STARKES FINALE: "Lear" in der Regie von Simon Stone schloss den Reigen der Inszenierungen ab.

Salzburger Festspiele 2017: Eine Bilanz

Markus Hinterhäuser hat die Salzburger Festspiele klug neu positioniert und Tradition mit Aufbruch vereint.

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Man musste nur an ein paar Schrauben drehen - und die diesjährigen Salzburger Festspiele unter Markus Hinterhäuser waren gänzlich andere, verloren geglaubte: ein Ort der Kreativität und der Befragung, der Überraschung. Und natürlich auch - das macht riskante Kunst aus - ein Fanal des Scheiterns ("Jedermann", Shirin Neshats "Aida"). Vorbei ist es nach diesem schönen Festivalsommer mit dem bloß glitzernden Pereira-Missvergnügen wie auch mit der bleiern-belanglosen Bechtolf-Zeit. Dabei hat Hinterhäuser, immer schon ein traumwandlerisch sicherer Grenzgänger zwischen Tradition und Aufbruch, nur die Gesetze einer guten Hochzeit verinnerlicht. Man nehme etwas Altes (Peter Sellars, Riccardo Muti), etwas Neues (Teodor Currentzis, Marianne Crébassa), etwas Geborgtes (die Ouverture spirituelle) und etwas Blaues (Anna Netrebkos "Aida"-Kleid).

Wie in besten Zeiten

Die Rezeptur hat funktioniert, besonders in der Oper, wo Hinterhäuser mit der fünften und letzten Neuinszenierung, mit Aribert Reimanns auch nach 40 Jahren noch unglaublich starkem "Lear", eine Sensation gelungen ist: eine ewig gültige Geschichte mit dem richtigen Team (Simon Stone, Franz Welser-Möst), zeitgemäß und packend erzählt. Wieder wurde die lange vernachlässigte Felsenreitschule zum einzigartigen Spielort, und wieder gelang an diesem Ort der Reichen und Schönen auch kritische, relevante Kunst. Hinterhäuser ist zudem ein Profi darin, Wünschelruten und thematische Traumlinien im Konzertprogramm auszulegen, ja zu verweben. Ob im Klangschaffen von Schostakowitsch oder Gérard Grisey, ob bei Matthias Goerne oder Igor Levit, heuer konnte sich jeder den Pfad zu seinem Lieblingskünstler suchen. Salzburg ist wieder wie in seinen besten Zeiten: ein Paradies der Kreativität und ein Laufsteg für den Boulevard.