Stirbt das gedruckte Buch?

Stirbt das gedruckte Buch?

Mit der Vorstellung des ersten Kindles erreichte die Digitalisierung auch den Buchhandel und zuletzt führten immer mehr Händler Abo-Dienste für E-Books ein. Doch was bedeutet das für die Zukunft des Buches? Werden Apps und On-Demand-Services das gedruckte Wort in die Geschichtsbücher verbannen? ?

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Lässig schreitet er in weißen Sneakers über die leicht abgenutzte Bühne. Hinter ihm eine riesengroße Leinwand, vor ihm ein Saal gefüllt mit Journalisten und Experten, die schon seit Monaten auf diesen Tag gewartet haben. Dafür hat er selbst und die Firma hinter ihm gesorgt, denn seine Auftritte gelten längst als legendär. Im Gesicht trägt er wie so oft ein überlegenes und in Verbindung mit seinen rundlichen Brillengläsern fast schon überheblich wirkendes Grinsen. “Are you getting it?”, fragt er leicht höhnisch. Seine Mundwinkel ziehen sich weiter nach oben, das Publikum überschüttet ihn mit Beifall.

An diesem Tag im Jänner 2007 stellte Steve Jobs das erste iPhone vor und sorgte damit für eine Revolution am Telekommunikationsmarkt, die Auswirkungen der damit eingeläuteten Ära der Smartphones gehen aber weit darüber hinaus. Was viele nicht wissen: Im gleichen Jahr wurde der erste E-Book Reader von Amazon vorgestellt, das Kindle 1, natürlich unter deutlich geringerer Beteiligung der Öffentlichkeit, nachhaltige Folgen brachte das tragbare Lesegerät aber dennoch mit sich.

E-Books sind keine Neuheit

Die digitalisierte Form des Buches, das E-Book selbst, ist deutlich älter als die Kindle-Produkte. Kommerziell vertriebene Bücher in elektronischer Form existieren bei der Markteinführung von Amazons E-Readern nämlich schon seit fast 20 Jahren. Der durch iPhone, Kindle und Co. verstärkte Trend zum digitalen Wort ließ aber auch den E-Book Markt erheblich ansteigen. So wurde das E-Book laut Angaben des Hauptverbandes des Österreichischen Buchhandels erst um 2008 im österreichischen Handel relevant. In den letzten Jahren stagniere der Marktanteil der E-Books hierzulande bei drei bis vier Prozent.

"Kein Entweder-oder"

Thalia Österreich-Chef Thomas Zehetner schätzt den Anteil der E-Books auf Anfrage von profil etwas höher, nämlich auf fünf bis sieben Prozent . “E-Book und gedrucktes Buch ist kein Entweder-oder, sondern ein Nebeneinander”, so Zehetner. Das Ziel von Thalia sei es, dem Lesen wieder einen höheren Stellenwert in der Gesellschaft zu geben. Dafür eigne sich nach wie vor das physische Buch sehr gut. “Die Emotionalität von einem Buch in gedruckter Form - das kann man angreifen, das kann man riechen, das kann man spüren - ist einfach eine viel höhere als in einer anderen Darreichungsform.”

Der Meinung, dass die Branche die Digitalisierung verschlafen hat, scheint Zehetner aber nicht zu sein. In den letzten Jahren ist der Buchhandel seiner Ansicht nach sogar zum Vorreiter in der Digitalisierung geworden. Und das betreffe nicht nur das E-Book alleine, sondern vor allem die Vernetzung von Leistungen zwischen verschiedenen Servicekanälen. Also im konkreten Fall die Möglichkeit ein Buch, das online bestellt wurde, vor Ort abzuholen, oder E-Books direkt im Geschäft kaufen zu können.

Bücher am Smartphone weiterlesen

Ausbleibende Innovation kann man dem Buchhandel tatsächlich nur schwer vorwerfen. Seit kurzem kann man beispielsweise bei einem Besuch in Thalia-Filialen auf vereinzelten Büchern runde gelbe Aufkleber mit der Aufschrift “Papego” finden. Papego ist eine App, die es ermöglichen soll gedruckte Bücher in digitaler Form weiterzulesen. Man stelle sich also folgendes Szenario vor:

Man sitzt zu Hause und liest gemütlich den neuen Lieblingsroman. Selbst noch ganz vertieft in die Geschichte klingelt der Wecker des Handys und reißt einen aus der wohligen Phantasiewelt, in der man sich eben noch befand. “Jetzt auf den Weg machen”, ein Blick auf die Uhr bestätigt die Einschätzung des Digitalen Assistenten. Es geht darum einen Zug zu erreichen, die Tasche ist aber bis nach oben vollgestopft, kein Platz für das Buch. Man öffnet also einfach die App und scannt die aktuelle Seite des Buches ein. Das funktioniert ähnlich wie mit einem QR-Code. Die App erkennt um welches Buch und welche Seite es sich handelt und lädt die nächsten paar Kapitel herunter. Sobald man im Zug sitzt zückt man schließlich das Smartphone und liest genau dort weiter, wo man davor aufgehört hatte. Finanziert werden soll die App übrigens nicht durch Werbung, sondern von den Verlagen selbst. Die Anzahl an Verlagen, die den Dienst unterstützen, ist momentan aber noch relativ klein.

Abonnenten und Hybridnutzer

Ähnlich wie in der Musikbranche mit Spotify, Apple Music und Co. findet die Idee des digitalen Abonnements zuletzt auch immer mehr im Buchhandel Einzug. “Kindle Unlimited” von Amazon oder “tolino select” von Thalia, Weltbild und Hugendubel bieten gegen einen Monatspreis von jeweils ungefähr 10€ eine Auswahl an E-Books an. Im Dienst von Amazon sind außerdem ein bestimmtes Sortiment an Magazinen und Hörbüchern enthalten.

Alles in allem scheint sich der Büchermarkt also nicht auf die Loslösung von gedruckten Büchern hinzubewegen, sondern eher dahin in Zukunft möglichst komfortable Plattformen für Hybridnutzer, also Lesern von E-Books und physischen Büchern, bieten zu können.