Für immer rechts?

Für immer rechts? Über die Studentenverbindung Siegfriedia

Der Consenior der Katholischen Studentenverbindung Siegfriedia zu Linz, Philipp Schantl, gibt einen Einblick in den Alltag auf seiner Bude und erzählt, wie er mit Vorurteilen umgeht.

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Sie tragen Couleurnamen wie "Karate Kid" oder "Helios II", ihre Bude ist eher dafür bekannt, alkohollastige Partys zu schmeißen als aus einschlägigen Liederbüchern zu singen, ihre Mitglieder sind NEOS-Landessprecher, Äbte oder der Landeshauptmann von Oberösterreich, Thomas Stelzer. Sie bemühen sich, offen und moderat zu sein, gendern in Gesprächen und verstehen sich als Feministen. Die K.Ö.St.V. Siegfriedia ist eine von 305 nicht-schlagenden Studentenverbindungen in Österreich. Das heißt, sie grenzen sich bewusst von Burschenschaften ab und stellen sich gegen die Mensur, das traditionelle Fechten. Hier hat niemand einen Schmiss. Aber sind die Mitglieder wirklich so nett und unschuldig, wie sie tun? profil hat den 18-jährigen Consenior der Siegfriedia zu Linz dazu interviewt.

profil: Wie sind Sie zu dieser Verbindung gekommen? Schantl: Erfahren habe ich von der Verbindung durch den damaligen Freund meiner Schwester. Ich bin einfach zu einer Party gegangen, wo ich mich relativ schnell zurechtgefunden habe. Nachdem ich auch zu einer offiziellen Veranstaltung gegangen bin, hat es mir so gut gefallen, dass ich beschlossen habe, mich aufnehmen zu lassen. Das ist jetzt drei Jahre her. Nachdem ich die Probezeit absolviert hatte, bin ich vom Fux zum Bursch geworden.

Die Probezeit dauert in der Regel ein Jahr. Während dem Jahr musst du zwei Prüfungen absolvieren.

profil: Was passiert in dieser Probezeit? Schantl: Die Probezeit dauert in der Regel ein Jahr. Während dem Jahr musst du zwei Prüfungen absolvieren. Da wird die Geschichte der Verbindung abgeprüft, ihr Aufbau, sowie Lieder, die man auswendig lernen muss. Außerdem musst du marschieren, also die Verbindung öffentlich in deiner Uniform repräsentieren. Das nennt man bei uns „chargieren“. Auch Veranstaltungen wie das Budenoffizium, das jeden Mittwoch passiert, werden organisiert. Das ist ein Treffpunkt für alle Mitglieder, jung bis alt, quasi wie ein Stammtisch. Das Offizium wird oft für Sitzungen genutzt, in denen wir schauen, was wir demnächst veranstalten wollen.

profil: Eines Ihrer Prinzipien ist "Vaterland". Was ist damit gemeint? Schantl: Sowohl Österreich als auch die Europäische Union. Österreich natürlich als Vaterland an sich, aber für uns ist die EU wichtig und wir sind sehr froh, dass Österreich Mitglied ist.

profil: Wie ist die Verbindung aufgebaut und organisiert? Schantl: Es gibt den Senior, der quasi der Jugendobmann der Verbindung ist. Der schaut, dass alles passt und überwacht die anderen Jugendmitglieder, dass sie ihre Aufgaben richtig erledigen. Unter dem Senior steht der Consenior, das ist sein Vertreter. Das ist aktuell meine Charge, also meine Aufgabe. Der Fuxmajor ist die Person, die sich um die Neumitglieder kümmert und schaut, dass er ihnen so gut wie möglich bei der Ausbildung helfen kann. Außerdem vertritt er die Fuxen beim Burschenconvent, das ist das Parlament der Verbindung, wo die Fuxen noch keinen Zutritt haben. Der Schriftführer ist selbsterklärend und der Kassier, der in manchen Verbindungen auch Barwart genannt wird, kümmert sich um den Bestand und schaut, dass immer etwas zu essen oder zu trinken da ist.

