Jörg Haider: „Reder hat seine Pflicht getan“
Mir fällt schon die Begrüßung schwer: Sagt man hier im braunen Winkel Österreichs noch „Grüß Gott!“ oder begrüßt man Sie, Herr Landesrat, hier in Deutsch-Kärnten schon mit „Heil Reder!“ oder „Sieg Heil!“?
Haider
Was soll ich mit dieser Frage?
Sitz’ ich noch jenem Jörg Haider gegenüber, der mir vor Jahren erklärte, ein ehemaliger SS-Mann hätte nichts an der Spitze einer demokratischen Partei zu suchen, einem Haider, den Bruno Kreisky einen „echten Liberalen“ nannte, oder sitzt mir die Reinkarnation eines HJ-Rotzbuben des Jahres 1938 gegenüber?
Haider
Es sitzt Ihnen derselbe Jörg Haider gegenüber, den Sie vor vielen Jahren kennengelernt haben, der den Mut hat, aus seiner persönlichen Liberalität heraus politische Sachverhalte zu analysieren, die Dinge beim Namen zu nennen, die andere Politiker zwar am Biertisch diskutieren, sich aber öffentlich nicht zu sagen getrauen.
Sie bezeichnen allen Ernstes den Empfang eines Kriegsverbrechers durch ein Mitglied der Bundesregierung als „vorbildlich“. Vorbild für wen – für Österreichs Jugend? Ein Vorbild in der Welt, für die Art, wie unser Land seine grauenhafte Vergangenheit bewältigt?
Haider
Ich habe „vorbildlich“ im wahrsten Sinne des Wortes gemeint, weil es eine Reihe von Politikern, einschließlich Ministern, gegeben hat, die Kriegsgefangene an der Grenze übernommen haben. Ich denke daran, daß 1952 General Windisch, der in Jugoslawien zum Tode verurteilt worden war, vom ÖVP-Staatssekretär und späteren Verteidigungsminister Ferdinand Graf in Empfang genommen wurde. Damals waren auch Vertreter der Landesregierung dabei. Es gibt Fälle, bei denen SPÖ-Innenminister Helmer als Empfangschef fungierte. Und darauf habe ich Bezug genommen.
Sie nennen Reder einen Kriegsgefangenen. Wer ist Kriegsverbrecher, wenn nicht der wegen Kriegsverbrechen verurteilte SS-Sturmbannführer Walter Reder?
Haider
Ich halte. mich an die Genfer Konvention und daran, was ich im Gerichtsurteil von Bari über Walter Reder lese. Ich kann auch nicht annehmen, daß die Spitzenvertreter der Republik Österreich für einen Verbrecher interveniert haben.
Auf-Reders Befehl wurden unbewaffnete Frauen und Kinder ermordet. Wie definieren denn Sie Kriegsverbrechen?
Haider
Kriegsverbrechen sind für mich Verstöße gegen die Kriegsgesetze.
Hat Reder gegen Kriegsgesetze verstoßen?
Haider
Das untersuche ich nicht.
Ist Reder für Sie Opfer eines Justizirrtums?
Haider
Auch das will ich nicht untersuchen.
Gibt es – Adolf Hitler, Eichmann, Mengele eingeschlossen – für Sie vielleicht überhaupt keine NS-Verbrecher?
Haider
Reder hat als: Soldat seine Pflicht getan und ist meiner Meinung nach nicht mit jenen Verbrechen zu vergleichen, die während des NS-Regimes auf Grund politischer Aktivitäten passiert sind.
Welche NS-Verbrecher und Verbrechen fallen Ihnen ein?
Haider
Darüber denke ich nicht nach.
Weshalb?
Haider
Weil ich gar. keinen Grund habe, mich mit den grauenhaften Vorgängen der damaligen Zeit auseinanderzusetzen.
Sollte das nicht jeder tun, schon gar jeder Politiker, der in der aktuellen Reder-Diskussion seinen Mund aufmacht?
Haider
Ich bin engagierter Demokrat und Feind jedweder Diktatur. Ich habe die Vergangenheit längst bewältigt.
