Donau-Uni Krems: Innovationspreise von Tecnet und Accent für Forschungsprojekte.

Erfindungsreichtum: Niederösterreich als Hotspot für Geschäftsideen

Das Silicon Valley gilt als Innovations-Hotspot, aber auch Niederösterreich ist ein guter Boden für neue Geschäftsideen mit großem Potenzial.

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In Niederösterreich werden jährlich rund 8000 neue Unternehmen gegründet. Wie viele davon in die nach wie vor nicht klar definierte Kategorie Start-up fallen, ist ungewiss. Schätzungen zufolge liegt der Anteil zwischen 1,5 und 3 Prozent – das entspricht in etwa jener Zahl an Neo-Unternehmern, die alljährlich bei der Tecnet Equity NÖ Technologiebeteiligungs-Invest, einer der wichtigsten Anlaufstellen für Start-ups in Sachen Förderung, vorstellig werden. Chancen haben hier allerdings vor allem neue Geschäftsideen im Technik- und Hightech-Sektor. „Wir sehen uns aber jedes Projekt genau an“, erklärt Thomas Ecker, Senior Investment Manager bei Tecnet Equity. Das bedeutet zwar, dass er und seine drei Kollegen bei der Beurteilung der Projekte eine Menge „leerer Kilometer“ absolvieren müssen, allerdings wird das gerne in Kauf genommen. „Besser, als wenn eine wirklich gute Idee vielleicht übersehen wird.“ Auf das Bauchgefühl oder den gesunden Menschenverstand kann er sich dabei nicht verlassen, und obwohl für die Einschätzung des wirtschaftlichen Potenzials neuer Ideen externe Experten sowie verschiedene Studien und Marktforschungsergebnisse zurate gezogen werden, kommen Überraschungen immer wieder vor. Derzeit haben Ecker und seine Kollegen neun Start-ups unter ihren Fittichen. Dazu zählt seit dem Vorjahr die Crystalline Mirror Solutions aus Klosterneuburg, die eine neuartige Spiegeltechnologie auf Basis von Halbleiterkristallen entwickelt hat. Die Einsatzmöglichkeiten reichen von optischen Komponenten für Atomuhren über Präzisionsinterferometrie und Spektroskopie bis zum Wärmemanagement von Hochleistungslasern.

Smarte Farm-App

Das zweite Start-up, das im Vorjahr ins Programm aufgenommen wurde, ist Farmdok aus Wieselburg mit seiner Automatisierungs-Lösung für Landwirte. Die smarte Farm-App wurde im November auf der Agritechnica in Hannover, der weltweit größten Messe für Landtechnik, mit dem Innovation Award in Silber prämiert. Ein Erfolg, den sich auch der Accent Gründerservice, der Farmdok bereits im Vorfeld gefördert hatte, auf seine Fahnen schreiben darf. Auch bei Accent stehen Start-ups aus dem Hightech-Bereich im Fokus, zudem wurden mit dem Creative Pre-Incubator und den gemeinsam mit Tecnet Equity und Ecoplus, der Wirtschaftsagentur des Landes, initiierten Innovation Awards auch Maßnahmen entwickelt, die sich gezielt an Studenten und Uni- bzw. FH-Absolventen wenden, um deren Gründergeist zu fördern und Wissenschaft und Wirtschaft enger miteinander zu verknüpfen. Und diese Motivation wirkt: Mittlerweile wird der Award an der Universität für Bodenkultur in Tulln, der Donau-Universität Krems sowie am Technopol und der Fachhochschule Wiener Neustadt ausgelobt, ab April 2018 wird auch die Veterinär-Uni Wien mit von der Partie sein. Gut möglich, dass aus der einen oder anderen Idee, die bei diesem Studentenwettbewerb antritt, einmal ein international erfolgreiches Unternehmen wird. „Es ist uns ein Anliegen, das Wissen um die ökonomische Verwertung von Forschung beim wissenschaftlichen Nachwuchs möglichst früh zu verankern“, sagt Doris Agneter, Geschäftsführerin der Tecnet Equity.

