Sven Regener
Der Lehmann-Bruder

Sven Regener: Der Lehmann-Bruder

Sven Regener ist derzeit wieder einmal omnipräsent - ein Held unserer Zeit. Aber warum?

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Jede Zeit hat ihre Helden. Diese Zeit hat Sven Regener, 56, der gerade, mit "Wiener Straße“, dem fünften Roman aus dem "Herr Lehmann“-Milieu, sowie der Verfilmung des vierten Buches der Reihe, "Magical Mystery“, einigermaßen omnipräsent erscheint. Man muss das nicht schlecht finden, um sich zu fragen: Was soll das? Was reizt an Sven Regener, und was erzählt dieser Reiz über unsere Zeit? Liegt es bloß an dem (von regenerkritischen Rezensenten gern angemerkten) spießbürgerlichen Phlegma seiner Kunst? Oder äußert sich in seinem Schaffen im Gegenteil eine Sehnsucht nach mehr Klarheit, Meinungsstärke, Echtheit? Tatsächlich bedient Regener beides, seine Kunst liegt auf dem genauen Mittelweg zwischen Authentizität und Maskerade, sie betrifft alles und nichts, spielt mit dem Imitat (von Typen, Slangs, Gefühlen) und gibt sich dabei selbstbewusst echt (und stets auch typisch). Regener schreibt ganz offensiv, was er will, was sich ja heutzutage angeblich niemand mehr traut, aber er traut sich nur im Modus des Klamauks und der Lakonie, also innerhalb abgeregelter Emotionen und eingehegter Erwartungen. Das ist lustig und sympathisch und eitel und falsch. Es wird Zeit für neue Helden.

Sven Regener: Wiener Straße. Galiani Verlag, 304 S., EUR 22,70

Sebastian Hofer

Sebastian Hofer

schreibt seit 2002 im profil über Gesellschaft und Popkultur, ist seit 2020 Textchef dieses Magazins und zählt zum Kernteam von faktiv.