#profil50

Jörgs World: Haider und das profil

Kein anderer Politiker schaffte es öfter auf das profil-Cover als der frühere FPÖ-Chef.

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Der Vorwurf, profil sei ein "Haider-Macher", ist so alt wie das erste Haider-Cover. Es erschien im Herbst 1986. Titel: "Jörg Haider - eine Karriere"; über der Oberlippe des neuen FPÖ-Chefs der Schatten eines Bärtchens. Etwa 50 Mal hoben wir den langjährigen Obmann und Kärntner Landeshauptmann auf die profil-Titelseite. Haiders Wahlkampf-Leiter Gernot Rumpold meinte einmal, jedes profil-Cover habe der FPÖ mehr Stimmen gebracht. Haider selbst verhöhnte Journalisten als "meine erbittertsten Gegner, die in Wahrheit meine größten Förderer" seien. Das Dilemma war unauflösbar: Titelgeschichten über Haider verschafften seinen Ausfällen noch mehr öffentliche Aufmerksamkeit. Diese zu ignorieren, hätte aber jedem journalistischen Standard widersprochen. Wobei die Grundthese ohnehin nicht haltbar ist: 2002 gab profil eigens eine Studie beim Meinungsforschungsinstitut OGM und dem Innsbrucker Institut für Mediaanalysen in Auftrag, ob die Fülle journalistischer Kritik Haider wirklich nützte. Die Erkenntnisse: Die FPÖ legte in Umfragen auch dann zu, wenn über Haider kaum berichtet wurde; dagegen sackte sie ab, wenn ihre Skandale mediales Thema waren. Gegen die These vom Haider-Macher profil spricht auch das Leseverhalten der FPÖ-Wähler, die in den 1990er-Jahren vor allem enttäuschte SPÖ-Anhänger waren. Und diese lasen eher selten profil.

Ein Nachrichtenmagazin, das nicht über prägende Politiker einer Epoche berichtet, ist keines. Journalistisch interessanter als Wahlerfolge sind jedoch Karrierebrüche. Bruno Kreisky, der "Sonnenkönig", war oft auf dem profil-Cover, Hannes Androsch, sein "Kronprinz" ohne Krönung, noch öfter. Karl-Heinz Grasser stach zumindest nach profil-Titeln Wolfgang Schüssel aus. Aber keiner fand sich so oft auf unserem Titelblatt wie Haider. Er starb im Oktober 2008, doch auch nach seinem Tod brachte er es noch vier Mal zu Cover-Ehren, zuletzt im Oktober 2018: "Haiders langer Schatten", eine Analyse über Rechtspopulismus in Europa, der in Österreich 30 Jahre zuvor erfunden worden war.