So wie einer Ihrer Parteifreunde, der nach einem: Besuch im KZ Auschwitz erklärte: „Alles Propaganda!“
Haider
Ich glaube, daß man historische Fakten nicht ignorieren kann.
Was sind die historischen Fakten, die Sie nicht ignorieren wollen?
Haider
Daß es sicher Konzentrationslager gegeben hat und daß man diese Dinge nicht ignorieren darf.
Und was ist dort geschehen?
Haider
Die bekannten Vergehen gegen die Menschenrechte.
In welcher Form?
Haider
Indem man Menschen nicht nur ermordet: hat, sondern auch unter unzumutbaren Bedingungen gefangen gehalten hat.
Wie viele Menschen wurden auf welche Weise umgebracht?
Haider
Da gibt es sehr viele unterschiedliche Behauptungen und sehr viele verschiedene Zahlen. Ich glaube nicht, daß es auf die Zahlen ankommt.
An welche Zahlen denken Sie jetzt?
Haider
An Zahlen, die in die Millionenhöhe gehen.
profi
Weshalb haben die Nazis Millionen ermordet?
Haider
Weil sie nicht mit dem politischen System übereinstimmten.
Rechnen auch Sie, wie manche Ihrer Parteifreunde, Dresden gegen Auschwitz auf?
Haider
Ich glaube, daß man solche Gräueltaten überhaupt nicht miteinander aufrechnen soll.
Zwischen den Greueln von Auschwitz und Dresden machen Sie keinen Unterschied?
Haider
In beiden Fällen waren Menschen Opfer einer falschen Politik.
Persönlicher gefragt: War es rückblickend eine Fehlentscheidung Ihres Vaters; sich, wie Walter Reder zur sogenannten Österreichischen Legion zu melden? Wäre es richtig gewesen, wenigstens im Nachhinein und in Kenntnis der ungeheuerlichen NS-Verbrechen Reue zu zeigen?
Haider
: Man muß die Entscheidung der damaligen jungen Generation verstehen, daß sie ohne Existenzgrundlage in Österreich nach einer besseren Zukunft Ausschau hielt.
Ich rede von der Zeit nach 1945, als Österreich dank des NS-Regimes in Schutt und Asche lag, viele auch keine Existenzgrundlage hatten, aber ihren Eintritt in die NSDAP oder SS bereuten. Ihr Vater nicht?
Haider
Mein Vater hat immer einen korrekten Standpunkt eingenommen. Er war immer Soldat, der viel mitgemacht hat. Aber er hat auch am Aufbau der Zweiten Republik teilgenommen, wie alle Staatsbürger und Demokraten. Im ist nichts vorzuwerfen.
Hat er seine seinerzeitige Fehlentscheidung je bereut?
Haider
Das müssen Sie ihn selbst fragen.
profi
Haben Sie nie mit ihm darüber geredet? Wie schätzen Sie ihn ein?
Haider
Ich glaube, daß er den Anschluß an die Zukunft gefunden hat.
Inwiefern?
Haider
Daß er sich in der neuen Republik so orientiert hat, daß er ein wertvolles Mitglied der Gesellschaft geworden ist.
Vater und Sohn Haider sind durch historische Erfahrungen immun gegen faschistische Ideologie?
Haider
Sonst wäre ich nicht engagierter Demokrat.
Ist es Ihrer Meinung nach ein ungebührliches Verlangen, von den Söhnen der Täter und NS-Mitläufer auch heute noch Trauerarbeit zu erwarten?
Haider
Ich glaube, daß die Generation, der ich angehöre, halt andere Gesichtspunkte und Probleme hat, mit denen sie sich auseinandersetzen muß.
Warum engagieren Sie sich dann im Fall Frischenschlager politisch im genau entgegengesetzten Sinn?
Haider
Ich halte mich nur an die Beschlüsse und Vereinbarungen meiner Partei. Und ich habe mich nur deshalb wieder zu Wort gemeldet, weil Frischenschlager Erklärungen abgegeben hat, die meiner Meinung nach nicht notwendig waren.
Welcher Teufel hat Sie geritten, dem Fall Frischenschlager neue Aktualität zum Schaden des Landes zu verschaffen, indem Sie seine Entschuldigung einer israelischen Zeitung gegenüber kritisieren?
