Rinks und lechts

Krim-Beobachter: FPÖ-Abgeordnete von Moskauer Agenturen vermittelt

Krim-Beobachter. Moskaus Tarnorganisationen vermittelten FPÖ-Abgeordnete

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Gläserne Wahlurnen? Das schon, aber es gab sie ja nicht überall. Keine Kuverts für die Stimmzettel? Das ist dort landesüblich. Keine Wahlkabinen? Die freie Entscheidung der Wähler. Die auf die Krim geeilten Wahlbeobachter der österreichischen Rechtsparteien verstehen die Aufregung nicht: War doch alles blitzsauber.

Wieder einmal fand in Osteuropa ein windiger Urnengang statt, und wieder einmal reisten FPÖ- und BZÖ-Abgeordnete aus Österreich an, um der Sache ihren Prüfstempel zu verpassen.

Normalerweise werden Observationsmissionen von der OSZE organisiert, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, der neben den europäischen Staaten auch die Nachfolgestaaten der Sowjetunion sowie Kanada und die USA angehören.

"National-Bolschewismus"
Diesmal hatten die Russen die OSZE-Leute gleich an der Grenze zur Krim abgefangen. Umso willkommener waren der außenpolitische Sprecher der FPÖ, Johannes Hübner, der Wiener FPÖ-Obmann Johann Gudenus und der BZÖ-Europaabgeordnete Ewald Stadler. Sie reisten aber nicht auf dem Ticket der ehrenhaften OSZE, ihr Entsender und Finanzier war ein "Eurasian Observatory for Democracy and Elections“ (EODE) mit Sitz in Belgien. EODE-Chef ist ein Rechtsextremist namens Luc Michel. Der heute 56-jährige Anwalt war im Dienst des belgischen Nazi-Kollaborateurs Jean-François Thiriart gestanden. Thiriart hatte Anfang der 1960er-Jahre eine eigene nationalistische Partei gegründet, die gegen die Aufgabe der Kolonien in Afrika kämpfte. Nach dessen Tod übernahm Luc Michel 1992 die Fackel. Er vertritt eher wirre Ideen, die er unter dem Begriff "National-Bolschewismus“ zusammenfasst: Michel war ein Fan von Che Guevara, Saddam Hussein und Muammar Gaddafi, bezeichnet den russischen Kommunistenchef Gennady Zyuganov als guten Freund und den "amerikanisch-zionistischen Imperialismus“ als "Todfeind“.

Seine große Liebe gilt Wladimir Putins Russland, und sie wird offenbar gut entlohnt. Schon seit Jahren vermittelt Michel rechte Abgeordnete der europäischen Parlamente nach Russland, wenn dort wieder einmal ein Persilschein benötigt wird.

Hübner und Gudenus waren schon im Februar 2012 durch die Weiten Russlands gereist, um in Tschetschenien Putins Statthalter vor Ort, Ramsan Kadyrow, zu treffen. Kadyrow soll in seiner früheren Funktion als Chef des Sicherheitsdienstes für zahllose Morde und Folterungen verantwortlich gewesen sein. Als Präsident fährt er einen scharf anti-islamistischen Kurs und lud zu seinem 35. Geburtstag Stars wie Vanessa Mae, Hillary Swank und Jean-Claude Van Damme ein, dessen testosterontriefende Gewaltstreifen gut zum Einlader passen.

Bei Gesprächen in Grosny hatten sich Hübner und Gudenus mit Kadyrow rasch darauf geeinigt, dass alle in Österreichs Asylheimen lebenden Bürger Tschetscheniens schnöde Wirtschaftsflüchtlinge seien, da es in ihrer Heimat ja keine politische Verfolgung gebe.

Neben der EODE sind in Europa auch noch andere Organisationen zugange, die willfährige "Beobachter“ organisieren, wie etwa das in Berlin ansässige "Europäische Zentrum für geopolitische Analysen“. Sein Vorsitzender ist ein Pole namens Piotr Luczak. 2013 vermittelte die Organisation den Tiroler BZÖ-Abgeordneten Gerhard Huber nach Kiew, um der von objektiveren Beobachtern als geschoben entlarvten Wahl sein Prüfsiegel zu geben. Auch der Chef der rechtsextremen British National Party, Nick Griffin, war mit von der Partie, der Tiroler BZÖ-Mann gab mit ihm eine gemeinsame Pressekonferenz und lobte den Urnengang in höchsten Tönen.

