KV-Verhandlungen

Die wichtigsten Fragen und Antworten zum AUA-Streik

Nach 17 Verhandlungsrunden gibt es noch immer keine Einigung im Streit um einen neuen AUA-Kollektivvertrag. Wie es jetzt für 50.000 betroffene Passagiere weitergeht.

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Seit Mitte Jänner verhandelt das Management der Austrian Airlines (AUA) mit den Arbeitnehmervertreterinnen und -vertretern des Bordpersonals über neue Kollektivverträge. Die Gehälter der Pilotinnen und Co-Piloten der österreichischen Lufthansa-Tochter liegen weit unter jenen (teils bis zu 40 Prozent) der Lufthansa-Beschäftigten. Das sorgt für reichlich Unmut in der Belegschaft. Nach 17 ergebnislosen Verhandlungsrunden beginnt ab Donnerstag um Mitternacht ein großflächiger Streik. Auch in Deutschland hatte es Streikdrohungen gegeben, dort haben sich die Lufthansa und die Gewerkschaft Verdi mittlerweile auf Grundzüge eines Tarifvertrags für das Lufthansa-Bodenpersonal geeinigt, wie sie am Mittwochabend in Frankfurt bekannt gaben. 

Der Streik der AUA soll bis Freitag um 12:00 Uhr andauern. Rund 400 Flüge fallen aus, 50.000 Passagiere sind betroffen. profil hat die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengefasst:

Was fordert die Gewerkschaft vom Management der Austrian Airlines?

Offizielle Angaben dazu gibt es seit Wochen keine mehr. Nach einem guten Jahr für die Luftfahrtbranche (die AUA hat einen Gewinn von 127 Millionen Euro für das Jahr 2023 ausgewiesen; Anm.) fordert die Gewerkschaft, dass auch die Beschäftigten in Form von guten Gehaltserhöhungen profitieren sollen. Die Gewerkschaft vida wollte auf Nachfrage zwar keine konkreten Zahlen nennen, „Fakt ist aber, dass es bei der Bezahlung der AUA-Crews im Vergleich zur Konzernmutter Lufthansa eine eklatante Ungleichbehandlung von bis zu 40 Prozent Unterschied gibt. Und die gilt es bei den KV-Verhandlungen für die österreichischen Belegschaft auszugleichen“, sagt der Vorsitzende der Gewerkschaft vida, Roman Hebenstreit.

Wie viel bietet die AUA ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern?

Das letzte Angebot des AUA-Managements liegt bei einem Gehaltsplus von 18 Prozent - gestreckt auf eine Laufzeit von zwei Jahren - für Pilotinnen und Piloten. Bei Co-Pilotinnen und Co-Piloten seien es sogar bis zu 28 Prozent, so die Arbeitgeberseite. Die Gewerkschaft aber sieht in den 18 Prozent eine Mogelpackung, denn: Darin seien Einmalzahlungen sowie gewinnabhängige Bonuszahlungen inkludiert. Und diese würden erst bei einer Gewinnmarge von über 8 Prozent schlagend werden. Die Gewinnmarge ist übrigens jener Teil vom Umsatz, der in dem Fall der AUA nach Abzug aller Ausgaben als Reingewinn übrigbleibt. Stimmt nicht, sagt der Chief Operating Officer (COO) der AUA, Francesco Sciortino auf Nachfrage. Gewinnorientierte Boni gebe es bereits ab einer Gewinnmarge von 4 Prozent, den Maximalbetrag von zwei Monatsgehältern - um auf die angebotenen 18 Prozent zu kommen - gibt es erst bei 8 Prozent Gewinnmarge. Als Vergleich: Die AUA hat im vergangenen Jahr mit einer Marge von 5,3 Prozent den höchsten Gewinn in ihrer Firmengeschichte geschrieben. Mehr als 8 Prozent gab es noch nie.

Wieso sind die Gehaltsunterschiede im selben Konzern überhaupt so groß?

„Wir sind zwar im selben Konzern, aber wir befinden uns in komplett anderen Marktrealitäten. In Wien haben wir einen sehr hohen Low-Cost-Anteil (viele Billigfluggesellschaften; Anm.), den mit Abstand höchsten in der Gruppe und es ist einfach nicht möglich, in Wien dieselben Renditen zu erwirtschaften wie in Frankfurt oder Zürich und wenn Sie nicht dieselben Renditen erwirtschaften wie in Frankfurt oder Zürich, können Sie auch nicht dieselben Gehälter bezahlen", sagt Sciortino. Die Gewerkschaft sieht das naturgemäß anders. „Es ist aus österreichischer Sicht einfach unakzeptabel, dass alleine die rot-weiß-rote Heckflosse auf einer Maschine darüber entscheidet, ob man sich mit 40 Prozent weniger Einkommen zufriedengeben muss, während man gleichzeitig als Belegschaft die Säckel der Aktionäre und der Manager des Lufthansakonzerns stopften darf. Wir reden hier von Fairness und Gleichbehandlung innerhalb des Konzerns“, sagt Hebenstreit.

Wieso weigert sich das Management der Austrian Airlines den Forderungen der Gewerkschaft entgegenzukommen?

Annette Mann, die Vorstandsvorsitzende der AUA, argumentierte im ZIB2-Interview am Dienstag diesbezüglich: „Wir haben einen Investmentberg von mehr als drei Milliarden Euro vor uns und ich glaube es ist auch kein Geheimnis, dass die AUA nicht die jüngste Flotte hat.“ Mit den drei Milliarden Euro sollen unter anderem elf neue Boeings 787 bezahlt werden sowie der Ausbau der Lounges am Flughafen Schwechat. 

Wie viele Flüge und Passagiere sind von den Streiks am Donnerstag und Freitag betroffen?

Die Airline streicht circa 400 Flüge, insgesamt sollen rund 50.000 Passagiere von den Streiks bis Freitagmittag betroffen sein.

Wohin können sich die betroffenen Passagiere wenden?

„Die rund 50.000 betroffenen Fluggäste werden von uns informiert und wir versuchen für alle Passagiere individuelle Lösungen zu finden“, sagt AUA-Vorstandsmitglied Sciortino. Zusätzlich dazu, appelliert das Unternehmen, sich über den Flugstatus auf der Webseite der AUA zu informieren. 

Wie werden die Passagiere entschädigt?

„Alle Fluggäste werden zum nächstmöglichen Flug umgebucht. Die Gäste können sich auch gegen eine Flugumbuchung entscheiden, den Flug stornieren und refundieren lassen“, so die AUA.

Wie wird es nach diesen beiden Streiktagen weitergehen?

„Wir waren, wir sind und wir bleiben verhandlungsbereit bis zur letzten Minute und auch danach. Wir erleben da gerade eine Streikkultur, die deutsche Manager gerade dabei sind, nach Österreich zu tragen. Wir werden uns wahrscheinlich damit konfrontiert sehen, dass wir in Zukunft härtere, längere und intensivere Auseinandersetzungen führen werden“, sagt Hebenstreit. AUA-Vorstandsmitglied Sciortino würde Hebenstreit gerne beim Wort nehmen, wenn die Verhandlungen wiederaufgenommen werden, denn „Herrn Hebenstreit habe ich noch nie am Verhandlungstisch gesehen."

Julian Kern

Julian Kern

ist seit März 2024 im profil-Digitalteam. War zuvor im Wirtschaftsressort der „Wiener Zeitung“.