Haider
Mich hat gestört, daß Frischenschlager etwas, was er zunächst richtig formuliert hat, nach einer Woche umgedreht hat. Plötzlich nannte Frischenschlager für uns alle überraschend Reder einen Kriegsverbrecher. „Was gilt jetzt“, haben mich meine Kärntner Freunde gefragt und mit der Zurücklegung ihrer Mandate gedroht.
Aber dieses Wort steht doch auch in der von Heinz Fischer verfaßten Entschuldigungserklärung Frischenschlagers an Sinowatz.
Haider
Dort ist nur von „Verbrechen im Krieg“ die Rede. Reder wird aber nicht als Kriegsverbrecher bezeichnet.
Erläutern Sie mir bitte den fundamentalen Unterschied zwischen Kriegsverbrecher und Verbrechen im Krieg.
Haider
Das ist eine unterschiedliche Rechtsposition gemäß Genfer Konvention. Außerdem widerspricht die Bezeichnung „Kriegsverbrecher“ dem von der FPÖ gefaßten Beschluss. Ich habe Frischenschlager, den ich ja zunächst verteidigte, deshalb kritisiert, weil er ausgerechnet jene, die ihm die Stange gehalten haben, solcherart desavouierte. Das lassen wir uns nicht gefallen.
Ihren Ärger hat doch auch erregt, daß sich Frischenschlager in einem Interview beim israelischen Volk für seine abenteuerliche Reder-Aktion entschuldigte. Was würde denn ein Dr. Haider einem jungen Israeli über die Schuld der Väter und die Dummheit des Kameraden Frischenschlager erzählen?
Haider
Ich glaube, daß man von den Versuchen, mit der Kollektivschuld-These zu operieren, Abstand nehmen sollte.
Ich wollte eigentlich nicht hören, wovon man Abstand nehmen sollte, sondern was Sie sagen würden.
Haider
Für mich hat es eine Ära gegeben, in der es zu kriegerischen Auseinandersetzungen gekommen ist, in die unsere Väter verwickelt waren. Und gleichzeitig hat es im Rahmen des NS-Regimes Vorgänge gegeben, die nicht zu akzeptieren sind. An denen waren aber keine Familienmitglieder von mir beteiligt.
Höre ich richtig: „Vorgänge.“ Was nennen Sie Vorgänge?
Haider
Na ja, es waren Aktivitäten und Maßnahmen gegen Bevölkerungsgruppen, die eklatante Verstöße gegen die Menschenrechte waren.
Haben Sie Schwierigkeiten, von Vergasungen und Massenmord zu sprechen?
Haider
Wenn Sie so wollen, dann war es halt Massenmord.
Würden Sie das auch so bezeichnen?
Haider
Es ist ja nachgewiesen, daß es so was gegeben hat.
Was?
Haider
Massenmord.
Alle reden vom Haider. Der Bundeskanzler versucht Schaden von seiner Koalition abzuwenden und nennt Sie einen nicht ernst zu nehmenden Provinzpolitiker. Lob kommt vom NDP-Führer Burger, ich zitiere wörtlich: „Dieser liberale Hosenscheißer Frischenschlager muß endlich weg und mit ihm sein Oberspezi Steger. Haider hat die Zustimmung aller Nationalen.“ Freuen Sie sich über diesen Applaus aus der rechtsextremen Ecke?
Haider
Ich habe von niemandem Applaus notwendig, wenn man eine anständige Position bezieht.
Ist Frischenschlager ein Hosenscheißer?
Haider (lacht)
Er ist Verteidigungsminister und Mitglied der FPÖ...
Und in dieser konkreten Situation ist er was?
Haider
Das, was ich gesagt habe.
Wie bezeichnen Sie einen FPÖ-Politiker, der einer jüdischen Zeitung dieses Interview gibt?
Haider
Ich werde mich erst überzeugen, ob es wahr ist, daß Frischenschlager falsch zitiert wurde. Dann werde ich reden.
Frischenschlagers „Entschuldigungsgetue“ ist laut Burger „widerlich und peinlich“. Für Sie auch?
