Teresa Rotschopf: Was ich vom Leben gelernt habe

Acht Jahre lang war Teresa Rotschopf Sängerin der Wiener Elektropop-Formation Bunny Lake. Jetzt erscheint ihr Solodebüt „Messiah“.

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Die Musik muss immer am Punkt sein. Ich wollte mein Solodebüt, dieses Liebkind, nicht zu schnell veröffentlichen. Eigentlich wollte ich „Messiah“ bereits 2013 herausbringen. Im Laufe der Zeit kamen immer neue Instrumente dazu, alte Nummern flogen raus. Jetzt ist das Album so, wie ich es mir immer vorgestellt habe.

Keinen Druck zu spüren, kann für den kreativen Prozess sehr wichtig sein. Die Zeit, die ich mir für das Album genommen habe, war luxuriös, aber auch extrem wichtig. Allein an dem Cover-Artwork habe ich drei Monate gearbeitet. Nach dem Ende von Bunny Lake musste ich keine Kompromisse mehr schließen. Ich wusste lange nicht, wohin sich mein Soloprojekt musikalisch entwickeln wird. Nur das grundlegende Thema, dass die Songs mein bisheriges Leben widerspiegeln sollen, war klar.

Man muss an Erfolge anschließen, nicht damit abschließen. Wir haben mit Bunny Lake so viel Aufmerksamkeit erzeugt, dass mir von vielen Stellen geraten wurde, das Soloalbum schnell zu veröffentlichen. Dass ich ein zweites Kind kriegen würde und mit meiner Familie ein halbes Jahr nach New York ziehen würde, konnte ich damals noch nicht wissen. Mir ist sprichwörtlich das Leben dazwischen gekommen.

Man muss seine kreative Zeit nützen. Während meiner zweiten Schwangerschaft war ich wahnsinnig produktiv. Ich gehöre glücklicherweise zu den Frauen, die dann wahnsinnig viel Energie haben, kaum Schlaf brauchen und viel arbeiten. Das zweite Album habe ich jetzt schon im Kopf.

Ich versuche, möglichst zeitlos zu arbeiten. „Love“, die erste Nummer des Albums, ist mittlerweile sieben Jahre alt. Ich bin stolz, dass sich auch die älteren Songs auf dem Album nicht alt anhören.

Man kann im Leben nostalgische Momente haben, ohne nostalgisch zu sein. Nostalgie beinhaltet oft einen Schmerz, dass das Vergangene vergangen ist. Bei meinem Album ist das nicht der Fall. Die Lieder kreisen um mein Leben, die Kirchenchöre, die Orgeln, die mich an meine Kindheit in Salzburg erinnern. Was da alles mitschwingt. Ich kann heute noch nicht an einer Kirche vorbeigehen, wenn darin ein Chor singt. Mit Religion hat das aber nichts zu tun.

Im Leben und in der Musik muss man sich Unsicherheiten ausliefern. Ich wollte so viele analoge Instrumente wie möglich im Studio haben. Für „Messiah“ habe ich mit 18 GastmusikerInnen zusammengearbeitet – die ihre eigenen Ideen und Vorstellungen miteinbringen. Das verunsichert natürlich. Man muss Vertrauen haben, in einer Art und Weise muss man sich ausliefern. Ein Schutz ist das nicht.

Fürs Musikmachen muss man nicht Notenlesen können. Ich spiele seit meinem fünften Lebensjahr Klavier, habe es aber nicht geschafft, mir das Notenlesen anzueignen. Gespielt habe ich immer nur nach meinem Gehör.

Der Sound muss möglichst dick auftragen. Ein großes Orchester gibt dir die Möglichkeit, die musikalischen Ideen, die man jahrelang mit sich im Kopf herumträgt, nach außen zu tragen. Das ist eine Möglichkeit, diese Ideen anderen Menschen näherzubringen.

Man muss die Musik ernstnehmen. Ich möchte nicht die Lorbeeren für etwas ernten, für das ich nicht gekämpft habe. Das Musikmachen hat mich gelehrt, dass man sich von außen nichts dreinreden lassen soll, auch keine Kompromisse eingehen soll.

Ich will keine Musik machen, wo jeder brav den Kopf nickt und sagt wie gut sie nicht geworden ist. Ganz im Gegenteil. Das Schöne ist: meine Musik muss ich nur vor mir selbst rechtfertigen.

Meine Zeit in New York war exciting and exhausting. Ich hatte mir zwar ein kleines Heimstudio in der Wohnung zusammengebastelt, zum Musikmachen bin ich dennoch nicht wirklich gekommen. New York ist seit Jahren so teuer ist, dass der ganze künstlerische Underground mittlerweile in andere Städte abgewandert ist. Heute musst du nach Detroit oder Chicago gehen, wenn du spannende Musik entdecken willst. Ich war dann wieder froh, in Wien zu sein, um weiter an meinem Album zu arbeiten.

Teresa Rotschopf stellt ihr Album „Messiah“ live am 20. Februar im Radiokulturhaus vor.

Philip Dulle

Philip Dulle

1983 in Kärnten geboren. Studium der Politikwissenschaft in Wien. Seit 2009 Redakteur bei profil. Hat ein Herz für Podcasts, Popkultur und Basketball.