profil-Morgenpost: Gift & Galle

Toxische Verhältnisse, wohin man blickt: Sebastian Kurz, die (nicht mehr ganz so) anonymen „Zoom“-Whistleblower und die Glyphosat-Forscher könnten gemeinsam ein Lied davon singen.

Drucken

Schriftgröße

Toxische Verhältnisse, wohin man blickt: Sebastian Kurz, die (nicht mehr ganz so) anonymen „Zoom“-Whistleblower und die Glyphosat-Forscher könnten gemeinsam ein Lied davon singen.

Die Liste der Schadstoffe, die den laufenden Wahlkampf der ÖVP begleiten, wird jede Woche länger: Die explosive Mischung aus Finanzpestiziden, Schreddertoxinen und gefährlichen Segnungsmitteln, die sich die türkise Clique rund um Sebastian Kurz selbst in den Stimmenfangsalat gemischt hat, kratzt inzwischen bedenklich am Nimbus des jungen Politmessias, der naturgemäß dennoch in allem bloß „vollkommen normale Vorgänge“ erblicken kann.

Normwidrig sind immer die anderen, so ist das in der österreichischen Innenpolitik: das ominöse „Zoom Institute“ beispielsweise, das seit ein paar Tagen mit anonymer Belegschaft online an- und untergriffige Recherchen veröffentlicht, um den Mächtigen dieses Landes an den Karren zu fahren. Bislang scheint die neue „Plattform für tiefgehende Recherche und fundierte Analyse“ in Sachen Skandalankündigung und Aufkochen von Gerüchten zwar deutlich stärker zu sein als an der Hard-Facts-Front – was nicht heißen soll, dass da nicht noch Bedeutendes kommen kann. Die ÖVP hat immerhin auf eine erste „Zoom“-Geschichte zu den Verflechtungen des Jungunternehmers Martin Ho und Altkanzler Kurz bereits verlässlich „empört“ reagiert (und sich wie stets bei Gegenwind an den Namen „Tal Silberstein“ erinnert). Erst kommt das Gift, dann die Galle.

profil-Redakteur Gernot Bauer hat nun einen ersten Enttarnungs-Coup in Sachen „Zoom“ zu bieten: Er outet Florian Schweitzer, einen ehemaligen Mitarbeiter des Wiener Liberalen Forums und Ex-Pressesprecher der österreichischen Greenpeace-Dependance, als Beteiligten des Online-Aufdeckerportals. Schweitzer nennt „Zoom“ ein „rein journalistisches Projekt", hinter dem „keine politische Partei“ stecke. Alle Mitarbeiter seien „ehrenamtlich“ tätig. Viel Glück dabei. Es gibt viel Giftiges zu untersuchen.

profil-Wissenschaftschef Alwin Schönberger geht diesbezüglich mit gutem Beispiel voran. Mit toxischen Substanzen setzt er sich in seiner Titelgeschichte auseinander: Gewohnt differenziert liefert er eine Analyse des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat, dessen Reputation seit Anfang Juli, als eine Allianz aus SPÖ, FPÖ und NEOS eine nationales Verbot des Herbizids durchsetzte, leicht angeschlagen ist, um es vorsichtig zu formulieren. Wie schädlich ist Glyphosat also? Wirkt es gar krebserregend? Oder ist das alles nur Hysterie? Sachdienliche Hinweise und kompetente Antworten auf Fragen wie diese finden Sie im neuen profil.

Die Redaktion wünscht Ihnen einen schadstofffreien Start in die Woche.

Stefan   Grissemann

Stefan Grissemann

leitet seit 2002 das Kulturressort des profil. Freut sich über befremdliche Kunst, anstrengende Musik und waghalsige Filme.