Haider
Für uns war’s nicht im Sinne dessen, was unsere Position ist. Daher haben wir uns zu Wort gemeldet.
Was ist Ihre Position?
Haider
Frischenschlager hätte dieses Interview nicht geben sollen, weil jetzt der Eindruck entsteht, daß er sich unnötigerweise jetzt überall entschuldigen muß.
Brächten Sie es übers Herz, einer israelischen Zeitung gegenüber Reue zu zeigen wegen der Verbrechen zwischen 1938 und 1945?
Haider
Ich bin gegen kollektive Vorwürfe. Aber alles, was historische Tatsachen sind, hat man anzuerkennen.
Gefühllos?
Haider
Das hat mit Gefühllosigkeit nichts zu tun.
Sie fühlen nichts?
Haider
Ich habe bei allen Gräueltaten Gefühle.
Welche?
Haider
Gefühle, daß hier also fürchterliche Dinge passiert sind, die man besser durch positive Maßnahmen in Zukunft verhindern soll.
Abscheu?
Haider
Ich habe gegenüber jeder Diktatur Abscheu.
profi
War die NS-Diktatur eine wie jede andere?
Haider
Ich glaube, daß man graduelle Unterschiede bei totalitären Systemen nicht machen soll. Sie sind insgesamt abzulehnen.
profi
Die Naziherrschafi hat sich durch nichts von anderen Diktaturen unterschieden?
Haider
Es ist nicht meine Aufgabe zu prüfen, ob Diktaturen anderswo humaner sind.
Die NS-Diktatur war die inhumanste?
Haider
Diese Wertung haben Sie vorgenommen. Ich werte nicht.
Wenn Sie solche Schwierigkeiten bei der Aufarbeitung der Vergangenheit haben, dann werden wohl die recht haben, die Sie eine „Gefahr für die Demokratie“ nennen.
Haider
Ich habe keinerlei Schwierigkeiten. Daß ich eine Gefahr für die Demokratie bin, das ist einfach lächerlich.
profi
Wenn das wirklich so absurd wäre, dann müßten Sie doch nicht um Ihre Reputation so fürchten und Norbert Steger zu Hilfe rufen.
Haider
Das ist ein anderer Beweggrund. Ich glaube, daß eine anständige Partei nicht feig schweigend zuschauen kann, wie einer der Ihren schwerstens diffamiert wird.
Mir werden Sie doch nicht einreden wollen, daß das arme, schüchterne, ausdrucks- und verteidigungsunfähige Hascherl Haider seinen ansonsten liebsten Reibebaum Steger braucht, um vor gerechtfertigten Vorwürfen in Schutz genommen zu werden. Sie haben doch Nebenabsichten.
Haider
Die FPÖ muß endlich klarstellen, daß ihre Führungskräfte in ihrer demokratischen Haltung unbestritten und unzweifelhaft sind. Ich will eine Klarstellung – auch von der SPÖ – daß in der FPÖ keine Menschen am Werk sind, die Antidemokraten sind.
profi
Es genügt Ihnen nicht, wenn Sie heute Norbert Burger und morgen schon die ganze „Deutsche National- und Soldatenzeitung“ in Schutz nimmt?
Haider
Danach hatte ich nie ein Bedürfnis. Ein Mindestmaß an Genugtuung habe ich ja: Der Vizekanzler hat Mittwoch abend festgestellt, daß die sozialistischen Vorwürfe gegen mich aus der Luft gegriffen sind.
profi
Mich interessieren Ihre wahren Motive für Ihre jüngsten Ausritte.
Haider (schweigt)
Lesen Sie Ihren Namen so gern in der Zeitung?
Haider
Das hab’ ich mir schon abgewöhnt.
Ist es blanker lokalpolitischer Opportunismus, der das Handeln des Kärntner FPÖ-Führers bestimmt?
Haider
Das sagen meine politischen Gegner.
Ist es der Versuch, einen günstigen Anlaß zur Zusammenführung des nationalen Lagers zu nützen? Wollen Sie wirklich eine neue Partei gründen und Sieger mit einem unscheinbaren Fähnlein weniger aufrechter Liberaler zurücklassen?
