Emma Gonzales

Ein Bild von einer Frau

Fünf weibliche Ikonen des Widerstands.

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„Die Freiheit führt das Volk“ – so nannte der Maler Eugène Delacroix sein berühmtes Gemälde, das den Barrikadenkampf der französischen Juli-Revolution des Jahres 1830 darstellt. Eine Frau mit nackten Brüsten, eine Tricolore schwenkend, stürmt voran. Das eindrucksvolle Bild signalisiert nicht zuletzt: Die Freiheit ist weiblich. Beinahe zwei Jahrhunderte später scheint dies erst so recht Wirklichkeit zu werden. Fast überall, von den USA bis Syrien und vom Iran bis Saudi-Arabien und Palästina, wo Anfang des 21. Jahrhunderts gegen Diktatoren, Autokraten und Besatzer gekämpft und für Freiheit und Demokratie gestritten wird, stehen Frauen an vorderster Front. Es sieht ganz so aus, als ob wir einen globalen Aufstand der Frauen erleben. Und ikonische Bilder wie jenes von Delacroix entstehen dabei auch. Diesmal in Form von Fotos und Videos, die man nicht vergisst.

USA

„Schämen Sie sich!“ Diese Worte schleuderte die 17-jährige Schülerin Emma Gonzalez (Bild) den Politikern entgegen, die sich von der Waffenlobby NRA finanzieren lassen. Sie hatte ihrer Empörung und Wut über das jüngste Schulmassaker in Parkland bei einer Demonstration Luft gemacht. Seither ist sie das Gesicht der immer stärker werdenden Bewegung junger Menschen gegen jene Gesetze, die fast uneingeschränkt jedem US-Bürger den Kauf auch der gefährlichsten Waffen erlauben. Emma Gonzales, das Mädchen mit dem Kurzhaarschnitt, ist aber gleichermaßen das Gesicht einer neuen Generation von Frauen, die sich an die Spitze des Widerstands gegen Donald Trump und dessen Politik stellen. Gleichzeitig wuchs in den vergangenen Monaten mit #MeToo jene Bewegung, die Schluss mit Missbrauch und sexueller Belästigung durch mächtige Männer machen will und bereits als „dritte Welle des Feminismus“ bezeichnet wird.

Iran

Am 27. Dezember 2017 kletterte die 31-jährige Vida Movahed an der stark befahrenen Teheraner Enghelab-Straße auf einen Verteilerkasten und hielt während einer Stunde stumm ihr auf einen Stock gestecktes Kopftuch in die Luft. „Enghelab“ bedeutet auf Deutsch „Revolution“. Das Bild dieser Aktion des Protests gegen den Kopftuchzwang wurde millionenfach im Internet angeklickt. Das Beispiel von Vida Movahed, die verhaftet und nach einem Monat wieder freigelassen wurde, fand zahlreiche Nachahmerinnen im ganzen Land. „Die Frau von der Enghelab-Straße“, wie Movahed bald genannt wurde, avancierte zu einem Symbol der regimekritischen Proteste im Land, die diesmal nicht wie bisher auf die großen Städte beschränkt blieben.

Viva Movahed

Saudi-Arabien

2011 zählte das Magazin „Forbes“ Manal Al Sharif zu den „10 Women who rocked the World“. Die erste IT-Sicherheitsexpertin des Landes hatte sich beim Autofahren filmen lassen. Das Video stellte sie ins Netz. In der fundamentalistischen Ölmonarchie, dem einzigen Land, das Frauen das Lenken von Fahrzeugen verbietet, erschien das als revolutionärer Akt. Neun Tage musste Al Sharif ins Gefängnis. Ihre aufgenommene Spazierfahrt hatte Langzeitwirkung: Ab kommendem Juni dürfen die Saudi-Frauen ans Lenkrad. Nicht nur das: Anfang Februar kündigte die Regierung in Riad an, dass erstmals auch weibliche Ermittlerinnen für die Staatsanwaltschaft eingestellt werden. Und seit 12. Jänner dürfen Frauen in Fußballstadien ihre Mannschaft anfeuern. „Die Frauenrevolution kommt leise, aber sie kommt unaufhaltsam“, freut sich heute Manal Al Sharif. Sie setzt darauf, „dass demnächst Frauen nicht nur das Steuer, sondern auch ihr Leben selbst in die Hand nehmen können“.

Manal Al Sharif

Palästina

Mitte Dezember des vergangenen Jahres wurde die 16-jährige Ahed Tamimi im besetzten Westjordanland festgenommen. Auf einem Handyvideo ist zu sehen, wie die unbewaffnete junge Frau mit den roten Haaren und blauen Augen im Rahmen einer Auseinandersetzung einem israelischen Soldaten einen Fausthieb versetzt. Der Clip verbreitet sich rasch in den sozialen Medien. Ahed Tamimi wird von den Israelis der gefährlichen Aufwiegelung beschuldigt, von den Palästinensern aber als Heldin im Kampf gegen die israelischen Besatzer gefeiert.

Ahed Tamini

Syrien

„Mein Ziel ist, die kurdischen und syrischen Frauen von den Fesseln der traditionellen Gesellschaft genauso wie ganz Syrien von Terrorismus und Tyrannei zu befreien“, sprach die 38-jährige Kurdin Rojda Felat. Ihren Worten folgten Taten. Die kampferprobte Kommandeurin der kurdisch-arabischen Demokratischen Kräfte Syriens hatte den Oberbefehl bei der Eroberung der „Hauptstadt“ des IS. Zur schweren militärischen Niederlage der Kalifat-Terroristen kam noch die Schmach dazu, von einer Frau besiegt worden zu sein.

Rojda Felat

Georg Hoffmann-Ostenhof