Andreas Dorau: Was ich vom Leben gelernt habe

36 Jahre nach „Fred vom Jupiter“ möchte der Musiker und Videokünstler Andreas Dorau endlich wieder in die Charts.

Drucken

Schriftgröße

Sportlicher Ehrgeiz ist das Um und Auf. Ich wollte mit meinen Songs immer in die Single-Charts kommen. Jetzt wird es Zeit, es endlich mit einem Album in die Charts zu schaffen. Das Problem ist, dass sich meine Fans immer extrem viel Zeit lassen und ich die relevante Verkaufswoche meist verpasse.

Ein Hit ist Fluch und Segen zugleich. Zu meinem Song „Fred vom Jupiter“ habe ich bis heute ein gestörtes Verhältnis. Er ist dennoch reizvoll, ein wenig wie ein Stück von Can, in sich schief, und er besitzt gerade deshalb eine gehörige Portion Charme. Dass das Stück, damals aus einem Schulprojekt entstanden, zu einem solchen Hit wird, konnte man ja nicht ahnen.

Als Musiker muss man sich Pausen gönnen. Nach meinem 2015 gemeinsam mit Sven Regener veröffentlichten Anekdotenband „Ärger mit der Unsterblichkeit“ wollte ich mich nicht mehr mit meiner Person auseinandersetzen müssen. Ein aufgeblähtes Ego muss sich erst wieder verschmälern.

Aus einem One-Hit-Wonder kann ein Two-Hit-Wonder werden. Ich bin froh, dass ich mit „Girls in Love“ (1997) noch einen zweiten Charterfolg landen durfte. Schöner Nebeneffekt: Der Song ging vor allem in Frankreich, Belgien und Holland durch die Decke.

Liebeslieder sind langweilig. Meine persönliche Überschlagsrechnung sagt mir: 85 Prozent aller Songs handeln von der Liebe. Außerdem gibt es nur fünf Grundsituationen, aus denen diese Texte entstehen. Ich hatte bisher keine Lust, einen Song über Paarbeziehungen zu veröffentlichen. Für mein neues Album habe ich mir gesagt: Ein paar Songs erzählen von der Liebe, aber nicht über sie.

Hass ist eine starke Triebfeder. Wenn ich an neuen Stücken schreibe, gibt es oft etwas, das mich wurmt. Ich bin kein Mensch, der morgens aufsteht und sagt: Heute möchte ich eine Ode an den Sonnenschein schreiben. Ein negatives Gefühl entlädt sich bei mir meist in positiver Musik.

Im Leben muss man nicht mit allen Menschen klarkommen. In der Kunst ist das nicht anders. Ich habe mich damit abgefunden, dass man mich und meine Musik nicht einordnen kann. Auf der anderen Seite möchte ich keine Stereotypenmusik machen. Die Sache ist also durchaus kompliziert.

Die Melodie ist das Entscheidende. Es gibt nur wenige Ausnahmen, in denen ich einen Text der Musik vorziehen würde. Das geht mir auch als Musikkonsument so. Meistens habe ich Lust auf ein neues Musikstück – und dann kommt das Übel, dass ich noch einen Text dazu brauche.

Ich komponiere ohne Ziel und Komma. Ob ich ein Dance- oder ein Popstück mache oder vielleicht sogar eine Ballade, ergibt sich ganz von allein. Es gibt viele Genres, die ich kategorisch ablehne. Ein Reggae-Stück würde mir aber zum Beispiel auch nicht passieren.

Man kommt gut ohne Lebensplan durchs Leben. Dass ich 2017 noch Alben veröffentliche, hätte ich nicht gedacht. Grundsätzlich lehne ich es ab, mir Gedanken darüber zu machen, wann und wo ich im Leben zu stehen habe. Vielmehr wundert es mich heute, dass ich überhaupt noch lebe.

Pauschalratschläge finde ich nicht nur doof, sondern gefährlich. Man kann jungen Künstlern keine Ratschläge erteilen. Man kann nie mit Gewissheit sagen, in welcher Situation und Lebensphase der- oder diejenige gerade ist.

Auf Kosten eines guten Songs möchte ich nicht das enttäuschte Gesicht eines Mitmusikers in Kauf nehmen. Heute versuche ich mehr und mehr demokratisch zu agieren. Eines ist aber gewiss: Früher habe ich viel mehr enttäuschte Gesichter zurückgelassen als heute.

Durch lange Tourneen verroht der Mensch. Ausgedehnte Konzertreisen versuche ich schon seit längerem zu vermeiden. Das Sprach- und Umgangsniveau geht dabei rapide in den Keller.

Künstler, die in Nostalgie-Shows auftreten, habe ich schon als Kind verachtet. Ich habe lieber kein Geld auf dem Konto, als dass ich immer wieder meinen Hit in solchen TV-Sendungen aufführe.

Man muss sich stets neuen Reizen aussetzen. Natürlich entwickelt man im Songwriting eine gewisse Routine, das macht es auf der einen Seite einfacher, weil man gewisse Kniffe kennt, auf der anderen Seite birgt es die Gefahr, dass man sich in Stereotypen verfängt. Das Problem ist: Neue Ideen kann man nicht erzwingen, die kommen von ganz allein.

Das neue Album: Andreas Dorau – "Die Liebe und der Ärger der anderen" (Staatsakt)
Philip Dulle

Philip Dulle

1983 in Kärnten geboren. Studium der Politikwissenschaft in Wien. Seit 2009 Redakteur bei profil. Hat ein Herz für Podcasts, Popkultur und Basketball.