Potenzial haben die im Oktober 2017 ausgezeichneten Projekte auf jeden Fall. So hat beispielsweise Christian Koller von der FH Wiener Neustadt in Zusammenarbeit mit dem Queen’s Medical Centre in Nottingham eine intelligente Box für die exakte Steuerung der Medikamentenabgabe an Neugeborene in Spitälern entwickelt. Erste Boxen sind bereits im Einsatz. Gábor Kovács vom Zentrum für Integrierte Sensorsysteme der Donau-Universität Krems am Standort Wiener Neustadt hat sich damit beschäftigt, wie eine höhere Auflösung von Thermokameras in der Verkehrsüberwachung nicht in Konflikt mit strengen Datenschutzrichtlinien und dem Wunsch nach Privatsphäre kommt und einen entsprechenden Algorithmus entwickelt.

Marita Preims von der BOKU Tulln hat mit einem neuartigen, auf Enzymen basierenden Verfahren zur Joghurtherstellung eine Lösung für ein bisher ungelöstes Ernährungsproblem von Menschen mit geschwächtem Immunsystem gefunden. Und Bettina Pospisil von der Donau-Universität Krems hat ein Abfragetool gestaltet, das den Wissens- und Informationsaustausch von Computer Emergency Response Teams im Fall von Cyberattacken effizienter und schneller gestaltet und damit die generelle IT-Sicherheit von Unternehmen und kritischen Infrastrukturen erhöht.

Gründeragentur RIZ mit reichhaltigem Service-Angebot

Innovationen und Geschäftsideen mit Zukunft sind aber nicht allein dem Hightech-Segment vorbehalten, und entsprechend gibt es in Niederösterreich auch Förderungen und Unterstützung für Jungunternehmer aus allen Branchen. Bereits vor 30 Jahren, lange, bevor Start-ups überhaupt ein Thema bzw. ein bekannter Begriff waren, hat das Land mit dem RIZ eine eigene Gründeragentur ins Leben gerufen. Neben persönlichen Beratungen (rund 13.000 jährlich) und Workshops – die Themen reichen von der Firmengründung über Steuern, Recht, Finanzierung, Förderung bis zum Marketing – umfasst das Angebot auch den RIZ Genius Gründerpreis, für den die diesjährige Einreichphase im Februar starten wird, und den RIZ Genius Jugendpreis (Teilnahme bis 30. März möglich) sowie seit 2016 ein Mentoring- Programm in Zusammenarbeit mit der Industriellenvereinigung Niederösterreich. Nach der erfolgreichen ersten Runde, in der fünf Newcomer von erfahrenen Unternehmern gecoacht wurden, wurde das Programm im Vorjahr auf acht Start-ups erweitert.

Eines davon war McCube, Hersteller modularer und mobiler Fertighäuser aus Holz. Mit der Idee des ökologischen Wohnwürfels war Firmengründer Oliver Pesendorfer 2015 bei der TV-Show „2 Minuten 2 Millionen“ angetreten und konnte nicht nur Investor Leo Hillinger überzeugen, sondern in der Folge über Crowdfunding weitere 129 Geldgeber gewinnen und damit ausreichend Startkapital sammeln, um das Unternehmen aufzubauen. McCube steht heute auf einem soliden Fundament – etwas, das die Fertighäuser, für die Erdschrauben ausreichen, nicht benötigen – und ist auf einem flotten Wachstumskurs. Derzeit sind bereits 20 Objekte fertiggestellt und zahlreiche weitere Häuser in Produktion. Darunter die McCube City auf einem Pachtgrundstück in Scheibbs, deren Fertigstellung heuer erfolgen wird. „Ähnliche Reihenhausanlagen in Baden, Loipersdorf und Oberösterreich sind schon in Planung“, verrät Pesendorfer, der auch die Expansion in die Schweiz und nach Deutschland (hier sollen heuer rund 60 Häuser entstehen) bereits in Angriff genommen hat und daneben an einem Franchise-Programm arbeitet.

Die Teilnahme am Mentoring-Programm bewertet der McCube-Gründer positiv: „Speziell in den Bereichen Finanzierung und Förderung war es sehr hilfreich. So haben wir etwa verschiedene Finanzierungsmodelle für Kunden erarbeitet.“ Für das diesjährige Programm, das Ende März starten wird, gibt es bereits zahlreiche interessierte Jungunternehmen – und auch an Mentoren, die ihr Wissen an den Nachwuchs weitergeben möchten, herrscht kein Mangel.