Parteipolitisierung des Bundesheeres hat schon unter Verteidigungsminister Georg Prader (ÖVP) in den 1960er-Jahren begonnen. Und bis heute ist eine Personalreform de facto nicht möglich gewesen. Sogar aus den Zeitsoldaten wurden von den Personalvertretern nach Möglichkeit Lebenszeitbeamte gemacht. Daher kam es zu diesem riesigen „Beamten“-Heer mit Versetzungsschutz. Wir bekamen immer mehr Häuptlinge und sehr wenig Indianer.

profil: Wer ist an der Misere im Bundesheer schuld?
Frischenschlager: Es ist eine Sternstunde der Sicherheitspolitik vorbeigegangen, als die SPÖ aus welchen Motiven immer an der Wehrpflicht rüttelte. Die ÖVP war früher genau auf dieser Linie. Mein schwerer Vorwurf an die Adresse der ÖVP: Dieser Reflex der ÖVP, nur weil es von den Roten kommt, muss sie gleich dagegen sein, war fatal. Letztlich haben sie die Beibehaltung der Wehrpflicht ausgerechnet mit dem Wehrersatzdienst propagandistisch argumentiert. Und Spindelegger und Khol hatten noch vor ein paar Wochen die Dreistheit, dem Bundesheer mangelnde Reformkonzepte vorzuwerfen. Zu einem Zeitpunkt, als der ÖVP-Finanzminister massive Heeresbudgetkürzungen abpresste und dabei auf die im Sommer 2013 rasch vor den Wahlen im Nationalrat fast unbemerkt beschlossene Sicherheitsstrategie „vergessen“ hat. Das die Aufgaben des Bundesheeres präzisierende Teilheft, wofür beide Regierungsparteien verantwortlich sind, fehlt noch immer.

profil: Was sollte jetzt passieren?
Frischenschlager: Es muss Schluss sein mit dieser Scheindebatte. Das jetzige Heer ist unter diesen Bedingungen nicht reformierbar, schon gar nicht unter den finanziellen Vorgaben. Sogar mehr Geld nützt da herzlich wenig, weil wir die Ressourcen in Fehlstrukturen investieren. Wir können nicht aus 20.000 Sechs-Monate-Grundwehrdienern Soldaten machen, die modernen Ansprüchen genügen. Zuerst müsste man klären, was die Aufgaben für ein Bundesheer im 21. Jahrhundert sind. Wir haben das Pferd falsch aufgezäumt. Auch eine Miliz, die nicht vom Gesetz her zu Übungen verpflichtet wird, macht keinen Sinn.

profil: Die Miliz soll nun verstärkt zum Schutz der kritischen Infrastruktur eingesetzt werden.
Frischenschlager: Auch hier wäre vorher zu klären: Was soll da womit wovor geschützt werden, glaubwürdig? Sollen kurzzeit-ausgebildete Soldaten bei Wasserleitungen, Kraftwerken oder Verwaltungseinrichtungen aufgepflanzt werden gegen einen heute höchst professionellen Terrorismus? Mit zusätzlichen zwölf Kompanien zu den bestehenden dünnen zehn Milizbataillonen, aus Freiwilligen? Das ist ja lächerlich. Wenn das ernst gemeint sein soll, dann brauchte es gigantische personelle und materielle Ressourcen, die schon für die bestehenden Milizreste nicht bereitgestellt werden.