Bundeskanzler Christian Kern und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bei der Ö1-Diskussion "Klartext".
Frage der Woche: Was bringt eine Erbschaftssteuer?

Frage der Woche: Was bringt eigentlich eine Erbschaftssteuer?

An der Erbschaftssteuer scheiden sich die Geister. Entweder man ist dafür oder man ist dagegen, dazwischen scheint es relativ wenig Spielraum zu geben. Doch was bringt sie eigentlich? profil liefert Antworten.

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Sie mag zwar nicht das bestimmende Sujet des aktuellen Nationalratswahlkampfes sein, ein prominenter Platz in Diskussionen ist ihr allerdings sicher: Die Erbschaftssteuer. Während der eine Teil des politischen Spektrums eine Einführung strikt ablehnt, fordert der andere vehement eine (Wieder-)Einführung. Dieser Gegensatz wurde letzte Woche auch in der Ö1-Sendung "Klartext" offensichtlich, wo sich Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gegenüberstanden:

Kern: "Dass Herr Strache plakatiert, er ist gegen eine Erbschaftssteuer für Millionäre: Seien Sie mir nicht böse, was muss er für ein Bild vom kleinen Mann haben? Die Wahrheit ist, Sie sind die Vertreter von Großgrundbesitzern und großen Hausherren. Das ist wunderbar in Ihrem Wirtschaftsprogramm nachlesbar!"

Strache: "Wenn wir ein Höchststeuersystem haben, dann muss man ehrlich sein. Schauen wir in die Schweiz: Bei einer 30-Prozent-Steuerquote können wir gerne über eine Erbschaftssteuer reden. Die Menschen haben das Geld ja nicht gestohlen. Die arbeiten für ihre Kinder und Kindeskinder und dann wollen Sie, wenn die Menschen sterben, die Kinder und Enkelkinder ausräumen, bei einem Höchststeuerentwicklungsland, das wir sind. Das ist nicht fair. Bei 30 Prozent Abgabenquote wäre ich gerne bereit mit Ihnen über eine Erbschaftssteuer zu reden. Dann wäre es fair. Abseits eines direkten Verwandtschaftsverhältnisses kann man aber sehr wohl darüber diskutieren."

Die Situation in Österreich

In Österreich ist Erben und Schenken seit etwas mehr als neun Jahren steuerfrei, nämlich seit dem 1. August 2008. Zuvor galt in der Zweiten Republik seit 1955 das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz. Dieses wurde jedoch nach zwei Urteilen des Verfassungsgerichtshofes aus dem Jahr 2007, die sie für verfassungswidrig erklärten (aufgrund der ungleichen Bewertung von Grundvermögen), von der Bundesregierung auslaufen gelassen. Der Aufwand, sie zu beizubehalten, schien vergleichsweise hoch. Laut Zahlen des Wifo trug die Erbschafts- und Schenkungssteuer seit den 1980er-Jahren in etwa zu 0,2 bis 0,3 Prozent der österreichischen Steuereinnahmen bei. So brachte sie 2005 etwa 140 Millionen Euro ein und zählte damit zu den Kleinststeuern.

Was sind die Forderungen?

Während sich die ÖVP traditionell zum führenden Antagonisten der Erbschaftssteuer aufschwingt, betont auch die FPÖ, dass mit ihr – ganz im Sinne des Grundsatzes "keine neuen Steuern" – keine Erbschaftssteuer zu machen sei. Auch NEOS und Freie Liste Österreich treten im Vorfeld dieser Wahl gegen eine solche Abgabe auf.

Auf der anderen Seite kämpft vor allem die SPÖ für die Wiedereinführung von Erbschafts- und Schenkungssteuer und will damit die Abschaffung des Pflegeregresses gegenfinanzieren. Im aktuellen Wahlprogramm fordern die Sozialdemokraten die Besteuerung von Erbschaften ab einer Million Euro und kalkulieren mit Einnahmen in der Höhe von 500 Millionen Euro pro Jahr. Betreffen würde eine solche Steuer laut SPÖ jedoch nur zwei bis drei Prozent der Bevölkerung. Wie realistisch solche Berechnungen sind ist jedoch Streitthema und kann nicht zweifelsfrei geklärt werden. Abgesehen von der SPÖ treten auch die Grünen, die KPÖ und die Liste Pilz für eine Erbschaftssteuer ein, setzen jedoch allesamt eine Untergrenze bereits bei 500.000 Euro an.

Wie steht Österreich im EU-Vergleich da?

Zieht man die 27 restlichen Mitgliedsstaaten der EU als Vergleichsobjekte heran, so ist Österreich als erbschaftssteuerfreies Land in der Minderheit. Nur acht weitere EU-Staaten verzichten ebenfalls auf eine solche Abgabe. Neben Österreich sind das Estland, Lettland, Malta, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei und Zypern. Interessant dabei ist, dass die Erbschaftssteuern in diesen Ländern, wie in Österreich, vielfach erst nach der Jahrtausendwende abgeschafft wurden.

Auf der anderen Seite stehen jene 19 EU-Staaten, die Erben besteuern. Der Variantenreichtum in diesen ist hoch, Steuersätze schwanken je nach Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser und Höhe des Erbes. Ebenso existieren unterschiedliche Steuerbefreiungen und Freibeträge. Bei unserem Nachbarn Deutschland können Ehepartner und Kinder mit sieben bis 30 Prozent besteuert werden, in der höchsten Steuerklasse werden bis zu 50 Prozent fällig. Dass es auch höher geht zeigen etwa Belgien mit bis zu 80 Prozent oder Spanien mit bis zu 81,6 Prozent Spitzensteuersatz in der höchsten Steuerklasse. Dies kann aufgrund der seit 2015 gültigen EU-Erbrechtsverordnung auch für Österreicher relevant werden. Nach dieser ist nämlich in der Regel das Erbrecht jenes Staates anzuwenden, der zum Zeitpunkt des Todes gewöhnlicher Aufenthaltsort des Erblassers war. Zuvor war stets die Staatsbürgerschaft ausschlaggebend gewesen. Es gibt jedoch nach wie vor rechtliche Möglichkeiten dafür zu sorgen, etwa indem man im Testament auf Heimatrecht verfügt.