Welche MBAs zahlen sich wirklich aus?

"Je bekannter, desto besser" – Welche MBAs sich auszahlen

Vor 30 Jahren noch etwas Exotisches, heute in allen Fachbereichen zu finden: der Master of Business Administration (MBA). Manager von österreichischen Top-Unternehmen erklären, welche sich auszahlen.

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Stellen Sie sich vor, man bäte Sie, eine von sechs angebotenen Marmeladensorten zu wählen. Die Entscheidung wird Ihnen leicht fallen. Bei 24 Angeboten hingegen wären Sie bereits etwas überfordert und hätten Sorge, ob Sie wohl die richtige Wahl treffen - so die Conclusio des im Jahr 2000 als revolutionär geltenden "Jam-Experiments". Angesichts dieses Tests stellen Sie sich einmal die Reaktion auf eine Auswahl von 70, 100, 200 Produkten vor! Diese Schätzungen erhält man auf die Frage, wie viele MBA-Programme in Österreich derzeit angeboten werden, denn exakte Angaben hat bis heute noch keiner ausgehoben. Dass es sich da mit MBAs so verhält wie mit Marmelade ist nachvollziehbar: Das Angebot verunsichert - nicht nur potenzielle Studierende, sondern auch Manager auf der Suche nach geeigneten Mitarbeitern.

Als vor 30 Jahren der erste Studiengang Master of Business Administration (MBA) auf den österreichischen Markt kam, war das Angebot überschaubar: Wer nach seinem Studium nicht ins Ausland gehen konnte, besuchte die Privatuniversität Webster International. Heute führt beinahe jede Hochschule einen Lehrgang zum MBA im Repertoire, die Auswahl an Spezialisierungen und Unterspezialisierungen nimmt zu. Das wachsende Angebot bringt logischerweise auch riesige Qualitätsunterschiede mit sich, die immer tiefer ins Bewusstsein der Personalchefs dringen. So gaben 43 Prozent aller befragter Manager im Executive MBA-Bericht 2015 des monatlichen Wirtschaftsmagazins "Industriemagazins" an, zwischen MBA-Titel aus verschiedenen Institutionen zu unterscheiden. Bei Studiengebühren von 20.000 (nationale Unis) bis weit über 90.000 Euro (internationale Top-Liga) sollte die Ausbildungsstätte also weise gewählt werden, zumal es kaum einen offiziellen Überblick über das Qualitätsgefälle in der österreichischen Hochschullandschaft gibt. Was bei der Wahl des richtigen MBAs zu beachten ist, verraten Manager von Top-Unternehmen im profil-Gespräch.

MBA ist ungleich MBA

Der Trend zum postgraduellen Abschluss MBA als berufsbegleitender Karrierebooster hält jedenfalls an. 250 Studierende absolvieren jährlich die MBA-Programme der WU Executive Academy - ein Zuwachs von 50 Prozent im Vergleich zu noch vor einigen Jahren. An der Linzer Austrian Business School Limak findet sich die gleiche Anzahl Absolventen; vor einem Jahr waren es noch 25 Prozent weniger.

Doch der Trend berge auch Gefahren, erklärt Belinda Hödl von der Abteilung Bildungspolitik der Wirtschaftskammer Österreich: Denn dass die gesetzlichen Bestimmungen für postgraduelle Lehrgänge laxer definiert sind als jene für herkömmliche Masterprogramme, sorge für Wildwuchs und drastische Qualitätsunterschiede unter den Angeboten. Welche Programme seriös und qualitativ hochwertig seien - dazu gibt es zum derzeitigen Stand lediglich Indizien. Eine der wichtigsten Qualitätskontrollen seien die Akkreditierungen (eine Art Gütesiegel, die Hochschulen für die Erfüllung verschiedener Kriterien erhalten) betont die neue Direktorin der WU Excecutive Academy, Barbara Stöttinger. Eine Behauptung, die nicht ganz frei von strategischem Kalkül ist, trägt ihre Hochschule doch österreichweit die einzige "Tripple-Crown", soll heißen, dass sich die Universität mit den internationalen Akkreditierungen Aacsb, Equis und AMBA schmücken kann. "Bloß 72 Hochschulen weltweit, das sind weniger als ein Prozent, können sich über diese Krönung freuen", so Stöttinger stolz.

Auch die WU findet als einzige österreichische Hochschule regelmäßig in dem MBA-Ranking der britischen Tageszeitung "Financial Times" - die oftmals "Bibel der MBAs" genannt wird - Erwähnung (Platz 2060 im Vorjahr). Weitere namhafte Universitäten, die akkreditiert sind: Die Webster University ist ebenso wie die Donau Universität Krems sowohl bei der Foundation for International Business Administration Accreditation (Fibaa) als auch auch bei der Association of Collegiate Business Schools and Programs (Acbsp) anerkannt.