Haider
Vor Stegers Erklärung habe ich damit gedroht – das ist richtig. Jetzt habe ich wieder Platz in der FPÖ.
Der Betrug, daß mit nationalen Stimmen liberale Politik gemacht wird, muß endlich aufhören“, sagte FPÖ-Kenner Norbert Burger. Sind Sie seiner Meinung?
Haider
Keineswegs. Es wird mit freiheitlichen Stimmen freiheitliche Politik gemacht, mit der ich nicht immer zufrieden bin. Aber das habe ich immer wieder zum Ausdruck gebracht.
profi
Machen Sie mit Ihren ständigen Attacken den Versuch, die unfähige Koalitionsregierung Sinowatz/Sieger zu sprengen?
Haider
Keineswegs. Man soll nur die Meinung, die sich die Partei im Fall Frischenschlager gebildet hat, ungeachtet der Proteste der SPÖ, nach außen hin weiter vertreten.
Wollen Sie statt Steger Vizekanzler werden, und glauben Sie, daß Sie Sinowatz akzeptieren könnte?
Haider
Ich habe in Kärnten noch eine große Aufgabe. Was Sinowatz von mir denkt, ist mir nicht so wichtig.
Oder ist Ihr einziges Motiv das: Sie fühlen sich als Erbe vorgestriger Ideologie.
Haider
Das behaupten nur Sie.
Lesen Sie keine Zeitungen?
Haider
Die veröffentlichte Meinung ist nicht öffentliche Meinung.
Cap, Tieber und Konecny sind spät, aber doch zur Auffassung gelangt, daß „die Haider-FPO nicht mehr koalitionsfähig" sei. Mit einer solchen Partei als Partner dürfe sich die SPÖ nicht weiter schmutzig machen. SPÖ-Zentralsekretär Schieder fordert, daß die FPÖ mit Haider selbst fertig werden muß. Das heißt doch wohl, daß ein Verfahren gegen Sie wegen parteischädigender Äußerungen bevorsteht.
Haider
Ich verstehe nicht warum. Ich habe nur gesagt und in Erinnerung gerufen, was die Partei einhellig beschlossen hat.
Glauben Sie denn wirklich, daß Norbert Steger noch loyal hinter Ihnen steht und nicht bald dem Druck des Koalitionspartners nachgeben wird?
Haider
In entscheidenden Situationen steht Steger sicher absolut loyal zu mir.
So loyal halt, wie Sie Steger gegenüber sind.
Haider
Wenn Steger was ist, dann ist er loyal. Stegers Stellungnahme war zwar nicht gerade herzlich, aber sie hat inhaltlich getroffen.
Getroffen oder betroffen gemacht?
Haider
Beides. Für mich ist deutlich geworden, daß es eine gewisse menschliche Kluft zwischen Steger und mir gibt. Andererseits hat er aber als Bundesparteiobmann doch klargestellt, daß die sehr brutalen Vorwürfe von SPÖ und OVP gegen mich nicht zutreffen.
Was hätten Sie denn gemacht, wenn es zu dieser eher matten Ehrenrettung des Herrn Haider durch den Herrn Steger nicht gekommen wäre?
Haider
Die Möglichkeit, mich aus der Politik ins Privatleben zurückzuziehen, habe ich immer. Von der Gründung einer neuen Partei habe ich nur für den Fall geredet, daß viele meiner Freunde dafür sind.
Otto Scrinzi und Norbert Burger sind sicher dafür.
Haider
Ich glaube, man sollte Scrinzi und Burger nicht in einen Topf werfen.
Wenn die SPÖ nicht vollends ihr Gesicht verlieren will, dann muß sie ein FPÖ-Parteiverfahren gegen Sie durchsetzen. Würden Sie sich einem solchen Verfahren stellen oder noch vorher Ihren Austritt aus der FPÖ verkünden?
Haider
Ich würde mich selbstverständlich stellen. Ich stelle mich jeder Herausforderung. So wie der Nenning würde ich jedenfalls in kein Parteigericht gehen – mit einer vorbereiteten schriftlichen Entschuldigung.
