Rapid vs. Inter: Ohne Mut kann man nur verlieren

Rapid darf gegen Inter ausscheiden. Mit mehr Mut hätten sie aber vielleicht etwas erreichen können.

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Rapid wirkte anfangs durchaus aktiv, Inter schien den Gegner ein wenig einzuladen, um dann zuzuschlagen. Da zeigte sich das große Problem von Rapid: Stürmt man nach vorne, fehlt hinten die Absicherung und es scheppert schnell im eigenen Kasten. Doch das muss nicht an der fehlenden Klasse der Rapid-Spieler liegen. Auch Bayern München steht derzeit vor einem ähnlichen Problem. Wenn Trainer Niko Kovac in der Liga angreifen lässt (weil alles andere auch seltsam wäre), kassiert sein Team so viele Gegentreffer wie selten. Weil Kovac weiß, dass er die Absicherung nicht hinbekommt, lässt er gegen giftige Teams wie Liverpool mit Mann und Maus verteidigen. Es liegt nicht an der individuellen Schwäche der Bayern, vielmehr an der taktischen Einfältigkeit des Trainers.

Rapid nur halbherzig aktiv

Rapid-Trainer Didi Kühbauer hat zuletzt gezeigt, dass er es auch durchaus anders kann. Zwar hieß der Gegner nur Hartberg, aber trotzdem. Rapid spielte giftig, presste vorne lästig an und zwang Hartberg so in eine sehr devote Rolle. Man möchte sich gar nicht vorstellen, hätte er es anders probiert: defensiv und abwartend. Wahrscheinlich hätte Hartberg gar nicht anders gekonnt, als vors Rapid-Tor zu kommen und womöglich auch öfter zu treffen.

Gegen Inter Mailand war Kühbauer das alles zu riskant. Wenn Rapid aktiver wurde, dann nur halbherzig. Die Rapid-Spieler liefen die ballführenden Mailänder nur zögerlich an. Sie hätten es auch sein lassen können: Denn erst wenn der Inter-Spieler den Ball annahm und den Aufbau startete, begann der Rapid-Angreifer anzulaufen. Das machte möglicherweise den Rapid-Angreifer auf Dauer müde, die Italiener hatten jedenfalls genügend Zeit sich dem halbherzigen Pressing zu entziehen.

Was man Rapid vorwerfen kann: Dass sie mit mehr Mut mehr erreichen hätten können.

Nach dem Hinspiel in Wien, das Kühbauer noch wesentlich defensiver anlegte, schrieb eine italienische Gazette, von einem "kleinen Rapid".

Ängstliches Verteidigen verhindert keine Tore

Das stimmt schon: Rapid ist gegen Inter der Kleine, keine Frage. Aber waren die Euroapcupgeggner Aston Villa, HSV oder Spartak Moskau nicht auch größer als Rapid und trotzdem gelangen Siege und Aufstiege. Viele meinen jetzt: Inter ist eben viel zu stark, vielleicht stark genug für den EL-Titel. Ähnliches wurde nach dem 0:10 gegen Valencia vor einigen Jahren gesagt. Valencia schied die Runde darauf gegen Bilbao aus.

Was man Rapid vorwerfen kann: Dass sie mit mehr Mut mehr erreichen hätten können. Zugegeben, es ist eine dogmatische Philosophiefrage. Der eine meint: mit Abwehrschlachten werden Spiele gewonnen. Der andere denkt: Angriff ist die beste Verteidigung. Es bleibt die Nachfrage: Warum soll ein ängstliches Verteidigen vor dem eigenen Kasten eher Tore verhindern als ein mutiges Spiel, das den Gegner vom eigenen Tor weghält? Rapid wurde in Mailand nach dem 0:2 noch defensiver - als wäre das einzige Ziel, eine hohe Niederlage zu vermeiden.

Doch vor allem die Ängstlichkeit von Rapid schien Inter gar keine Wahl zu lassen: So griff man eben ordentlich an.

Rapid hätte Inter durchaus beschäftigen können, so wie in der zweiten Hälfte in Wien. Doch vor allem die Ängstlichkeit von Rapid schien den nicht auf bedingungslosen Angriff programmierten Italienern gar keine Wahl zu lassen. Und so tat man, was der Gast aus Wien wollte und lief ein ums andere Mal auf das Rapid-Tor zu. Die Probleme dadurch wurden schon im Hinspiel deutlich: Als Rapid in der ersten Hälfte in Wien richtig passiv war, schoss Inter das 1:0. Nachdem Rapid in der zweiten Hälfte aktiver wurde, gelang den Italienern kein Tor mehr – weil Rapid den Gegner beschäftigte und ihn nicht auf dumme Ideen kommen ließ.

Rapid darf gegen Inter ausscheiden, keine Frage. Kühbauer meinte noch vor dem Spiel: Zu viel Risiko werde man nicht gehen, sonst könnte schnell alles vorbei sein. Man könnte jetzt einwerfen: Höher als 0:4 hätte man wohl aber auch mit mehr Risiko nicht verloren.