Nomen est Omen

Stöttingers Behauptungen zum Trotz scheint die Anzahl der Akkreditierungen in der Berufswelt jedoch nicht ganz jenen Stellenwert einzunehmen, den sie sich wünschen würde. Diesen Hinweis gibt zumindest Georg Horacek, Personalchef der OMV: "Es gilt lediglich die Grundregel: Je bekannter die Institution, desto besser. Kennt man den Namen der Uni nicht, steht sofort ein großes Fragezeichen dahinter", verrät er. So ist in der Befragung zur MBA-Studie 2015 unter 152 Top-Managern die Donau Universität Krems nicht nur die bekannteste Universität, sondern wurde den Mitarbeitern auch am häufigsten zur Weiterbildung empfohlen (siehe Grafik).

Hätte er einen Sohn, würde Horacek ihm jedoch noch größere Namen ans Herz legen: Internationale Institutionen wie Harvard oder Stanford in den USA, oder europäische Hochschulen wie Insead in Fontainebleau, London School of Economics und neuerdings auch spanische Business Schools versprechen optimale Nutzung des Studienaufenthaltes: "Bei einem MBA zählt in erster Linie das Netzwerk, und das ist an einer großen, internationalen Universität viel spannender." Dies ist allerdings auch eine Frage der Kosten. Während in Österreich die meisten MBA-Ausbildungen insgesamt zwischen 20.000 (für einen Professional MBA) und zirka 45.000 (Executive MBA) kosten, beginnen die internationalen Top-Ausbildungen bei Studiengebühren von 60.000 Euro im Jahr aufwärts.

In Österreich setzt Horacek auf wohletablierte Klassiker: "Von meinem Fenster sehe ich direkt auf die WU, und von da haben wir auch viele MBA-Absolventen. Der Rest kommt aus FHs, die durch ihre verpflichtenden Praktika einen guten Eindruck bei uns hinterlassen haben." Auch die oberösterreichische Limak genieße einen guten Ruf. Der MBA-Studiengewinner Donau Universität Krems und die internationale Privatuni Webster hingegen sind für den international ausgerichteten Konzern von geringerem Interesse: "Es geht sehr österreichisch zu. Vor allem bei der Webster ist wenig über die Qualität der Lehrenden bekannt." Generell rät Horacek dazu, mehr Geld in ein Studium zu investieren, das physische Anwesenheit voraussetzt, als sich von Schnäppchenangeboten im Internet verleiten zu lassen: "Zu Fernstudien würde ich nur raten, wenn die persönliche Situation nichts anderes zulässt. Die Fernuniversität Hagen hat da einen sehr guten Ruf."

Margarete Holz ist Personalchefin bei Deloitte und stellt als solche nicht nur eigene Mitarbeiter ein, sondern vermittelt sie auch an ihre Kunden. Wie Horacek empfiehlt sie allen voran Universitäten im Ausland - besonders, wenn es sich beim Zielunternehmen um ein international agierendes handelt. Wird eine Position in einer österreichischen Firma angestrebt, kann es auch ruhig die Donau Uni Krems sein: "Für österreichische Unternehmen ist es sogar von Vorteil, wenn man die heimische Finanzwirtschaft erlernt hat." Bezüglich der Herkunft des MBAs zeigt sie sich kulanter als der Kollege der OMV: Wählte man eine preisgünstige Fern-Uni, um Kosten zu sparen, hätte dies genauso seine Berechtigung. "Ein MBA ist kein Zuckerschlecken. So beweist man den Vorgesetzten Ehrgeiz und den Willen, ein Leben lang weiterzulernen. Unternehmen denken bei dem Kostenaspekt mit und beurteilen nicht." Sehr wohl zu beurteilen sei jedoch, sich den MBA ohne spezielles Karriereziel anzueignen. Holz rät dringend davon ab, MBAs direkt nach dem Studium oder ins Blaue hinein zu machen, nur um die Galerie der Titel aufzubessern: "Aktuell bemerke ich den starken Trend von 45- bis 50-Jährigen, die sich aufgrund der angespannten Wirtschaftssituation bessere Berufschancen durch einen MBA erhoffen. Das kann klappen, muss aber nicht."

