Cop und Che

TikTok statt Terrorismus

Ahmad Mitaev radikalisierte sich im Gefängnis. Heute hält er junge Menschen davon ab. Auch der Staat hat dazugelernt.

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Acht junge Männer warten auf einen Bus. Der jüngste von ihnen ruft seine ältere Schwester an. Er will sich verabschieden. Von einem Parkplatz in Graz-Eggenberg aus will er in den Krieg nach Syrien ziehen. Doch der Plan fällt ins Wasser: Die Schwester entlockt ihrem Bruder Informationen über seinen Standort, der Vater hält den Jugendlichen im letzten Moment von der Ausreise ab. 

Das war 2016. Heute hält Ahmad Mitaev selbst Jugendliche vom Extremismus ab und filmt gemeinsam mit dem Polizisten Uwe Schaffer TikTok-Videos („Cop & Che“). Die frühere profil-Autorin Edith Meinhart widmet Mitaevs Leben nun ein Buch. Auch die Justiz hat aus der Geschichte des jungen Tschetschenen gelernt. Denn er hatte sich als Jugendlicher im Gefängnis radikalisiert.

Mit 14 Jahren landete Ahmad Mitaev hinter Gittern. Das war im Jahr 2014. Zwei Jugendliche hatten eine Gruppe Studierende auf der Wiener Donauinsel ausgeraubt. Mitaev kannte die beiden Täter und war dazugestoßen. Als er sah, was die anderen taten, ging er aber weiter. Wenige Minuten später passte ein Polizeikommando den jungen Tschetschenen beim Trampolinspringen ab. Dass er am Raub nicht beteiligt war, glaubte die Polizei ihm nicht. Auf der Polizeistation bat Mitaev seine Schwester, ihn abzuholen. Doch ihr Kind war krank. Sie musste warten, bis ihr Mann zuhause war. Als ein Polizist das hörte, fragte er: „Darf das kleine Weiberl mit dem Kopftuch nicht raus, wenn ihr Mann das nicht erlaubt?“ Mitaev sah rot, spuckte und schlug den Beamten ins Gesicht. Der 14-Jährige wanderte in Untersuchungshaft.

Darf das kleine Weiberl mit dem Kopftuch nicht raus, wenn ihr Mann das nicht erlaubt?

Ein Polizist

provozierte den jungen Ahmed Mitaev

Max Miller

Max Miller

ist seit Mai 2023 Innenpolitik-Redakteur bei profil. Hat ein Faible für visuelle Kommunikation, schaut aufs große Ganze und kritzelt gerne. Zuvor war er bei der "Kleinen Zeitung".