profil vor 25 Jahren: Die Biedermänner und der Brandstifter

Sachpolitisch funktioniere in der Koalition zwischen SPÖ und ÖVP "schon lange nichts mehr“. Bemerkenswert war der Popularitätssprung des neuen Bundespräsidenten Thomas Klestil. Das profil vor 25 Jahren.

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Die "kränkelnde Koalition“ zwischen SPÖ und ÖVP schlittere "immer öfter ins politische Chaos“, konstatierte profil in der Ausgabe vom 29. Juni 1992, sachpolitisch gehe in der Regierung "schon lange nichts mehr“. Das mache es FPÖ-Chef Haider leicht, als "Spaltpilz“ zu fungieren. So hatte die Wahl des Rechnungshof-Präsidenten für "Krachen im Gebälk der Koalition“ gesorgt, weil die ÖVP gemeinsam mit der FPÖ für Franz Fiedler und damit gegen den Kandidaten ihres Koalitionspartners SPÖ gestimmt hatte. Nicht alle ÖVPler waren allerdings von der Tragfähigkeit der neuen Achse zur FPÖ überzeugt. Die sei "nur gut für ein schlampertes Verhältnis, aber nicht für eine ordentliche Beziehung“, erklärte etwa ÖAAB-Generalsekretär Walter Heinzinger.

Das vorsommerliche Koalitionshickhack schlug sich auch im Ergebnis der profil-Umfrage nieder: "Klestil über alles, Parteien unten durch.“ Bemerkenswert war der Popularitätssprung des neuen Bundespräsidenten Thomas Klestil. Ein halbes Jahr zuvor einer breiten Öffentlichkeit noch völlig unbekannt, führte er nun die "Politiker-Hitparade“ an und verwies damit den bis dato "unangefochtenen politischen Publikumsliebling“ Franz Vranitzky auf Platz zwei. Für die politischen Parteien war das Ergebnis allerdings desaströs. Die Befragten benannten sie - und nicht etwa die in Verruf geratene Verstaatlichte Industrie - als die "größten Privilegienritter“.