Russland und Tschetscheniens Präsident Kadyrow weisen Verantwortung zurück

Neue Hinweise auf Polithintergrund im Mordfall Umarow

Freund des Opfers berichtet von Drohungen aus dem Umfeld von Tschetschenen-Präsident Ramsan Kadyrow.

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Wie profil in seiner neuen Ausgabe berichtet, gibt es neue Hinweise auf politische Hintergründe im Mordfall Gerasdorf. In der nördlich von Wien gelegenen Gemeinde war am Samstag vergangener Woche der Exil-Tschetschene Mamichan „Anzor“ Umarow, ein erklärter Gegner des tschetschenischen Autokraten Ramsan Kadyrow, mit mehreren Schüssen getötet worden.

In einem Interview mit profil berichtet nun einer der letzten Gesprächspartner des Opfers über direkte Drohungen aus dem Umfeld von Tschetschenen-Präsident Ramsan Kadyrow. Musa Lomajew (Lomaev), in Finnland lebender Regimegegner und Blogger, hatte sich mit Umarow für Samstagabend zu einer gemeinsamen Videoaufnahme verabredet. Doch statt des erwarteten Anrufs von Umarow erhielt er von einem gemeinsamen Freund, dem Besitzer des Betriebsgeländes, auf dem das Verbrechen stattfand, die Todesnachricht.

Immer wieder Morddrohungen

Zuvor habe Umarow immer wieder Morddrohungen erhalten, so Lomajew: „Er hat mir oft erzählt, dass er bedroht wird, dass ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt ist: Fünf Millionen Dollar, zehn Millionen Dollar. Dabei lachte er. Er war sehr speziell, ich habe selten einen so mutigen Mann kennengelernt.“

Auch auch er, Lomajew selbst, sei bedroht worden: „Vor ein paar Wochen habe ich einen Brief von Leuten aus dem Umfeld von Kadyrow bekommen. Darin stand, dass das erste Ziel Anzor sei – und das zweite ich.“

Lomajew macht nicht nur Kadyrow für den Mord verantwortlich, sondern auch Russland: „Wenn ich über Kadyrow rede, dann rede ich auch über Putin. Kadyrows Leute tun überhaupt nichts ohne die Erlaubnis der russischen Geheimdienste“, so der Blogger gegenüber profil.

profil-Recherchen erhärten auch die Vermutung, dass Umarow als Zuträger der österreichischen Polizei tätig war. Mehrere Quellen aus der tschetschenischen Community berichten gegenüber dem Nachrichtenmagazin unabhängig voneinander, das nunmehrige Mordopfer habe seit Jahren als Informant für das Wiener LVT gearbeitet – etwa, indem er die Absender von Hassbotschaften, die ihn erreichten, als mögliche Kadyrow-Anhänger meldete.