Couleurnamen sind Tradition bei Studentenverbindungen.

profil: Sie sind also Consenior. Was sind da Ihre Aufgaben? Schantl: Meine Aufgabe ist es, dass die Bude immer ordentlich aussieht, die Uniformen in Stand sind und alles am rechten Platz ist. Ich habe außerdem Veranstaltungsräume zu organisieren. Bei Veranstaltungen begrüße ich die Gäste, schreibe die Listen, kündige an, wer aus welcher Verbindung kommt und recherchiere Hintergründe zu den anderen Verbindungen.

profil: In der Verbindung tragen alle Spitznamen wir Karate Kid oder Helios II. Was hat das für eine Bedeutung? Helios II heißt ja auch ein System aus europäischen Militärsatelliten. Schantl: Couleurnamen sind Tradition bei Studentenverbindungen. Damals war es so, dass es, wenn man in einer Studentenverbindung war, mehr Probleme gegeben hat wie heute. Dadurch, dass man sich nicht mit seinem echten Namen ausgeben wollte, hat man die Couleurnamen verwendet. Die meisten Verbindungen wollten diese Tradition einfach aufrechterhalten.

profil: Was sind typische Vorurteile, die Sie zu hören bekommen? Schantl:Manchen sagen, dass wir alle Nazis sind. Alle die Deckel tragen sind gleich, ihr seid gegen Frauen, ihr seid Antifeministen. Euch sind Frauenrechte doch eh egal.

profil: Und Sie können dem allem etwas entgegensetzen? Schantl: Ja.

profil: Wie äußert sich der Feminismus in der Verbindung? Schantl: Feminismus bedeutet ja Gleichberechtigung. Ich glaube nicht, dass bei uns jemand für dieses uralte System ist, in dem Frauen sich nur um die Kinder kümmern und nicht arbeiten dürfen. Ich glaube, dass Frauen und Männer für den gleichen Job das gleiche Geld bekommen sollten. Du kannst dir ja das Geschlecht im Bauch der Mutter nicht aussuchen. Für mich ist das eine unnötige Diskussion.

Wir bleiben dabei, dass wir nur Männer aufnehmen wollen.

profil: Warum wollen Sie dann keine Frauen als Mitglieder? Schantl: Weil das in den Urverbindungen auch schon so war. Und wir hatten auch schon einige Grundsatzdiskussionen darüber, aber wir bleiben dabei, dass wir nur Männer aufnehmen wollen. Es gibt auch einen gesonderten Verband für Frauen, den VFM, also den Verband farbtragender Mädchen. Wenn jemand wirklich will aber eine Frau ist, ist man in Frauenverbindungen auch gut aufgehoben.

profil: Ihre Bude hat ja in der Linzer Jugend eher den Ruf als Fortgehlokal als als Bude. Schantl: Ja, das finde ich schade, weil wir eigentlich im Semester zahlreiche Bildungsveranstaltungen haben.

profil: Welche Herausforderungen stellen sich einem jungen Menschen, einem Schüler, in einer Studentenverbindung? Schantl: Viele können und wollen keinen Unterschied zwischen einer Studentenverbindung und einer Burschenschaft machen. Es ist einfach leichter, alles pauschal als Burschenschaft zu bezeichnen.

Unsere Ansichten sind sehr unterschiedlich, es gibt keine einheitliche Linie.

profil: Beleidigt Sie das? Schantl: In einem gewissen Sinne schon. Aber ich will jetzt auch nicht gegen die Burschenschaft schießen. Weil ohne Burschenschaften würde es unseren Verband nicht geben.

profil: Warum? Schantl: Wir haben uns von den Burschenschaften abgespalten. Weil uns das Schlagen und der Mensurzwang nicht gefallen haben. Aber die Grundidee haben Burschenschaften geprägt. Burschenschaften sehen Österreich außerdem nicht als eigenständigen Staat an, sie sind für das Großdeutsche Reich. Sprich Österreich-Deutschland in einem. Wir sehen aber Österreich als eigenen Staat an.

profil: Diskutieren Sie öfter über aktuelle Tagespolitik? Haben Sie eine einheitliche politische Linie? Schantl: Wir diskutieren viel über die Tagespolitik. Unsere Ansichten sind sehr unterschiedlich, es gibt keine einheitliche Linie, auch wenn wir sehr oft mit der ÖVP in Verbindung gebracht werden. Nur weil die Mehrheit der ÖVP nahe steht und auch einige ÖVP-Mitglieder in der Verbindung Mitglied sind, heißt das aber nicht automatisch, dass jeder ein ÖVPler ist.

profil: Wo würden Sie den Grundkonsens der Verbindung im politischen Spektrum einordnen? Schantl: Rechts der Mitte. Aber wie gesagt, nicht alle, weil wir von jeder politischen Richtung jemanden in der Verbindung haben. Die meisten Meinungen sind aber mitte-rechts.