Das "Europäische Zentrum für geopolitische Analysen“ ist aber keineswegs auf Rechtsextremisten fixiert. Auf die Krimm vermittelte es vergangene Woche mehrere Landtagsabgeordnete der deutschen Linken, die sich erwartungsgemäß hoch zufrieden über die Abstimmung zeigten.

Über die Höhe der empfangenen "Diäten“ bewahren die Teilnehmer solcher Beobachtermissionen nobles Stillschweigen.

Die ideologische Spannweite von Moskaus Vermittlern im Westen ist auch für die FPÖ bezeichnend: Ihr außenpolitisches Spektrum reicht von Antisemiten im früheren Ostblock über russische und serbische Nationalisten bis hin zu rechten Gruppen im Europaparlament. Selbst "National-Bolschewismus“ à la Luc Michel scheint ins Programm zu passen.

Unter der Führung des damaligen Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf gehörten auch paraguayanische Rechtspolitiker und deutschstämmige Siedler in Südamerika dazu. Allein im Jahr 2012 waren FPÖ-Delegationen dreimal in Paraguay, stets war Graf mit dabei, je einmal Andreas Mölzer und Heinz-Christian Strache. Organisiert wurden diese Reisen von der "Österreichischen Gesellschaft der Freunde Lateinamerikas“. Präsident des Vereins ist Martin Graf, Vizepräsident Johannes Hübner.

Bei jeder dieser Reisen besuchte man deutsche Siedlungen, die nach 1945 ein beliebter Fluchtort von NS-Verbrechern gewesen waren. Auch San Bernadino visitierten die FPÖ-Politiker. Der 1889 verstorbene Gründer dieser Kolonie, Bernhard Förster, wollte im Urwald ein judenfreies "Neu-Germanien“ schaffen. Adolf Hitler ließ später ein Säckchen deutscher Erde auf dessen Grab streuen.

Erkenntniswert der Reise vom März 2011, nachzulesen auf der Grafs Website Unzensuriert.at: Weil "die meisten Indianer nicht gerne arbeiten, aber bei der Allgemeinheit mitnaschen wollen“, dächte so mancher Deutschstämmige schon wieder ans Auswandern. "Aber wohin?“

Am augenfälligsten wurde das außenpolitische Irrlichtern der FPÖ anlässlich der Visite von Parteichef Strache in Israel im Jänner 2011. Damals besuchte der FPÖ-Obmann auch die Holocaust-Gedenkstätte in Yad Vashem bei Jerusalem, trug dort aber statt der landesüblichen Kippa ein "Biertönnlein“, die Kappe der rechten Burschenschafter. In Israel hatte Strache vor allem mit Organisationen der ultraorthodoxen Juden und der fanatischen Siedlerbewegung Kontakt.

Als hypertrophes Kontrastprogramm reiste der Wiener FPÖ-Stadtrat David Lasar wenige Monate später nach Libyen, um zwischen den Rebellen und dem Gaddafi-Regime zu vermitteln - eine etwas lächerliche Überschätzung der eigenen Kräfte. Gaddafi hatte der FPÖ noch zu Haiders Zeiten immer wieder schöne Summen zugesteckt.

Verfehlen manche Aktionen auch die ersehnte außenpolitische Wirkung - für den innerparteilichen Gebrauch eignen sie sich immer. Im Mai 2011 hätte Strache beim "Totengedenken“ zum Jahrestag des Kriegsendes (in Wahrheit eine Trauerfeier für die NS-Niederlage) am Heldenplatz eine Rede halten sollen, was er für wenig kleidsam hielt. Er entschuldigte sich listig mit einem überfallsartig einberufenen Treffen der europäischen Rechtsparteien in Italien. Als nach profil-Recherchen auch die Parteispitze zu der Erkenntnis kam, dass es ein solches Treffen gar nicht gegeben habe, setzte es für Strache im Parteiblatt "Zur Zeit“ einen strengen Rüffel durch den FPÖ-Chefideologen Andreas Mölzer: "Die Freiheitlichen werden keinesfalls politisch akzeptiert werden, wenn sie ihren zentralen Inhalten abschwören.“