Welche Hoffnungen setzen Sie denn in Ihre Kameraden Turek, Schender, Stix, Eigentler, die Ihnen ja bis zuletzt die Stange gehalten haben?
Haider
Es gibt noch wesentlich mehr, die treu hinter mir stehen.
Das würde heißen, daß die stärksten FPÖ-Landesorganisationen für Haider zum Kampf entschlossen sind. In der „AZ“ wird blauäugig vermutet, Sie seien nur der Anführer einer verschwindenden Minderheit in der FPÖ.
Haider
Es ist die Aufgabe der „AZ“, die Wirkungsweise des Kärntner FPÖ-Obmannes zu minimieren, mit dem Ergebnis, daß sie sich bisher immer getäuscht hat.
Der „hochgradige Hitlerjunge“ und Kärtner SPÖ-Landeshauptmann Leopold Wagner hat nichts gegen Ihren Weiterverleib in der Landesregierung einzuwenden?
Haider
Ich habe keinerlei Grund, daran zu zweifeln, daß ich mich auch jetzt noch der Wertschätzung des Herrn Landeshauptmannes erfreuen kann.
profi
Aber Kollege Lackner beschreibt doch im sozialistischen Zentralorgan, was inzwischen auch ein Sinowatz, ein Kreisky und ein Wagner erkannt haben müßten: „Dieses Theater muß – das sind die Freiheitlichen nicht nur dem Koalitionspartner, sondern dem ganzen Land schuldig – ein Ende finden. Steger muß reinen Tisch machen. Sonst ist die FPÖ kein Koalitionspartner mehr, sondern ein Flohzirkus.“ Die Sozialisten wollen sich von Ihnen nicht mehr beißen lassen. Ist das das Ende des rot-blauen Experiments – zum Wohle Österreichs?
Haider
Mit Sicherheit nicht. Ich habe von Steger gehört, was ich hören wollte. Und Kanzler Sinowatz hat keine Alternative.
Eine Demutsgeste wird Ihnen noch abverlangt. Sie haben sich laut FPÖ-Generalsekretär Grabher-Meyer bei Frischenschlager zu entschuldigen.
Haider
Ich wüßte nicht wofür.
Wenn Sie nicht gehen müssen, dann wird wohl der Bundesparteiobmann Konsequenzen ziehen müssen. Stellt sich nicht bald die Steger-Nachfolgefrage?
Haider
Kein Kommentar.
profi
Wie viele FPÖ-Landesgruppen sind mit Steger noch zufrieden?
Haider
Kein Kommentar.
profi
Aber über die Stimmungslage in Kärnten müßten Sie doch Bescheid wissen.
Haider
Sie ist bekannt Steger-kritisch.
Haben Sie vom Kärntner FPÖ-Präsidium irgendwelche Botschaften für den FPÖ-Bundesparteivorstand am Dienstag dieser Woche mitbekommen?
Haider
Darüber rede ich erst am Faschingdienstag.
profi
Reder weilt angeblich im Haider-Land. Wollen Sie ihm nicht, um Österreichs Imagewerbung im Ausland noch zu verstärken, einen entsprechenden Empfang samt vorbildlichem Handschlag vor TV-Kamera bereiten? Wie komm ein Kriegsverbrecher dazu, nur von einem Verteidigungsminister herzlich willkommen geheißen zu werden? Für Sie wurde im Kärntner Wahlkampf mit dem Slogan geworben: „Er traut sich was, der Jörg.“ Traut er sich das?
Haider
Ich habe keine diesbezüglichen Absichten. Aber ich hätte mich getraut, mein Vermögen darauf zu wetten, daß Bruno Kreisky, wäre er heute noch Bundeskanzler, Reder empfangen hätte. Und wäre Reder nicht in Graz, sondern in Salzburg gelandet, dann könnten Sie sicher sein, daß Landeshauptmann Haslauer zur Begrüßung bereitgestanden wäre.
Jörg Haider gilt derzeit als der Paradenationale der FPÖ. Zusammen mit Leuten wie Horst. Schender, Klaus Turek, Gerulf Stix, Hermann Eigentler oder Hermann Eigruber repräsentiert er die (nicht mehr) schweigende Mehrheit dieser Partei.
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