Statistik-Austria-Chef Konrad Pesendorfer

Statistik Austria-Chef Pesendorfer schreibt Brief an Kurz

profil exklusiv: Statistik Austria Generaldirektor Konrad Pesendorfer ist alarmiert: „Die Erstellung und Kommunikation dieser Zahlen muss über jegliche Form politischer oder interessenspolitischer Einflussnahme erhaben sein.“

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Die Statistik Austria kommt nicht zu Ruhe. Nachdem diese Woche bekannt geworden war, dass unter der Leitung des Bundeskanzleramts ein großer Umbau in der Bundesanstalt vorbereitet wird, meldet sich nun der fachliche Generaldirektor der Statistik Austria, Konrad Pesendorfer, mit einem kritischen Brief an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), der profil vorliegt, zu Wort: „Aufgrund aktueller Medienberichte, die auch zum Teil die Unabhängigkeit von Statistik Austria im Zusammenhang mit geplanten Reformvorhaben in Frage stellen, möchte ich einerseits auf die gegebenen internationalen Rahmenbedingungen hinweisen, unter denen wir operieren, und andererseits Vorschläge für etwaige Reformmaßnahmen unterbreiten.“

Pesendorfer ist besorgt, weil „statistische Daten und Zahlen die Grundlage sind für zahlreiche politische, wirtschaftliche und persönliche Entscheidungen.“ Er fordert deshalb „fachliche Unabhängigkeit“, „Unparteilichkeit“ und „Objektivität“, was bedeute, „dass die Statistiken in zuverlässiger und unvoreingenommener Weise entwickelt, erstellt und verbreitet werden müssen.“

Für besondere Aufregung sorgt das geplante Vorhaben, die Kommunikation der Statistik Austria künftig vom Kanzleramt aus zu koordinieren. Kritiker befürchten, dass die unabhängige Bundesanstalt so unter die "Message Control" der Regierung geführt wird.

Zum Problembereich „statistische Geheimhaltung“ merkt Pesendorfer an, dass die „Verwendung eingeholter Angaben für nicht-statistische Zwecke und ihre unrechtmäßige Offenlegung untersagt sind.“

Pesendorfer macht eigene Reformvorschläge

Pesendorfer teile die Einschätzung des Bundeskanzleramts, dass 19 Jahre nach der Ausgliederung der Statistik Austria Reformüberlegungen „sinnvoll und legitim sind“ – diese müssten jedoch im „Einklang mit den Grundsätzen der EU“ stehen. Die „Stärkung der Unabhängigkeit der Statistikerstellung und – verbreitung in Österreich“ sei im „allgemeinen Interesse“. Der Generaldirektor unterbreitet in dem Schreiben an Kanzler Kurz Reformvorschläge, die aus seiner Sicht „diese Ziele gut umsetzen“ würden.

Die Statistik Austria solle etwa in Analogie zum Rechnungshof „unmittelbar dem Nationalrat unterstellt und ihre Unabhängigkeit verfassungsrechtlich verankert“ werden. Um die „Überparteilichkeit“ der Bundesanstalt sicherzustellen, solle ein Präsident mit „vollinhaltlicher und budgetärer Verantwortung“ ernannt werden, und zwar für eine fixe Funktionsperiode. Die Auswahl soll transparent ablaufen, die Wahl mittels Zweidrittelmehrheit im Nationalrat erfolgen. Außerdem solle eine „Rechenschaftspflicht des Präsidenten gegenüber dem Nationalrat“ verankert werden.

Außerdem fordert Pesendorfer etwa einen einfachen „elektronischen und zeitnahen Zugang zu allen statistischen Ergebnissen“ für alle Nutzer, sowie „ausreichend finanzielle und personelle Ausstattung“ der Statistik Austria. Die „verpflichtende Einhaltung der EU-Statistikgrundsätze“ solle zudem gesetzlich verankert werden.