Jeffrey Epstein nach seiner Verhaftung

Fall Epstein: Die Suche nach Ghislaine Maxwell

„Beschützerin und Zuhälterin“: Nach dem Suizid des Milliardärs Jeffrey Epstein richtet sich der Fokus auf seine einstige Vertraute Ghislaine Maxwell.

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New York City, Metropolitan Correctional Center, vergangenen Samstag. Gegen halb acht Uhr wird der Milliardär Jeffrey Epstein tot in seiner Gefängniszelle aufgefunden. Die Behörden gehen nach aktuellem Stand von Suizid aus. In der Sekunde wurden auf Social Media Verschwörungstheorien verbreitet. War es Mord? Waren es die Clintons? Wer wollte Epstein, der sich in Untersuchungshaft befand und sich auf seinen Prozess vorbereitete, von einer Aussage abhalten?

Die Fakten: Der einstige Hedgefonds-Manager Epstein soll nicht nur über Jahre Minderjährige sexuell missbraucht haben, er soll mit seiner früheren Partnerin und Vertrauten Ghislaine Maxwell, der jüngste Tochter des britischen Medienmoguls Robert Maxwell, zwischen 2002 und 2005 einen regelrechten Sexhandelsring betrieben haben. Die meisten der Mädchen waren zum Zeitpunkt der Taten zwischen 13 und 16 Jahre alt. Außerdem war Epstein bestens vernetzt, umgab sich mit Politikern, Künstlern, Anwälten und Managern. Neben Donald Trump und Bill Clinton soll auch Prinz Andrew, der Sohn der britischen Königin Elizabeth II., zu Epsteins Freundeskreis gezählt haben. Dank seiner Kontakte und eines Deals mit der Staatsanwaltschaft von Südflorida entging Epstein bereits 2008 einer längeren Haftstrafte und wurde lediglich zu 13 Monaten Gefängnis (inklusive Freigang mit Fußfessel) verurteilt.

Jetzt stellt sich einerseits die Frage, warum Epstein nicht streng genug überwacht wurde. Der 66-Jährige stand nicht mehr unter dem sogenannten „Suicide watch“, obwohl er bereits im Juli mit Verletzungen am Hals und fast bewusstlos in seiner Zelle aufgefunden wurde. Andererseits fragen sich nicht nur die Opfer, wer nach dem Tod des Hauptangeklagten nun zur Aufklärung des Falles beitragen kann. Formell gibt es nach dem Tod des Beschuldigten auch kein Verfahren.

Der Fokus richtet sich jetzt auf Ghislaine Maxwell. Die britische Millionenerbin, die von der „Washington Post“ als Epsteins „Beschützerin und Zuhälterin, seine Freundin und seine Madame“ bezeichnet wird, kommt in den Gerichtsakten, die einen Tag vor Epsteins Suizid veröffentlicht wurden, prominent vor. Laut Opfern, die in den Akten zitiert werden, soll Maxwell für Epstein wie eine Bordellchefin agiert haben. Die frühere Lebensgefährtin Epsteins soll die jungen Mädchen und Frauen, teilweise unter Vorspiegelung falscher Tatsachen, vor Universitäten, Schulen und Kosmetikstudios rekrutiert und angeworben haben. Seit Epsteins Entlassung aus dem Gefängnis 2009 wurde sie nicht mehr mit ihm gesehen.

Ghislaine Maxwell beim Begräbnis ihres Vaters im Jahr 1991

Die britische Staatsbürgerin, die mehrere Immobilien in Großbritannien haben soll, lernte Epstein 1991 in New York kennen. Ihr Vater Robert Maxwell, der Ende der 1980er-Jahre auch über eine Beteiligung an der Österreichischen „Arbeiter-Zeitung“ verhandelte, ging 1991 unter mysteriösen Umständen über Bord seiner Yacht. Die Yacht hatte er nach seiner Lieblingstochter „Lady Ghislaine“ genannt. Maxwell starb hochverschuldet. Das Medienimperium war am Ende. Nach seinem Tod wurde bekannt, dass Maxwell Bilanzen gefälscht und sich am Pensionsfonds seiner Mitarbeiter vergriffen hatte. Zwei seiner neun Kinder wurden 1992 wegen der Pensionsfonds-Affäre festgenommen und der Verschwörung zum Betrug angeklagt. Sie wurden 1996 freigesprochen.

Ghislaine Maxwell, die in Paris geboren wurde und in Oxford aufwuchs, bestreitet nicht nur alle Vorwürfe, von ihr fehlt aktuell auch jede Spur. Sie soll sich in ihrer alten Heimat Großbritannien aufhalten. Die Anwälte der Opfer vermuten, dass sie aus Angst vor Strafverfolgung nicht in die USA zurückkehren wird.

Geoffrey Berman, der für den Fall zuständige Staatsanwalt, deutete bereits an, man werde nun die Mitverschwörer verfolgen.

Da es im Fall Epstein ständig neue Erkenntnisse gibt, werden wir die Entwicklungen weiterhin verfolgen.

Philip Dulle

Philip Dulle

1983 in Kärnten geboren. Studium der Politikwissenschaft in Wien. Seit 2009 Redakteur bei profil. Hat ein Herz für Podcasts, Popkultur und Basketball.