Die Qual der Wahl

Kann klappen, muss aber nicht - das gilt auch für die zahlreichen Spezialisierungen, die in den vergangenen Jahren aus dem Boden der heimischen Hochschullandschaft sprießen. Der Trend zur Spezialisierung könnte einerseits durch das stetig steigende Bildungsniveau erklärt werden - denn wer bereits einen Master in Management besitzt, wird sich nicht einige Jahre darauf ähnliches Wissen mit einem breitangelegten "General MBA" aneignen, sondern gezielt Nischen suchen. Andererseits vermutet Robert Koenes, Personalchef der Unternehmensberatung Iventa, unter den zunehmenden Spezialisierungen auch einen Marketing-Gag der Universitäten, mit dem Ziel, durch ein größeres Angebot eine noch größere Nachfrage zu schaffen.

Sich auf Controlling und Logistics zu konzentrieren, ist durchaus sinnvoll.

Unter den Spezialisierungen empfiehlt OMV-Mann Horacek klassische Varianten: "Sich auf Controlling und Logistics zu konzentrieren, ist durchaus sinnvoll." Auf exotisch anmutende Programm-Experimente solle man jedoch verzichten. Und: Eine Spezialisierung kann in Zeiten der beinahe bereits inflationär eingesetzten MBAs tatsächlich einen Wettbewerbsvorteil bringen. Allerdings nur, wenn ausgeschriebene Stelle und Spezialisierung perfekt übereinstimmen. Ein Glücksspiel also. Wer darauf keine Lust hat, dem empfehlen Personalchefs, beim guten alten General MBA zu bleiben.

Persönlichkeit schlägt Titel

Dem Ruf der Institution zum Trotz: Ob der MBA die Karriere tatsächlich ankurbelt, hängt immer noch von der Persönlichkeit ab, meinen die Personal-Experten. "Ich kenne Mehrfachdoktoren, die einfach nicht in unsere Firma passen", sagt Rudolf Bernscherer, Personalleiter des Telekommunikationsunternehmens Kapsch AG. Solange die Bewerber einen Abschluss an einer "soliden Ausbildungsstätte, in der ein gewisses Mindestmaß gegeben ist", vorweisen können, seien individuelle Faktoren wie der Aufgabenbereich der Jobstelle, die bisherige berufliche Erfahrung und - ganz wichtig - die Persönlichkeit schlussendlich ausschlaggebend dafür, wer den ausgeschriebenen Job erhält. Manchmal sind banale Gründe für einen Erfolg ausschlaggebend: "War der Bewerber zufällig auf der gleichen Uni wie die Managerin, ist das natürlich sehr gut für die Jobchancen", verrät Deloittes Personalchefin Margarete Holz.

Den ansteigenden Studierendenzahlen zum Trotz zeigen sich nicht alle begeistert von der Fachausbildung. So etwa Irene Kadi, die für den Hernstein Management Report ein Stimmungsbild unter Führungskräften und Unternehmenseigentümern erstellt: "Der MBA kam gerade im Zuge der Finanzkrise vermehrt in die Kritik, ausschließlich dogmatisches Wirtschaftswissen und kaum Wirtschaftsethik zu vermitteln. Daher haben wir den Eindruck, dass das Vertrauen in den MSc (Master of Science, Anm.) in vielerlei Hinsicht größer wird."

Ich hoffe, dass diese Titel-Wirtschaft in Österreich bald vorbei sein wird.

Ob MSc-Ausbildung oder MBA, ist für Miriam Geyer, Personalentwicklerin beim Drogeriekonzern dm, nicht entscheidend: "Solange bei den Bewerbern eine zu der Stelle passende Persönlichkeit, Fachwissen und Praxisnähe gegeben ist, kümmere ich mich wenig darum, woher dieses Wissen kommt. Ich hoffe, dass diese Titel-Wirtschaft in Österreich bald vorbei sein wird."

Darauf deutet zwar nichts hin, jedoch sind dringend Maßnahmen gefragt, die das heimische MBA-Angebot und deren Qualitätsunterschiede transparenter machen. Tatsächlich soll bald an der Lösung dieses Problems gearbeitet werden, verrät Hödl von der WKÖ: "Es gibt eine Übereinkunft zwischen der Hochschullandschaft, dem Wissenschaftsministerium, Bildungsexperten und den Sozialpartnern, sich im kommenden Jahr der Qualitätssicherung der postgraduellen Lehrgänge zu widmen und einen einheitlichen Qualifikationsrahmen zu bilden." Dazu gehört, den MBA auf eine Bildungsliste einzuordnen.

Dies könnte in etwa so aussehen: ein Bachelor ist auf Stufe sechs, der Master (früher Magister) sieben und der Doktor Stufe acht - "und nächstes Jahr geht dann die Debatte los, auf welcher Stufe der MBA einzuordnen ist", lacht Hödl. Fest steht: Diese Diskussion wird nicht still und leise vonstatten gehen. Und im besten Fall viel Licht in die Irrgärten der postgraduellen Bildungsangebote werfen - quasi das breite Marmeladenangebot durchetikettieren.

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