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Michael Pammesberger im Club 3: „Auch ernste Themen sind Gegenstand von Karikatur”

Michael Pammesberger ist Österreichs bekanntester Karikaturist. Knapp vor der Wahl spricht er im Club 3 über seine liebsten „Mitarbeiter“, den Kampf um die Hofburg und warum es sich kaum lohnt, das Gesicht einiger Bundespräsidentschafts-Bewerber genauer zu studieren.

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Knapp vor der Aufzeichnung rast Michael Pammesberger noch zu seinem „Kurier“-Schreibtisch, um Stift und Block zu holen. Und in Sekundenschnelle entstand dann  die Karikatur des qualmenden „Mitarbeiters“ (wie er seine Objekte bezeichnet) Alexander Van der Bellen, mit dem der langjährige „Kurier“-Karikaturist „nun doch schon einige Zeit zusammen ist.“ Eines der ersten Themen bei diesem Club 3,  dem gemeinsamen TV-Format von profil, „Kurier“ und „Kronen Zeitung“, bei dem Johanna Hager („Kurier“),  Kurt Seinitz („Kronen-Zeitung“) und Angelika Hager (profil) diskutieren, ist die Altersfrage.

Ergibt es Sinn, ein solches Amt  im Alter von 78 Jahren für sechs weitere Jahre anzustreben, fragt Johanna Hager. Pammesberger und Kurt Seinitz sehen darin kein Problem. Schließlich wirke der amtierende Bundespräsident durchaus fit und auf der Spur, die langen Gesprächspausen habe er schon in jungen Jahren gerne gehalten, seine Bedächtigkeit sei Teil seines Charakters. Dessen verbale  Entgleisung  auf TikTok, dass die Jungen in schweren Zeiten einfach „die Zähne zusammenbeißen“ lernen müssten, sieht Pammesberger als einen Ausrutscher, „der jedem passieren kann“: „Man muss ihm anrechnen, dass er sich sofort dafür entschuldigt hat. Er sollte es besser wissen, aber in der Hitze des Gefechts kann das passieren.“ Seinitz wirft ein, dass Van der Bellen bei der ersten Kandidatur „eine weit bessere Wahlkampfbetreuung besaß.“


Die Alterstoleranz wird von Angelika Hager nicht geteilt: „Warum dürfen Männer im Gegensatz zu Frauen mit weit fortgeschrittenen Jahren unbehelligt wichtige und sehr herausfordernde Jobs wie den des Papstes und  des US-Präsidenten  bekleiden? Joe Biden wirkt mir ehrlich gesagt nicht mehr sehr belastbar.“ 

Das Fehlen einer Kandidatin im Hofburgwahlkampf  ist für alle Diskussionsteilnehmer eine Bankrotterklärung.  Abgesehen von Dominik Wlazny, Begründer der Bierpartei, der sich als „Feminist“ deklariert, fehlten in diesem „Karneval vorrangig  toxischer Männlichkeit“, so die profil-Redakteurin Angelika Hager über die im rechten Lager beheimateten Herausforderer, jegliche relevante Frauenthemen. Kurt Seinitz meint scherzhaft, dass seiner Idealvorstellung einer Kandidatin seine Kollegin Conny Bischofberger entspreche,  Johanna und Angelika  Hager plädieren für die ehemalige Präsidentin der Salzburger Festspiele Helga Rabl-Stadler.  Seinitz ortet im Fehlen von Herausforderern und Herausforderinnen von ÖVP und SPÖ „demokratische Faulheit“: „Abgesehen davon, dass das natürlich auch eine Geldfrage ist.“ Pammesberger erklärt, dass er sich nicht in die Gesichter aller Kandidaten eingearbeitet habe: „Bei manchen habe ich mich echt geweigert. Da zahlt es sich auch wirklich nicht aus.“

Seinitz begleitete die Thematisierung der „meistens von ihrem Ego motivierten“ Herausforderern mit dem mehrfachen Ausruf: „Eine Zumutung, die sind eine Zumutung!“
Johanna Hager stellt Pammesberger die Frage, ob in Zeiten wachsender Verunsicherung, die „von einer starken Abstiegsangst geprägt sind“, auch „ernste Themen“ wie die Inflation oder das Steigen der Heizkosten satirisch bearbeitet werden dürften.

„Auch ernste Themen sind Gegenstand der Karikatur“, erläutert Pammesberger sein Berufsverständnis, „da geht es ja nicht darum, sich über Menschen, die an den Energiekosten besonders leiden, lustig zu machen, sondern sich an der Art, wie Parteien damit umgehen und Öl ins Feuer gießen, abzuarbeiten. Ich halte es für wichtig, dass man, wenn man die Zeitung in der Früh aufschlägt, nicht nur mit Tod und Verderben konfrontiert wird, sondern auch lachen kann.“

Die psychologische Entlastungsfunktion von Humor ist seit Sigmund Freud  Thema vieler Studien, so Angelika Hager, und gerade in einer Phase „von wachsenden Depressionen und Ängsten“ extrem wichtig. Das  Schwinden des Mittelstands wird zum Thema des letzten Diskussionsblocks. Seinitz sieht im Mittelstand einen „wichtigen gesellschaftspolitischen Stabilisator, dem es jetzt langsam an den Kragen geht“. Das sei ein Grund, „sich Sorgen zu machen“. Er hoffe allerdings auf eine „Solidaritätswelle“ im Zuge des „mit Sicherheit harten Winters“.

Angelika Hager zweifelt daran: „Bei Krisen und Katastrophen ist es doch immer dasselbe: Am Anfang gibt es ein Leuchtfeuer der Nächstenliebe, doch kaum sieht man seine eigenen Pfründe bedroht, wie im Fall  des Ukraine-Kriegs die steigenden  Energiekosten, gibt es beim Mitgefühl einen Temperatursturz.“ Am Ende wirft Johanna Hager Themen wie kulturelle Aneignung, Cancelculture und Woke-Wachsamkeit in die Runde. Alle sind sich einig, dass das Pendel der Empörung jetzt in einem übertriebenen Ausmaß ausschlägt und sich das   wieder normalisieren wird. „Ich finde es absurd, dass jemand, der ein Gedicht verlesen soll, eine bestimmte Hautfarbe, Frisur oder sonst was als Voraussetzung braucht, “ so  Pammesberger, „aber diese Haltung wird sich auch wieder normalisieren.“ 

Club3 ab Samstag via profil.at, 
schauTV, krone.TV

Angelika   Hager

Angelika Hager

leitet das Gesellschafts-Ressort