Hoffnung in Zeiten von Donald Trump

Giannis Antetokounmpo: Vom Straßenverkäufer zum NBA-Star

Die Geschichte von Giannis Antetokounmpo: Vom Straßenverkäufer zum NBA-All-Star

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In Zeiten, in denen US-Präsident Donald Trump den amerikanischen Traum als einen Traum voll mit Mauern, Einreiseverboten und Diskriminierung begreift, gibt die Geschichte von Giannis Antetokounmpo Hoffnung, dass der Traum nicht als Albtraum enden muss. Ganz im Gegenteil. Giannis Antetokounmpo, "The Greek Freak" genannt, ist der erste griechische Basketballspieler, der für ein NBA-All-Star-Spiel nominiert ist. Mitte Februar wird der 22-Jährige neben Stars wie LeBron James und Stephen Curry in New Orleans auflaufen.

Der Weg dorthin war weit. Begonnen hat er 1991, als Antetokounmpos Eltern aus Nigeria nach Athen ausgewandert sind. Giannis war einer von vier Brüdern, die Charles und Veronica Antetokounmpo in Griechenland auf die Welt brachten. Stabile Arbeitsverhältnisse und Sicherheit fand die Familie aber auch in Griechenland nicht und Giannis musste auf den Straßen von Athen Sonnenbrillen und Hüte an Touristen verkaufen, um ein bisschen Geld in die Familienkasse zu bringen. "Meine Eltern waren auf der Suche nach einem besseren Leben. Aber das Leben in Griechenland war nicht wirklich besser", erzählte der 2,11 Meter große Giannis in einem Interview. Mehr als 20 Jahre lebten seine Eltern ohne Aufenthaltsgenehmigung in Athen. Dann klopfte die NBA an die Tür - und das Leben der Familie änderte sich schlagartig. Im Sommer 2013 verpflichteten die Milwaukee Bucks den damals 18-Jährigen. Giannis brachte neue Hoffnung in den dahingrundelnden Verein und gilt derzeit als der spannendsten Spielmacher seit Magic Johnson.

Zu verdanken hat der junge Mann diese Entwicklung Spiros Velliniatis. Der Scout wurde vor fast zehn Jahren zufällig auf Antetokounmpo aufmerksam, als er durch das Athener Stadtviertel Sepolia spazierte. "Als ich ihn sah, dachte ich mir: 'Das kann gar nicht sein. Das ist unmöglich'", erinnert sich der Grieche gegenüber Grantland. Velliniatis hatte Giannis nicht einmal spielen gesehen. Aber alleine die Art und Weise wie er sich beim Laufen bewegte, reichte dem Scout aus, um zu wissen: Das ist er. "Ich habe zu ihm gesagt: Wenn ich Arbeit für deine Eltern finde, spielst du dann Basketball für mich?", blickt Velliniatis zurück. Der damals 13-Jährige begann daraufhin in der Jugendabteilung von Filathlitikos zu spielen, einem kleinen Klub in Athen. Ein paar Jahre später debütierte er in der ersten Mannschaft des Klubs in der zweiten griechischen Liga. Die Halle von Filathlitikos fasst gerade einmal 500 Zuseher

Zu diesem Zeitpunkt wurden einige NBA-Scouts auf den lang gewachsenen Jungen aufmerksam. Am Ende wagte der Manager der Milwaukee Bucks, John Hammond, den Sprung in das Ungewisse und verpflichtete Giannis. In seiner griechischen Heimat meldete sich gleichzeitig aber eine Stimme zu Wort, die Giannis' Traum in einen Albtraum verwandeln wollte. Kurz vor seiner Verpflichtung bekamen Giannis und seine Familie im Mai 2013 offiziell die griechische Staatsbürgerschaft verliehen. Zwei Monate später lud der damalige Premierminister Andonis Samaras die Familie zu einem Empfang ein. Nikolaos Michaloliakos, Anführer der Neonazi-Partei Goldene Morgenröte, forderte den Premierminister daraufhin auf, die Familie festzunehmen und des Landes zu verweisen, da diese illegal im Land gelebt hatte. Es war nicht das erste Mal, dass der Vorsitzende der drittstärksten Fraktion im griechischen Parlament Giannis rassistisch beleidigte.

Die Familie Antetokounmpo lebt seit dem Wechsel in die NBA in Milwaukee, die ersten Monate waren für den Spielmacher völliges Neuland, wie Anekdoten der Mitspieler zeigen. "Er hat sich sechs oder sieben Schachteln mit Essen und Trinken aus der Spielerlounge mitgenommen, um Geld zu sparen", erzählte Brandon Knight. "Ich habe einmal ein paar Sneakers weggeschmissen. Giannis hat sie aus dem Mülleimer gezogen mit den Worten: 'Was machst du? Die Schuhe sind noch gut,'" erinnerte sich Caron Butler. Legendär ist mittlerweile auch Giannis Tweet über seinen ersten Smoothie in den USA.

Die Rookie-Saison 2013/2014 verlief für den Mann mit den langen Armen und Beinen sehr solide. Mit 6.8 Punkten, 4.4 Rebounds und 1.9 Assists pro Spiel schaffte er es in das NBA All-Rookie Second Team. Im zweiten Jahr fand Antetokounmpo immer besser seine Rolle als Leader im Team und ließ die Fans nach langen Jahren wieder auf eine spektakuläre Zukunft der Bucks hoffen. Der neue Bucks Coach, Point-Guard-Legende Jason Kidd, setzte zudem nun vermehrt auf den Griechen als zentrale Figur für das Aufbauspiel der Mannschaft. "Giannis kann Menschen und Situationen lesen. Das liegt daran, wie er aufgewachsen ist. Er konnte damals keine Zeit verschwenden, wenn er spürte, dass jemand sowieso nichts von ihm kaufen würde. Er hat gelernt, die Körpersprache richtig zu lesen", sagte Ross Geiger, ehemaliger Videokoordinator bei den Bucks, über Antetokounmpo.

Vor der Saison 2016/2017 legten die Bucks endgültig ihre Zukunft in Giannis Hände und boten ihm einen Vierjahresvertrag über 100 Millionen Dollar an. Nach Vertragsabschluss rief er den Besitzer der Bucks, Wes Edens, an, um sich für den Vertrag und das Geld zu bedanken. "Das bedeutet mir und meiner Familie sehr viel. Ich werde sehr hart für das Geld arbeiten".Ein halbes Jahr Arbeit später hält Giannis bei 23.4 Punkten, 8.6 Rebounds und 5.6 Assists pro Spiel, die Bucks stellen mit ihm erstmals seit 1984 wieder einen All-Star-Spieler und sind dank dem 2,12 Meter großen Mann seit Jahren wieder ein ernstzunehmender Konkurrent in der Liga.

Hauptverantwortlich dafür ist Giannis' Spielstil. Dieser wird beim kommenden All-Star-Spiel in New Orleans nicht zu übersehen sein. Und in Zeiten des Mauerbaus und Einreiseverbots noch wichtiger: Seine Geschichte ebenfalls nicht.